GRÜNE GELDANLAGEN - FONDS

Bei nachhaltigen Fonds gibt es unterschiedliche Investmentstrategien: Manche sind strenger, andere weniger streng. Überzeugungstäter greifen am besten zu Spezialanbietern

Hätte man der Fondsbranche vor einigen Jahren diese Entwicklung vorhergesagt, hätte man wohl nur Kopfschütteln geerntet: Im Jahr 2019 steckten europäische Anleger jeden dritten neu investierten Euro in einen Nachhaltigkeitsfonds, meldete das Analysehaus Morningstar vor einigen Wochen. Demnach sammelten Europas Fondsanbieter 336 Milliarden Euro ein, 120 Milliarden davon gingen an Fonds, die ökologische, ethische und soziale Kriterien - kurz ESG-Kriterien - bei ihren Investitionen berücksichtigen. 668 Milliarden Euro sind nun auf dem Kontinent in ESG-Fonds investiert, rund dreimal so viel wie vor fünf Jahren.

Die Zahlen machen klar: Was als Nische für kirchliche Investoren und vermeintliche Gutmenschen begonnen hat, ist nun ein Massenmarkt. Vor allem Stiftungen und öffentliche Einrichtungen, aber auch immer mehr Großanleger wie Versicherer interessieren sich für ESG-Produkte. Für Anleger ist das einerseits gut. Denn mit der Nachfrage ist auch das Angebot explodiert. Europaweit sind laut Morningstar heute über 2400 ESG-Fonds erhältlich, vor zehn Jahren war es ein Bruchteil. Andererseits wird das Angebot dadurch immer unübersichtlicher. Allein 2019 kamen 390 neue ESG-Fonds auf den Markt, so viele wie noch nie. Und 39 konventionelle Fonds wurden kurzerhand zu ESG-Fonds umdeklariert.

Was heißt nachhaltig? Angesicht dieser Flut an neuen Produkten drängt sich der Verdacht auf, dass nicht alle davon auch wirklich nachhaltig sind. Schließlich sind zuletzt auch Fondshäuser auf den rollenden ESG-Zug aufgesprungen, die nachhaltige Investmentansätze bis vor Kurzem noch belächelt haben. Überprüfen lässt sich das aber schwer, denn es gibt keine einheitlichen und messbaren Kriterien für Nachhaltigkeit. Die EU arbeitet zwar im Moment an einer sogenannten Taxonomie für grüne Geldanlagen. Die soll Anlegern vermitteln, welche Fonds, Aktien oder Anleihen wirklich nachhaltig sind. Basieren wird sie auf sechs Kernzielen: dem Klimaschutz, der Anpassung an den Klimawandel, dem Schutz von Wasser und Meeren, der Müllvermeidung, dem Umweltschutz und dem Erhalt der Artenvielfalt. Doch wie diese Ziele in konkrete Beurteilungskriterien umgesetzt werden, darüber wird noch gestritten. Es gibt etwa Bestrebungen, auch Atomstrom als nachhaltig zu klassifizieren. Zudem ist es fraglich, ob sich so ein Korsett überhaupt über den Wildwuchs stülpen lässt, der im Nachhaltigkeitsbereich entstanden ist.

Denn die Investmentansätze dort sind vielfältig. Es gibt Fonds, die ihren Fokus auf Umweltschutz setzen, andere wollen nur in Unternehmen investieren, deren Geschäfte ethisch und sozial verträglich sind, wieder andere kombinieren beides. Manche Manager sortieren über den Best-in-Class-Ansatz die dreckigsten Firmen aus, investieren aber trotzdem etwa in Ölkonzerne, sofern sie sauberer als ihre Konkurrenten sind. Striktere Fonds verzichten komplett auf Branchen wie Öl, Kohle, Waffen oder Tabak. Christliche Fonds lehnen auch Tierversuche und Pornografie ab, halten dagegen Alkoholhersteller für unbedenklich. Wieder andere beschränken sich nicht auf Ausschlusskriterien, sondern wollen, dass Unternehmen mit ihren Produkten die Welt besser machen. Und das waren nur die Aktienfonds. Im Anleihebereich dreht sich viel um die Frage, welchen Staaten man Geld leihen darf. Diktaturen sind meist außen vor, Länder mit Todesstrafe nicht. Schließlich würde das auch die USA treffen.

