Auch in Pandemie-Zeiten bleiben die eigenen vier Wände das Traumziel vieler Deutscher. Fünf Tipps und fünf Fallen, damit daraus kein finanzieller Alptraum wird. Von Felix Petruschke, Euro am Sonntag

Von wegen Häuslebauer, Deutschland ist ein Land der Mieter. Nicht einmal jeder zweite Haushalt wohnt in den eigenen vier Wänden. Im europäischen Vergleich ist das unterdurchschnittlich. Die Corona-Pandemie hat aber vielen die Vorteile einer eigenen Immobilie vor Augen geführt. Vier von fünf Deutschen halten es mittlerweile für erstrebenswert, in den eigenen vier Wänden zu wohnen. Das geht aus einer aktuellen Erhebung des Marktforschungsinstituts Infas quo im Auftrag der Bausparkasse Schwäbisch Hall hervor.

Weiter befeuert wird der Traum vom Eigenheim von den anhaltend sehr niedrigen Zinsen und günstigen Krediten. Dadurch hoffen immer mehr Menschen, sich ein Leben im Eigenheim leisten zu können.

Allerdings sind vielerorts auch die Preise stark gestiegen - weshalb viele Käufer immer höhere Risiken eingehen müssen, um sich die Immobilie überhaupt leisten zu können. Mit anderen Worten: Sie müssen sich immer stärker verschulden, der Spielraum für Fehler wird kleiner.

Aus diesen Gründen erfordert ein Immobilienkauf unbedingt eine systematische Planung und sorgfältige Kalkulation. Damit Interessenten und Bauherren kein finanzielles Fiasko erleiden, gibt €uro am Sonntag fünf wertvolle Tipps, erklärt die wichtigsten Fachbegriffe und warnt vor den fünf gefährlichsten Fallen.

Tipp:

Ehrlicher Kassensturz

Am Anfang der Planung sollte ein ehrlicher Kassensturz stehen. Schließlich wäre es Zeitverschwendung, eine Immobilie zu suchen und anschließend an der Finanzierung zu scheitern. Wer in Deutschland eine Immobilie kaufen möchte, sollte eine größere Summe angespart haben. Eine Finanzierung mit wenig oder keinem Eigenkapital ist nur in Ausnahmefällen möglich und nicht zu empfehlen: Als Faustregel gilt eine Eigenkapitalquote von rund 20 Prozent. Wer mehr Geld mitbringt, bekommt einen günstigeren Zins. Damit Käufer nicht Gefahr laufen, sich zu überschulden, sollten sie darauf achten, dass die Monatsrate des Kredits nicht zu hoch ist. Diese sollte höchstens ein Viertel des Monatsnettos - also das, was dem Haushalt nach Steuern und Abgaben bleibt - ausmachen. Wer monatlich beispielsweise 4.000 Euro zur Verfügung hat, sollte davon nur rund 1.000 Euro für den Kredit benötigen.

Laut dem "Trendindikator Baufinanzierung" des Kreditvermittlers Dr. Klein nehmen deutsche Bauherren aktuell im Schnitt 85 Prozent Fremdkapital auf. Die durchschnittliche Höhe der Darlehen beträgt 292.000 Euro - ein Rekord. Bei der Frage, was gekauft werden soll, entscheidet sich die Mehrheit für ein Einfamilienhaus. Aber auch günstigere Alternativen wie Doppelhaushälften oder Reihenhäuser sind gefragt.

Tipp:

Alle Kosten kennen

Eine Immobilie kostet weit mehr, als auf dem Verkaufsschild steht. Zum eigentlichen Kaufpreis kommen noch die sogenannten Kaufnebenkosten und die laufenden Kosten: Die Kaufnebenkosten umfassen die Grunderwerbsteuer, Maklergebühren, Grundbucheintrag sowie Notarkosten. Je nach Bundesland kommen so zwischen sieben und 14 Prozent des Kaufpreises obendrauf. Je höher der Kaufpreis ist, desto höher sind auch die Kaufnebenkosten. Zu den laufenden Kosten zählen Gebühren für Strom, Wasser und Heizung, Versicherungen sowie Instandhaltungsausgaben oder Renovierungen und die Grundsteuer.

