Herr Barthels, Sie und Ihr Team treffen Anlageentscheidungen anhand volkswirtschaftlicher und politischer Faktoren. Wie fällt Ihre aktuelle Analyse aus?
Guido Barthels: Grundsätzlich
sind Aktien nicht verkehrt. Wir haben
Unternehmenstitel im Ethna-
Global Dynamisch mit über 30 Prozent,
im Ethna-Aktiv mit über 21 Prozent
relativ hoch gewichtet. Doch
die Bauchschmerzen werden größer.
Die Rally geht schon ins fünfte
Jahr, die Bewertungen in den USA,
aber auch in Europa sind mittlerweile
sehr sportlich. Eine Korrektur
ist nicht unwahrscheinlich. Nicht zuletzt
könnte eine weitere Verschärfung
der Ukraine-Krise eine Verkaufswelle
bei Aktien auslösen.
Müssten Sie dann nicht folgerichtig
die Aktienquoten in beiden Fonds
reduzieren?
Viele Investoren sehen Aktien immer
noch als alternativlos an. Das
zwingt uns mitzuspielen. Unter den
Toppositionen des Ethna-Global Dynamisch
finden sich unter anderem
Finanzwerte wie Zurich Insurance
oder Minenbesitzer wie Randgold
Ressources. Doch wir fahren auf
Sicht. Rund die Hälfte unserer Aktieninvestments
besteht aus Indextrackern und Terminkontrakten. Wir
können daher, falls es notwendig
werden sollte, die Aktienquoten
sehr schnell reduzieren.
Was erwarten Sie bei Renten?
Zinspapiere sind auch schon gut gelaufen.
Seit Jahresanfang haben Anleger
mit Renten sogar mehr verdient
als mit Aktien. Staatsanleihen
aus Italien und Spanien etwa rentieren
bei nur noch drei Prozent. Weitere
Kursgewinne sind da wohl nicht
mehr drin. Allenfalls portugiesische
Staatspapiere sind noch einigermaßen
attraktiv verzinst. Auch sichere
Corporate Bonds bieten nicht mehr
allzu viel Fantasie. Wir haben daher
Positionen bei Unternehmensanleihen
deutlich abgebaut und die Liquidität
erhöht.
Welche Alternativen bieten sich an?
Zum Beispiel Anleihen von Firmen, die mit besseren Bonitätsnoten rechnen können. Auch Anleihen chinesischer Staatsunternehmen sind noch interessant. Sichere Staatstitel wie Bundesanleihen bringen zwar nicht viel, bleiben jedoch als Risikopuffer interessant. Das gilt auch für Norwegische- Kronen-Anleihen.
Auf Seite 2: Barthels über die Geldpolitik der EZB
Viele Anleger setzen weiterhin auf Aktien, weil sie mit unkonventionellen Maßnahmen der EZB rechnen. Die Notenbank könnte vielleicht schon im Juni aktiv werden. Erwarten Sie auch Strafzinsen für Banken oder Anleihekäufe?
Ich rechne fest damit, dass die EZB
im Sommer zu diesen Maßnahmen
greifen wird. Die wirtschaftlichen
Wachstumsraten in der Eurozone
fallen mit erwarteten 1,2 Prozent in
diesem und 1,5 Prozent im kommenden
Jahr doch noch sehr verhalten
aus. Die Wirtschaftsleistung in vielen
Staaten der Eurozone liegt zudem
immer noch weit unter Vorkrisenniveau.
Bis das wieder erreicht
wird, dürften mindestens noch zehn
Jahre vergehen. Allein Deutschland
hat es geschafft, das Bruttoinlandsprodukt
über das Vorkrisenniveau
zu steigern.
Eine weitere geldpolitische Lockerung
würde den Märkten trotzdem
noch mal Auftrieb geben ...
Ja, das ist noch nicht eingepreist. Allerdings
ist es fraglich, ob unkonventionelle
Maßnahmen die Banken,
insbesondere in den südeuropäischen
Ländern, tatsächlich veranlassen
werden, die bislang restriktive
Kreditvergabe aufzugeben. Sie
nutzen das billige EZB-Geld bislang
vielmehr zur Sanierung ihrer immer
noch mit hohen Risiken behafteten
Bilanzen. Spanische Banken etwa
führen ja noch immer faule Immobilienkredite
in den Büchern. Ohne
Bad Bank stehen die Unternehmen
weiterhin vor großen Finanzierungsproblemen.
Was wäre die Alternative?
Länder wie Spanien sollten eine Bad Bank gründen, die alle Problemkredite übernimmt. Die Geschäftsbanken könnten dann den Unternehmen mehr Investitionskapital zur Verfügung stellen. Allerdings sind die dafür erhobenen Zinsen immer noch zu hoch. Es wäre daher ebenso ratsam, in Europa auf eine Konvergenz der Kreditzinsen hinzuwirken. Das Gefälle zwischen Deutschland und Spanien ist doch sehr hoch.
Auf Seite 3: Barthels über die europäische Schuldenkrise
Irland benötigt den Rettungsschirm nicht mehr, Portugal wird demnächst das EU-Rettungsprogramm ohne Übergangshilfe verlassen. Griechenland konnte vor Kurzem erstmals wieder eine Anleihe am freien Kapitalmarkt platzieren. Ist die Eurokrise gelöst?
Die Vertrauenskrise ist sicherlich gelöst.
Doch die Ursachen der Staatsschuldenkrise
bestehen weiter fort.
Die Staatsschuldenquoten sind trotz
rigoroser Sparmaßnahmen sogar
noch gestiegen. Auch darf man die
Reduzierung der Leistungsbilanzdefizite
nicht nur positiv werten.
Weshalb nicht?
In Griechenland sind die Importe
rückläufig, weil kein Geld für Waren
und Dienstleistungen aus dem Ausland
vorhanden ist. Um die Exportquoten
nachhaltig zu steigern, fehlt
es aber an wettbewerbsfähigen Produkten.
Ich will nicht ausschließen,
dass nach der Europawahl wieder
verstärkt über die Einführung von
Eurobonds nachgedacht wird. Es
könnte auch wieder mehr Bestrebungen
in Richtung einer Transferunion
geben, um die unterschiedlichen
wirtschaftlichen Entwicklungen
und das Wohlstandsgefälle in
der Eurozone auszugleichen.
Frankreichs Ministerpräsident will,
dass sich die EZB für einen schwachen
Euro einsetzt. Würde dies den
verschuldeten Eurostaaten helfen?
Wohl nur vorübergehend. Ein
schwacher Euro ist jedenfalls kein
Ersatz für Reformen, die darauf zielen,
die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit
der Unternehmen zu
steigern. Deutsche Unternehmen
kommen in der Regel auch mit einem
hohen Eurokurs gut zurecht.
Gibt die Entwicklung der US-Konjunktur
aus Ihrer Sicht mehr Anlass
zu Optimismus?
Die USA sind stärker aus der Krise gekommen als Europa. Zum einen hat die US-Notenbank mehr Geld in die Hand genommen, um die Konjunktur anzukurbeln. Zum anderen hat man deutlich mehr Banken pleitegehen lassen als in Europa. Dennoch läuft der Aufschwung nicht rund. Das zeigt die zuletzt doch eher enttäuschende Entwicklung auf dem Häusermarkt. Alles in allem müssen sich Anleger in diesem Jahr auf deutlich niedrigere Renditen als im vergangenen Jahr einstellen.
Auf Seite 4 und 5: Investor-Info