Der Albtraum für Bankkunden: Das Portemonnaie wurde gestohlen, doch bis man das bemerkt hat, wurde schon Geld abgehoben. Oder vom online geführten Girokonto werden auf einmal merkwürdige Abbuchungen getätigt. Wie sieht es in solchen Fällen mit der Haftung aus? Und was ändert sich ab 2018?

Ich habe mein Portemonnaie mit Bargeld, EC- und Kreditkarte verloren. Was muss ich tun?



Sie sollten so schnell wie möglich bei Ihrer Bank anrufen und Karten und Onlinebanking-Zugang sperren lassen. Die Karten können dann nicht mehr eingesetzt werden. Erst als Zweites sollten Sie Strafanzeige bei der Polizei stellen und die so-genannte KUNO-Sperre (Infos unter -www.-kuno-sperrdienst.de) veranlassen. Damit ist die Karte auch im elektronischen Lastschriftverfahren mit Karte und Unterschrift im Handel gesperrt. Aus der Haftung raus sind Sie bereits ab der Sperre bei der Bank.

Wie hafte ich bis zur Sperrung von Karte oder Onlinezugang?



Sobald Sie Ihre Bank informiert haben, sind Sie aus dem Schneider. Aber in der Zeit bis zur Sperranzeige haften Sie bei missbräuchlichen Verfügungen derzeit grundsätzlich bis 150 Euro. Bei vielen Kreditkarten gilt eine Nullhaftung, Genaueres müssen Sie bei Ihrer Bank erfragen. Die 150-Euro-Marke greift auch bei missbräuchlicher Verwendung der Zugangsdaten fürs Onlinebanking. Aber das Wort "grundsätzlich" sollte Sie stutzig machen: Sie dürfen nämlich Ihre Sorgfaltspflichten nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt haben.

Was bedeutet das, und was kann im schlimmsten Fall passieren?



Grobe Fahrlässigkeit kann zum Beispiel vorliegen, wenn Sie die PIN zur Karte im Portemonnaie aufbewahrt oder auf Ihrem Computer gespeichert haben. Dann haften Sie im schlimmsten Fall komplett für alle Verfügungen bis zur Sperrung - und rutschen womöglich mit dem Konto ins Minus. Es gibt aber Banken, die von sich aus ihre Kunden von der Haftung komplett freistellen, wenn diese den Schaden Bank und Polizei anzeigen.

Ich habe im Supermarkt mit Girocard und PIN bezahlt, dann wurde mein Geldbeutel gestohlen und Cash am Automaten von meinem Konto gezogen. Was soll ich nun machen?



Das ist kritisch: Banken argumentieren dann gern mit dem "Anscheinsbeweis" des Bundesgerichtshofs (Az.: XI ZR 201/03): Der "erste Anschein" spreche dafür, dass der Karteninhaber die PIN zusammen mit der Karte im Geldbeutel hatte. Kunden müssen dann beweisen, dass das nicht stimmt. "Das ist schwer, denn der Kunde muss einen alternativen Handlungsverlauf behaupten, etwa das Ausspähen der PIN an der Kasse", weiß Markus Feck, Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Solche Fälle kommen aber zum Glück immer weniger vor. Kann der Kunde nicht erklären, wie man die PIN wissen konnte, dann hat er ein echtes Problem." Wird die Karte online missbräuchlich genutzt, greift die Vermutung des Anscheinsbeweises nicht, da keine PIN eingegeben wird.

Wie kann man vorsorgen?



Unbedingt die Sorgfaltspflichten einhalten und PIN oder Log-in-Codes nirgends notieren oder anderen mitteilen. Für die Onlinebanking-Sicherheit die allgemeinen Verhaltenstipps beachten, Computer gegen Viren sichern und Browser stets aktuell halten. Bei vielen Konten lässt sich ein tägliches Limit einrichten. Merken sollte man sich die zentrale Sperrnotrufnummer (116 116, aus dem Ausland mit +49 davor). Dort kann man fast alle Karten und Konten sperren lassen (Ausnahmen sind etwa Karten von American Express oder der Postbank).

Ändert die neue EU-Zahlungsdiensterichtlinie ab Mitte Januar 2018 etwas an der Haftung?



Die Haftungsgrenze sinkt auf 50 Euro. Auch muss das Konto bis zum Ende des nächsten Geschäftstags wieder so gestellt werden, als sei nichts geschehen. Es sei denn, gegen den Kunden selbst wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, etwa weil ihm Betrug unterstellt wird. "Die Möglichkeiten, Verbrauchern grobe Fahrlässigkeit nur auf Basis einer Vermutung zu unterstellen, wurden erschwert", sagt Frank Christian Pauli vom Verbraucherzentrale Bundesverband. "Das ist wichtig, weil der umfassende Schutz vor finanziellen Folgen krimineller Abbuchungen sonst unterminiert wird." Allerdings bleibe abzuwarten, wie dies nun die Gerichte umsetzen. Womöglich ist der Anscheinsbeweis noch nicht ganz vom Tisch, befürchtet Feck.