Tipp:

Die richtige Lage

Die Suche nach der richtigen Immobilie ist schwieriger geworden. Auf den meisten Märkten ist das Angebot im gleichen Maß gesunken, wie die Preise gestiegen sind. Dagegen stehen in vielen ländlichen Regionen immer mehr Häuser und Wohnungen leer. Deshalb driften die Preise für Wohneigentum immer weiter auseinander: So wurden beispielsweise im Landkreis München nach Angaben des Immobilienmarktberichts 2019 für Eigenheime im Schnitt 10 200 Euro je Quadratmeter Wohnfläche bezahlt - für Normalverdiener ist das nicht mehr finanzierbar. Im Bundesdurchschnitt lag der Quadratmeterpreis bei 1750 Euro.

Käufer und Bauherren sollten daher genau überlegen, wo sie Geld in ein Haus stecken. Zu den beliebtesten und am stärksten wachsenden Städten zählen nach Angaben des Statistischen Bundesamts seit Jahren Leipzig, Frankfurt am Main und Berlin. Zu den Städten mit dem geringsten Wohnungs- und Häuser-Leerstand gehören München, Frankfurt am Main und Freiburg.

Das soll aber nicht heißen, dass es sich nur lohnt, in größeren Städten eine Immobilie zu kaufen. In den vergangenen Jahren haben auch die Preise in ländlichen Regionen in Bayern, Baden- Württemberg und Hessen deutlich angezogen. Interessenten sollten daher darauf achten, was in der direkten Umgebung ihrer Wunschimmobilie angeboten wird: Gibt es eine ordentliche Nahverkehrsverbindung, Jobs, Schulen, Freizeitmöglichkeiten? Kommen mehr Menschen als gehen? Wenn ja, sind das verlässliche Indizien für eine gute Lage.

Wenn nicht, sollten Käufer ihre Augen lieber nach anderen Standorten offen halten. Im schlimmsten Fall zahlen Käufer sonst 30 Jahre lang einen Kredit ab und müssen am Ende feststellen, dass ihre Immobilie nur noch einen Bruchteil des Kaufpreises wert ist.

Tipp:

Kredit verstehen

Der Klassiker für jeden Bauherrn oder Käufer ist das Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung. Einmal abgeschlossen, ist der Zinssatz für zehn Jahre garantiert. Weitere übliche Zinsbindungen sind fünf, 15 und 20 Jahre. In der aktuellen Niedrigzinsphase ist geliehenes Geld billiger denn je.

Die Bauzinsen für eine zehnjährige Zinsbindung lagen nach Angaben des Finanzdienstleisters Dr. Klein Mitte 2020 im Schnitt bei unter einem Prozent. Die günstigsten Angebote starten sogar schon bei 0,4 Prozent. Zum Vergleich: 2009 lagen die Zinsen im Schnitt noch bei 4,2 Prozent. Trotz der niedrigen Zinsen sollten Käufer aber in jedem Fall mehrere Angebote von verschiedenen Banken einholen und diese miteinan- der vergleichen: Bereits kleine Unterschiede können mehrere Tausend Euro ausmachen. Zudem sollten Käufer die Tilgungsrate beachten und sich über die Risiken der Anschlussfinanzierung informieren.

Hilfe bei der Finanzierung der eigenen vier Wände kann auch vom Staat kommen: Die Förderbank KfW vergibt verschiedene günstige Kredite. Über das Förderprogramm Nr. 124 beispielsweise können Bauherren oder Käufer, die ihr Eigenheim selbst nutzen, vergünstigte Darlehen bis zu 50.000 Euro bekommen.

Die Finanzierung hängt jedoch von der Energiebilanz der Immobilie ab. Neubauten mit Öl- oder Gasheizung sind zum Beispiel von der Förderung ausgenommen. Die Darlehen werden zudem nicht direkt, sondern nur über die Hausbank vergeben. Eine genaue Übersicht über die Förderprogramme von Bund und Ländern gibt es online unter foerderdatenbank.de.

