So schlecht wie die Gewinnwarnung vermuten lässt, ist es um die Hanseaten aber nicht bestellt. Der Preisverfall scheint gestoppt. So bewegt sich etwa der China Containerized Freight Index (CCFI) seit April seitwärts; Branchendienste wie Drewry erwarten bis Ende 2017 um acht Prozent höhere Frachtraten. Die Dauerkrise der Branche wird das zwar nicht beenden, doch zumindest steigt die Hoffnung, den Tiefpunkt erreicht zu haben. Niedriger als im Frühjahr 2016 waren die Preise nie. Wegen Überkapazitäten und eines nur langsam wachsenden Frachtaufkommens bleibt der Preisdruck hoch. Es ist daher unwahrscheinlich, dass die Frachtraten übermäßig schnell steigen. Seit Ende 2014 kommt es daher zur Konsolidierung der Branche.
Mehr Masse
Der Grund dafür ist simpel: Größe ist im Containergeschäft alles. Je mehr Container ein Schiff transportiert, auf umso mehr Stahlboxen werden die Ausgaben von Schiffsdiesel bis Hafengebühren umgelegt. Das senkt die Transportkosten für den einzelnen Container und die Gewinnschwelle der Reeder.
Wie gut sich mit Übernahmen solche Skaleneffekte heben lassen, zeigte die Fusion der Hamburger mit der chilenischen Reederei CSVA im November 2014. Dank Synergien und Sparprogrammen machte Deutschlands größte Reederei 2015 trotz fallender Preise 112 Millionen Euro Gewinn. Doch die Gewinnwarnung zeigt, bei den aktuellen Preisen reichen selbst diese Effizienzgewinne für ein profitables Geschäft nicht mehr aus.
Hapag-Lloyd hatte zu Beginn der Woche aber auch gute Nachrichten zu vermelden: Die lang erwartete Fusion mit der arabischen Reederei UASC ist geglückt. Dadurch wird der Konzern nach Frachtkapazität zur fünftgrößten Containerreederei der Welt (siehe Grafik Seite 2) mit einem Umsatz von zwölf Milliarden Dollar. Im Zuge der Verschmelzung beider Konzerne erhalten die früheren Eigentümer der arabischen Schifffahrtslinie, maßgeblich die Staaten Katar und Saudi-Arabien, 25 Prozent an Hapag-Lloyd. Die Fusion verursacht aber auch Einmalkosten von 150 Millionen Dollar und steigert die Nettoverschuldung der Hamburger von 3,7 auf 6,7 Milliarden Dollar.
Neben der Fusion wurde deshalb auch eine Kapitalerhöhung beschlossen. In den kommenden sechs Monaten sollen 400 Millionen Euro frisches Kapital an die Hamburger fließen. Diese Mittel haben die größten Altaktionäre von Hapag-Lloyd sowie die bisherigen Haupteigentümer der UASC bereits zugesagt.
Hapag-Chef Rolf Habben Janssen will auch mit der UASC-Fusion große Synergien heben. Der gebürtige Holländer glaubt, mit dem Deal jährlich mindestens 400 Millionen Dollar sparen zu können. Ein Drittel der Effizienzgewinne soll bereits 2017 realisiert werden; die gesamten Sparmaßnahmen sollen dann ab 2019 voll greifen. Ein weiterer Vorteil der Fusion ist, dass Hapag keine Milliarden in den Kauf neuer Schiffe stecken muss. Im Kampf um Größenvorteile haben Reedereien zuletzt immer größere Schiffe geordert, auf die bis zu 20 000 Container passen. Den Hanseaten fehlten solche Megafrachter bisher. UASC aber besitzt sechs dieser Riesenpötte und hat weitere bestellt. "Wir erreichen jetzt eine Größe, wo wir kaum noch Kostennachteile gegenüber den ganz Großen der Branche haben", fasst Janssen zusammen.
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Größerer Kanal, weniger Überkapazität
Für dauerhaft steigende Gewinne ist ein Anstieg der Frachtraten allerdings ebenso wichtig wie sinkende Betriebskosten. Doch neben Fusionen tragen auch sinkende Neubestellungen von Schiffen sowie der erst kürzlich weiter ausgebaute Panamakanal zum Abbau der Überkapazitäten bei. Durch die Wasserstraße passen nun bis zu dreimal größere Schiffe als zuvor, der Warentransport auf Pötten, die bisher gerade so durch den Kanal passten, wird damit unrentabel. Weil das auf rund ein Fünftel der weltweiten Containerflotte zutrifft, könnte bald einiges an Kapazität aus dem Markt verschwinden, auch wenn längst nicht alle der kleineren Schiffe den Panamakanal passieren.
Beginnen die Frachtraten zu steigen, dürfte Hapag-Lloyd überproportional profitieren. Die Fusion mit UASC senkt die Gewinnschwelle der Hanseaten - und schon vor dem Zusammenschluss mit den Arabern wurden Ergebnissprünge für die kommenden Jahre erwartet. Allein aufgrund der Synergien mit CSVA sagten einzelne Schätzungen Gewinnsteigerungen von über 100 Prozent und Kurse jenseits der 30 Euro voraus.
Weil die Frachtraten im ersten Halbjahr 2016 weiter fielen, werden diese Prognosen jedoch kaum im vollen Umfang eintreten. Nach den Kursverlusten Anfang der Woche ist die Aktie allerdings so günstig bewertet, dass risikobereite Anleger beginnen können, erste Positionen zu Kursen unter 17 Euro aufzubauen, um damit auf die Stabilisierung der Frachtraten und neue Synergieeffekte bei Hapag-Lloyd zu setzen.