Ausgebliebene Katastrophen und Sondereffekte haben der Hannover Rück im ersten Quartal zu einem unerwarteten Gewinnsprung verholfen. Der Überschuss kletterte um ein Fünftel auf 280 Millionen Euro, wie der drittgrößte Rückversicherer der Welt am Mittwoch in Hannover mitteilte. Analysten waren von einem weitgehend stagnierenden Gewinn ausgegangen. "Das war ein sehr guter Start ins neue Geschäftsjahr", resümierte Finanzvorstand Roland Vogel am Mittwoch. Auch für das restliche Jahr keimt bei Hannover Rück mehr Zuversicht. Die Prämien sollen 2015 nun doch leicht steigen, nachdem sie schon zwischen Januar und März währungsbereinigt um zehn Prozent zugelegt hatten.
Für eine Anhebung der Gewinnprognose sei es zu früh, sagte Vogel. Wenn die Großschäden aber weiter deutlich unter den dafür vorgesehenen Budgets blieben, könnte das anvisierte Ergebnis von 875 (2014: 986) Millionen Euro 2015 übertroffen werden, deutete der Finanzvorstand an.
Für das erste Quartal hatte er 157 Millionen Euro für Großschäden eingeplant, unter dem Strich standen aber nur 62 Millionen. Der Sturm "Niklas", der im März über Deutschland hinweggezogen war, kostete Hannover Rück 42 Millionen Euro, der Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen 12,2 Millionen. Ob es das verheerende Erdbeben in Nepal überhaupt in die Kategorie der Großschäden über zehn Millionen Euro schaffen werde, sei unsicher, sagte Vogel.
Überraschend gut schnitt im ersten Quartal die Personen-Rückversicherung ab. Hannover Rück habe die Probleme mit Invaliditäts-Policen in Australien und mit Leben-Verträgen in den USA gelöst, die die Sparte lange belastet hatten. Hinzu kam ein 40 Millionen Euro schwerer Sondereffekt, weil ein Kunde vorzeitig aus dem Vertrag ausstieg und dafür zahlen müsste.
Erleichtert zeigte sich Vogel über die Erneuerungsrunde, bei der die Ende März ausgelaufenen Verträge in Japan und zum Teil in den USA neu ausgehandelt wurden. Bei Katastrophen-Deckungen war die Konkurrenz von Hedgefonds und anderen Investoren für die Branche zuletzt am stärksten. "Wir haben leichten Druck auf die Preise, der schwächt sich aber langsam ab", sagte Vogel. Analyst Andreas Schäfer vom Bankhaus Lampe schrieb, das Prämienwachstum "zeigt, dass Hannover Rück immer noch profitables Geschäft finden kann". Die Euphorie über die Zahlen ebbte aber schnell ab. Ein Kursplus von vier Prozent zum Handelsstart verflog wieder.
Reuters
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Einschätzung der Redaktion
Der weltweit drittgrößte Rückversicherer Hannover Rück hat die Erwartungen der Analysten für das erste Quartal klar übertroffen. Ein wesentlicher Grund dafür dürfte das weiterhin historisch niedrige Niveau versicherungsrelevanter Naturkatastrophen sein. So sei es weiter fraglich ob das Erbeben in Nepal auf die Liste der Großschäden - über zehn Millionen Euro Versicherungsschaden - komme, teilte der Rückversicherer mit.
Wenn der Schaden-Puffer des Rückversicherers weiter ungenutzt bleibe, sei eine Erhöhung der Ziele im Laufe des Jahres denkbar teilte das Unternehmen mit. Zudem könnte dann auch die Ausschüttungsquote für die Dividende höher ausfallen als die 35 bis 40 Prozent. Im Schnitt erwarten Analysten für das laufende Jahr einen Rückgang der Dividende auf 3,74 Euro von den 4,25 Euro pro Aktie, die für 2014 ausgezahlt werden.
Fazit: Mit der nachhaltig hohe Dividendenrendite ist die Aktie ein langfristig lohnenswertes Investment im Versicherungssektor. Kurzfristig ist das Potenzial für Wertsteigerung wegen der hohen Bewertung der Aktie jedoch begrenzt. Obwohl unser Kursziel von 84 Euro aus dem Februar inzwischen überschritten wurde, weiter auf "Beobachten".
Ziel: 95,00
Stopp: 74,30
Klaus Schachinger