Weitere Vergünstigungen bekommen Familien, die ein selbst genutztes Eigen- heim bauen oder kaufen wollen. Diese können Baukindergeld beantragen. Pro Kind gibt es über zehn Jahre verteilt insgesamt 12.000 Euro vom Bund. Die Bedingung: Das zu versteuernde Haushaltseinkommen der Familie darf bei einem Kind maximal 90.000 Euro im Jahr betragen. Für jedes weitere Kind steigt die Grenze um 15.000 Euro.

Tipp:

Richtig versichert

Eigentum bedeutet auch neue Risiken. Diese gilt es so gut wie möglich mit Versicherungen abzudecken, die finanzielle Schäden durch die Immobilie auffangen. Die Eigentümer sollten sich aber auch selbst vor finanziellen Risiken schützen.

 


Feuer, Wasser, Luft: Eine Wohngebäudeversicherung hilft im Ernstfall, den finanziellen Schaden in Grenzen zu halten. Wichtig ist dabei der Umfang der Versicherung. Oftmals sind Schäden durch Überschwemmungen nicht abgesichert. Hier kann es sich lohnen, die Wohngebäudeversicherung durch eine Elementarschadenversicherung zu ergänzen. Bei selbst bewohnten Häusern ist die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht meist in der privaten Haftpflichtversicherung eingeschlossen.

Unfallschutz: Wer eine Immobilie selbst baut, umbaut oder saniert und sich unentgeltlich helfen lässt, sollte seine Helfer bei der Bauberufsgenossenschaft auf der Website bgbau.de anmelden. Die Beiträge liegen bei rund zwei Euro pro Arbeitsstunde.

Risikolebensversicherung: Oft gehören selbst genutzte Immobilien Familien mit einem Hauptverdiener. Stirbt dieser, kann er mit einer Risikolebensversicherung der Familie Geld hinterlassen, damit diese in der Immobilie wohnen bleiben kann. Günstige Policen mit 100.000 Euro Versicherungssumme gibt es für unter 100 Euro im Jahr.

Restschuldversicherung: Wer ein Immobiliendarlehen aufnimmt, steht bei seiner Bank auf einen Schlag mit einer hohen Summe in der Kreide. Das ist kein Problem, solange man gut verdient und die Raten regelmäßig bedienen kann. Wird der Kreditnehmer jedoch arbeitslos oder berufsunfähig, kann es sehr schwierig werden, den Kredit zu bedienen. Dann springt eine Restschuldversicherung ein.

 


Falle:

Keine Zeit

Grundsätzlich gilt für die Haussuche: Zeit nehmen. Ein Immobilienkauf bedeutet eine finanzielle Belastung über viele Jahre, meist sogar für Jahrzehnte. Da bringt es wenig, sich von Emotionen leiten oder zu Panikkäufen drängen zu lassen. Wer überstürzt kauft, geht vielmehr ein großes Risiko ein: Unseriöse Anbieter argumentieren zwar gern mit "anderen Interessenten, die nur darauf warten, den Vertrag zu unterschreiben" oder einer "einmaligen Gelegenheit". Aber einen solch übereilten Kauf haben schon viele bereut.

Nur nach einer sorgfältigen Prüfung der Verträge und der Immobilie sollten die Käufer unterschreiben. Das bedeutet vor allem, die Immobilie und die Lage im Voraus persönlich anzusehen. Wer eine Immobilie nur auf Basis des Verkaufsprospekts erwirbt, kauft die sprichwörtliche Katze im Sack.

Falle:

Kein Vergleich

Wer den geforderten Kaufpreis nicht mit ortsüblichen Marktpreisen vergleicht, handelt grob fahrlässig. Im besten Fall sollten Interessenten den Immobilienmarkt über mehrere Monate hinweg beobachten. Dadurch können die Käufer ein Gespür dafür entwickeln, ob es sich bei dem angebotenen Haus um ein Schnäppchen, ein faires oder um ein überteuertes Angebot handelt.