Man kann sich also trefflich darüber streiten, was nachhaltig ist und was nicht. Jeder hat hier eigene rote Linien. Anlegern bleibt deshalb gar nichts anderes übrig, als sich einen Fonds zu suchen, der zu ihren individuellen Vorstellungen passt. Wem es schon reicht, die schlimmsten Fehltritte zu vermeiden, der kommt möglicherweise mit ESG-ETFs aus. Die sind günstig, bringen gute Rendite, beschränken sich aber meist auf den Best-in-Class-Ansatz, der nur ein Mindestmaß an Nachhaltigkeit bietet. Für Überzeugungstäter sind jedoch aktive Fonds die erste Wahl, weil sie meist strenger und authentischer sind.

Nischenanbieter gewinnen. Besonders überzeugend: Aktive Fonds von Anbietern, die seit vielen Jahren auf nachhaltige Geldanlagen spezialisiert sind. Bei ihnen ist die Gefahr von "Greenwashing" - so nennt man es, wenn konventionelle Produkte aus Marketinggründen grün angestrichen werden - relativ gering. Sie haben ganz verschiedene Ansätze: Der TerrAssisi hat etwa einen christlichen Hintergrund, ist bei der Auswahl der Aktien aber vergleichsweise pragmatisch, während der Fonds von Ökoworld aus der Umweltbewegung kommt und eher strikt vorgeht.

Gemeinsam ist ihnen, dass sie mit vertretbaren Portfolios gute Renditen bieten. Zudem üben sie mit Ausnahme des NAI-Werte Fonds ihre Stimmrechte auf Hauptversammlungen aus und kritisieren im Dialog mit den Firmen, in die sie investiert sind, nötigenfalls ethisch oder ökologisch fragwürdige Geschäftspraktiken - und das meist konsequenter als große Fondshäuser, die oft gleichzeitig im Interesse konventioneller und nachhaltiger Anleger handeln müssen.

Der Illusion, dass in den vorgestellten Fonds jede Position unstrittig ist, sollte man sich aber nicht hingeben. Im Pictet-Fonds findet sich etwa die Aktie von Dassault Systèmes. Mit dessen Software wurden schon Windräder und E-Autos geplant, sie wird aber auch im Flugzeugbau und dort mitunter für Waffensysteme eingesetzt. Das ist bei anderen IT-Firmen ähnlich. In den Fonds von Pictet, TerrAssisi, und RobecoSam dürfen deshalb Konzerne sein, die maximal fünf Prozent ihres Umsatzes mit Rüstung machen. Echte Rüstungskonzerne bleiben aber ausgeschlossen. Das Beispiel zeigt: Auch bei guten und glaubwürdigen Nachhaltigkeitsfonds muss man manchmal kompromissbereit sein. Sein gutes Gewissen sollte man sich dadurch aber nicht zerstören lassen.


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Pictet Environmental Op.


Wer einen breit aufgestellten Nachhaltigkeitsfonds sucht, der ein vertretbares Portfolio und zugleich eine gute Rendite bietet, wird beim Pictet Global Environmental Opportunities Fund (GEO) fündig. Die Schweizer Privatbank Pictet ist Pionier bei Themenfonds und bietet Produkte in den Bereichen sauberes Wasser, erneuerbare Energien, gute Ernährung sowie nachhaltige Land- und Forstwirtschaft an. Dieses Wissen führt sie im GEO-Fonds zusammen, der einen klaren Fokus auf Umweltschutz setzt. Das Fondsmanagement verlässt sich nicht auf Ausschlusskriterien, vielmehr muss es überzeugt sein, dass Firmen Lösungen für Umweltprobleme bieten. Im Portfolio finden sich unter anderem der Wasserversorger American Water Works, die Müll- und Recyclingfirmen Veolia, Republic Services und Waste Management sowie der US-Konzern Thermo Fisher, dessen Analysegeräte und Filter nicht nur in Labors eingesetzt werden, sondern auch in der Industrie für Energieeffizienz und die Reinhaltung von Luft und Wasser sorgen. Digitalkonzerne wie der Rechenzentrenbetreiber Equinix sind ebenfalls mit an Bord. Schließlich kann die Digitalisierung der Arbeitswelt zum Beispiel Geschäftsreisen ersetzen, was gut für die Umwelt ist. Anleger haben zuletzt viel Geld in den renditestarken Fonds gesteckt, nun ist er 2,3 Milliarden Euro schwer. Das zeigt, wie beliebt er mittlerweile ist.

