Return - der Investmentkommentar von Björn Drescher
Der spirituelle Lehrer (Guru) ist im philosophischen Verständnis des Hinduismus für seine Schüler unentbehrlich auf der Suche nach Wissen und dem Weg zur Erlösung. Genießt diesen Status auch Starfondsmanager Rajiv Jain, der nach zwanzigjähriger Zusammenarbeit auf eigenen Wunsch Vontobel Asset Management verlassen wird?
Er selbst soll den Respekt und die Popularität, die seine Person und der von ihm entwickelte "Quality Growth Stil" in Investorenkreisen genießen, in den Vertragsverhandlungen mit dem Arbeitgeber immer gerne in die Waagschale geworfen haben.
Man darf gespannt sein, ob Vontobel nun mit der Übergabe der Amtsgeschäfte an Jains bisherigen Stellvertreter Matthew Benkendorf tatsächlich, wie angekündigt, einen "nahtlosen Übergang" sicherstellen kann bzw. wie viele Anteilinhaber dem Institut zu dieser Beweisführung überhaupt noch Gelegenheit geben werden.
Die Börsianer zeigen sich im ersten Schritt skeptisch: Quasi mit Bekanntgabe der Personalie brach der Börsenkurs der Vontobel-Aktie um mehrere Prozent ein. Zu deutlich werden die wirtschaftlichen Erfolge des Instituts mit jenen Erträgen verbunden, die Rajiv Jain mit seiner in New York ansässigen Division der Vontobel Asset Management zum Konzernergebnis beitrug. Zumal derzeit ungeklärt bleibt, ob Jain den Schweizern nur von der Fahne geht (um sich zur Ruhe zu setzen), zukünftig bei einem Wettbewerber anheuert oder unter eigener Führung selbst Konkurrenz machen wird, ggf. sogar noch Teile seines Teams nachzieht.
So oder so stehen dem Haus Vontobel bewegte Zeiten bevor. Partiell ist man an den Fall Bill Gross / Pimco erinnert. Einmal mehr wird es eine Gesellschaft bedauern, dass es ihr in der Vergangenheit nicht gelungen ist, ihre Produktpalette über das Klumpenrisiko einer Person und namhafte Blockbuster hinaus nennenswert zu diversifizieren.