"Es gibt keine größere Gefahr für das Weltwirtschaftswachstum", warnte der französische Finanzminister Bruno Le Maire im Fernsehsender CNews angesichts der Zuspitzung in dem seit Monaten schwelenden Konflikt. "Weniger Waren könnten in der ganzen Welt zirkulieren und Arbeitsplätze in Frankreich und in Europa zerstören." Trotz der Eskalation lassen die USA und China aber den Verhandlungsfaden nicht abreißen. Die jüngste Gesprächsrunde in Washington sollte im Tagesverlauf fortgesetzt werden.
Die USA erheben nach Angaben der Zollbehörden seit 06.00 Uhr europäischer Zeit (MESZ) eine Einfuhrgebühr von 25 Prozent auf bestimmte chinesische Produkte. Betroffen sind Waren aus 5700 Kategorien im Volumen von 200 Milliarden Dollar. Chinas Handelsministerium erklärt, es "bedauert zutiefst" diesen Schritt, der Gegenmaßnahmen notwendig mache. Zeitgleich suchen beide Länder eine Lösung aus dem Konflikt. Seit Donnerstag verhandelt eine chinesische Delegation in den USA mit amerikanischen Unterhändlern.
Internationale Wirtschaftsexperten befürchten durch den Zollkrieg einen Rückgang des Welthandels. Auf die Frage nach der gravierendsten Folge der höheren Zölle antworten sie vorwiegend "weniger Handel", wie eine Umfrage des Ifo-Instituts unter 1130 Volkswirten weltweit ergab. "Tatsächlich haben die wechselseitigen Maßnahmen bereits deutliche Spuren hinterlassen, über internationale Wertschöpfungsketten auch in Drittländern", sagte Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner. Knapp ein Fünftel der chinesischen Exporte würden in die Vereinigten Staaten gehen, während umgekehrt sieben Prozent der US-Ausfuhren in den Vereinigten Staaten landen.
"Gießt Donald Trump weiteres Öl ins Feuer, droht auch Ungemach für die US-Wirtschaft", warnte der Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank, Thomas Gitzel. Im Hinblick auf die im kommenden Jahr stattfindenden Präsidentschaftswahlen wären dies denkbar ungünstige Voraussetzungen für eine Wiederwahl Trumps. "Eine merkliche Wirtschaftsabkühlung oder gar eine Rezession würde wohl das Ende der Amtszeit von Donald Trump bedeuten", sagte Gitzel. "Gerade aber der stark auf sich fokussierte US-Präsident dürfte dies verhindern zu versuchen."
Zuletzt hat Trump Hoffnungen geweckt, indem er eine Einigung noch diese Woche als möglich bezeichnete. Er habe einen "schönen Brief" von Chinas Präsident Xi Jinping erhalten, sagte Trump am Donnerstag. Darin habe dieser geschrieben, beide sollten zusammenarbeiten und sehen, ob man ein Ergebnis erreichen könne. Zudem hatte Trump erklärt, er werde wahrscheinlich mit Xi telefonieren. Seit Juli 2018 überziehen sich die beiden größten Wirtschaftsmächte der Welt gegenseitig mit Zöllen, was bereits die globale Konjunktur bremst. Vor Anhängern in Florida hatte Trump China am Mittwoch vorgeworfen, amerikanische Jobs zu stehlen. Das könnten die Vereinigten Staaten nicht hinnehmen. Trump stört sich unter anderem am riesigen Defizit seines Landes im Handel mit China. Er wirft der Volksrepublik unfaire Handelspraktiken und Beschränkungen für ausländische Unternehmen sowie Diebstahl geistigen Eigentums vor. Die USA fordern zudem - ebenso wie die EU - eine Lockerung der chinesischen Restriktionen für ausländische Firmen und einen gleichberechtigten Marktzugang.
rtr