NAI-Werte Fonds


Der GreenEffects NAI-Werte Fonds ist ein kleiner Fonds im Öko-Bereich. Aber er verfolgt einen spannenden Ansatz: Er bildet den Natur-Aktien-Index (NAI) ab, der aus 30 Titeln besteht, die "einen Beitrag zur ökologisch und sozial nachhaltigen Lösung zentraler Menschheitsprobleme leisten" sollen. Diese Lösungen können ganz simpel sein: Mayr-Melnhof stellt aus Altpapier Kartons her, Tomra Systems baut Automaten für Pfandflaschen und Shimano verkauft Komponenten für ein sehr umweltfreundliches Verkehrsmittel, das Fahrrad. Alle drei Titel sind im NAI-Index, seit er im Jahr 1997 aufgelegt wurde. Das zeigt, dass ihn Securvita - eigentlich eine Krankenkasse mit Hang zur Homöopathie - mit sehr ruhiger Hand bestückt und verwaltet. Seit 2016 gab es nur zwei Änderungen: 2016 wurde der E-Autobauer Tesla in den Index aufgenommen, 2019 die Umweltbank. Ähnlich selbsterklärend wie Tesla oder Tomra sind auch Positionen wie Steico Dämmstoffe, Vestas Windturbinen oder die Bio-Kette United Natural Foods. Nur der Globuli-Hersteller Boiron könnte für manchen Kritiker eine bittere Pille sein. Dafür geht die Wertentwicklung aber in Ordnung: Mit fast 40 Prozent Plus in fünf Jahren ist der homöopathisch angehauchte NAI-Werte Fonds etwas besser als der globale Aktienindex MSCI World. Dass der NAI-Fonds nur FondsNote 4 hat, liegt daran, dass er stärker schwankt.

Terrassisi Aktien


Der TerrAssisi Aktien geht im Vergleich zu den anderen hier genannten Fonds weniger strikt bei der Aktienauswahl vor. Was ihn aber interessant macht, ist sein Hintergrund: Er wurde im Jahr 2000 auf Initiative der Missionszentrale der Franziskaner in Bonn aufgelegt, weshalb ein Teil der Gebühren in die Finanzierung von Hilfsprojekten des Ordens fließt. Die Aktienauswahl des vom Fondshaus Ampega gemanagten Produkts orientiert sich deshalb auch an den Glaubensgrundsätzen der Franziskaner, erfolgt aber pragmatisch: Ausgeschlossen werden lediglich Firmen, die mit Glücksspiel, Pornografie, Tabak und Waffen ihr Geld verdienen. Auch Tierversuche, Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen sind für den christlichen Fonds nicht akzeptabel. Aufgenommen werden dagegen Konzerne, deren Nachhaltigkeit die renommierte Ratingagentur ISS-ESG hoch bewertet - der berühmte Best-in-Class-Ansatz. Ergebnis: Im Portfolio sind hauptsächlich ganz normale Konzerne wie Microsoft, Visa, United Health oder Intel vertreten. Denen ­redet man bei Fehltritten aber nötigenfalls im Verbund mit der Investorengemeinschaft CRIC, die ethische Interessen von Großanlegern wie Kirchen oder Stiftungen bündelt, ins Gewissen. Seit 2010 machte der Fonds hervorragende 160 Prozent Gewinn. Zuletzt schwächelte er etwas, ließ aber immer noch viele klassische Aktienfonds hinter sich.