Noch wichtiger aber ist die Beurteilung des Kaufpreises bei schlüsselfertigen Häusern: Die Gefahr ist häufig, dass Käufer nur nach dem Preis vergleichen und dabei vergessen, dass der Leistungsumfang sich deutlich unterscheiden kann. Daher lohnt sich ein genauer Blick in die Bau- und Leistungsbeschreibung: Diese stellt detailliert sämtliche Leistungen des Bauträgers und deren Ausführung (Baustoffe, Qualitätsstandards, Fristen) dar. Wer sich mit diesen Dingen nicht auskennt, sollte einen unabhängigen Experten zu Rate ziehen.

Dass sich dieser Aufwand lohnt, zeigen Angaben des Verbands Privater Bauherren: Demnach fehlen bei 97 Prozent der schlüsselfertigen Häuser unentbehrliche Bauleistungen wie Maler-, Boden- oder Fliesenlegerarbeiten. Diese Handwerkerleistungen machen aber meistens einen hohen fünfstelligen Betrag aus. Falls Käufer sich entscheiden, diese Arbeiten in Eigenleistung zu erbringen, sollten sie darauf achten, sich nicht zu viel zuzumuten oder sich zu überschätzen: Wenn die Fähigkeiten oder auch einfach die Zeit nicht ausreichen, muss schlimmstenfalls wegen ungeplanter Handwerkerkosten nachfinanziert werden.

Falle:

Keine Kontrolle

Nicht nur Hauskäufer reizen ihren finanziellen Spielraum aus; dasselbe gilt auch für Bauträger und Architekten. Deshalb sollten Käufer im Voraus etwa eine Schufa-Auskunft über ihren Bauträger und ihren Architekten einholen, am besten auch über ihren Baufinanzierer. Im schlimmsten Fall kann es nämlich passieren, dass einer der drei während der Bauzeit Insolvenz anmelden muss. Das verzögert nicht nur das ganze Projekt, die Käufer bleiben auch auf einem Großteil der angezahlten Summe sitzen.

Falle:

Kein Gutachter

Vielen Käufern fehlt schlicht die Sachkenntnis, um Mängel oder Schäden an der Immobilie erkennen zu können. Deshalb sollten Käufer einen Gutachter beauftragen, der die Bausubstanz vor Übergabe der Immobilie überprüft: Er kann dabei auch versteckte Mängel feststellen, die dem Laien verborgen bleiben, etwa mangelhafte Abdichtungen im Keller, feuchte Wände oder schlecht isolierte Dächer. Die Kosten für Sachverständige von TÜV oder Dekra liegen bei rund 600 Euro. Baugutachten von Architekten oder Statikern gehen in die Tausende, sie haben aber den Vorteil, dass die Immobilie bis in den hintersten Winkel untersucht wird. Und der Sachverständige muss gegenüber dem Eigentümer haften, wenn er bestimmte Mängel übersehen hat.

Falle:

Keine Reserven

Egal ob Neubau oder eine Immobilie, die schon einmal bewohnt war: Der Käufer sollte immer mit ungeplanten Ausgaben rechnen, etwa für Reparaturen oder zur Beseitigung von Baumängeln. Das gilt auch für unvorhergesehene private Ausgaben oder dringende Anschaffungen. Je nach Größe der Immobilie können drei bis fünf Nettogehälter ausreichen.

 


Den Kredit kennen!

Tilgung: Die Monatsrate, die der Kreditnehmer (also der Hauskäufer) zahlen muss, besteht aus zwei Teilen: den Zinsen und der Tilgung. Je höher der Tilgungsanteil zu Beginn der Kreditlaufzeit, desto geringer die Restschuld zum Ende. Ein Volltilger zahlt die Schulden innerhalb der Laufzeit komplett zurück.

Umschulden: Wenn ein Darlehen vorzeitig gekündigt wird, stellt die Bank die entgangenen Zinsen häufig mit Aufschlag in Rechnung (sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung). Wer ein Darlehen jedoch mindestens zehn Jahre lang bedient hat, kann laut Gesetz ohne Vorfälligkeitsentschädigung umschulden.

Anschlussfinanzierung: Je nachdem, wie hoch die Kreditsumme ist, welche Laufzeit und welche Tilgung gewählt wurden, bleibt eine Restschuld. Mit einem Forwarddarlehen können sich Kunden niedrige Zinsen bis zu fünf Jahre im Voraus sichern. Die Bank verlangt im Gegenzug aber einen Obolus.