Ökoworld Klima


In der Nische der Ökofonds kommt man an Ökoworld kaum vorbei: Die Wurzeln des von Alfred Platow gegründeten Vorreiters der Branche gehen bis 1975 zurück, 1996 wurde der bekannte Ökovision Classic Fonds aufgelegt, der heute über eine Milliarde Euro verwaltet. Ein kleineres, thematisch stärker auf das Thema Klima zugeschnittenes und mit 150 Prozent Gewinn seit 2010 noch renditestärkeres Pendant ist der Ökoworld Klima. Der setzt derzeit stark auf Digitalkonzerne. Das Fondsmanagement begründet das ­damit, dass diese eine ressourcen- und energiesparende Produktions- und Arbeitswelt ermöglichen und so den Ausstoß von Treib­hausgasen in der Wirtschaft senken. Die Corona-Krise und der damit verbundene Zwang zu Distanz und Homeoffice beschleunigen den Trend zur Digitalisierung rasant. Die größte Position im Fonds ist nicht zufällig die Aktie von Zoom, der momentan beliebtesten Videokonferenz-App. Auch die Cloud-Diens­te von RingCentral, Citrix und Servicenow sind gerade sehr gefragt. Mit Ecolab ist zudem ein Anbieter umweltschonender Reinigungsprodukte für Krankenhäuser und Hotels vertreten, der allerdings schon vor der Pandemie in vielen ESG-Fonds steckte. Einziger Kritikpunkt: die sehr hohen Gebühren, die Ökoworld mit dem Recherche-Aufwand rechtfertigt. Bisher kann man sie aber wegen der hervorragenden Rendite verschmerzen.

Robecosam Sust. Water


Neben eher breit aufgestellten Nachhaltigkeitsfonds gibt es auch Produkte, die gezielt auf spezielle Themen setzen. Eines davon ist der RobecoSAM Sustainable Water Fund, der sich dem Thema sauberes Wasser gewidmet hat. Im Portfolio ist zum Beispiel die Firma Xylem, die Anlagen, Filter und Analysegeräte zur Wasseraufbereitung herstellt. Auch die Konzerne Agilent und Thermo Fisher, die Messgeräte und Analyseprogramme herstellen, sind mit im Portfolio, ebenso Ecolab als Hersteller umweltschonender Reinigungsmittel. Daneben finden sich Unternehmen wie Guangdong Investment aus China, Veolia und Suez aus Frankreich oder die Pennon Group aus Großbritannien im Fonds, die in der Wasserversorgung und -aufbereitung tätig sind. Die sind allerdings mitunter umstritten, weil sie Gewinne mit der Bereitstellung des lebenswichtigen Allgemeinguts machen. Wie die Schweizer Firma Pictet, von der es ebenfalls einen sehr starken Wasserfonds gibt (ISIN: LU 010 488 486 0), hat sich auch RobecoSAM seit der Gründung vor mehr als 20 Jahren auf nachhaltige Themen- und Nischenfonds spezialisiert. Von RobecoSAM gibt es noch Produkte zu Bereichen wie neue Mobilität, smarte Energie, smarte Rohstoffe, nachhaltige Lebensmittelproduktion, gesundes Leben, Geschlechtergleichstellung und Kreislaufwirtschaft. Die langfristig höchste Rendite brachte aber der Wasserfonds.

LGT Sustainable Fonds


Nachhaltiges Investieren geht nicht nur mit Aktien, sondern auch mit Anleihen. Besonders bekannt sind Green Bonds und Social Bonds, mit denen Staaten, Bundesländer, staatsnahe Institutionen wie Entwicklungsbanken, aber auch Konzerne Kapital für umweltfreundliche und soziale Projekte einsammeln. Die Fonds für solche Schuldpapiere sind allerdings relativ jung und bisher auf ein eher überschaubares Anlageuniversum begrenzt. Besser fährt man deshalb mit breit anlegenden Anleihefonds mit Nachhaltigkeitsansatz wie dem Sustainable Bond Fund Global von LGT, dem Finanzhaus der Fürs­tenfamilie von Liechtenstein. Der Fonds hat Mitte 2019 seinen Anteil an Social und Green Bonds auf rund 50 Prozent ausgebaut. Bei seinen restlichen Investments in normale Anleihen schließt er Diktaturen ebenso aus wie Firmen, die mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes mit Waffen, Glücksspiel oder Tabak machen. Staaten mit Todesstrafe sind nicht außen vor, weshalb US-Staatsanleihen im Fonds sind. Daneben finden sich zum Beispiel Bonds der Weltbank, der Europäischen Investitionsbank sowie Mikrofinanz-Fonds im Portfolio. Mit diesen Mikrokrediten werden Menschen in Entwicklungsländern mit Kapital versorgt, die keinen Zugang zu Banken haben. Mit 50 Prozent Gewinn in zehn Jahren hängte der Anleihefonds auch die meisten konventionellen Konkurrenten klar ab.