Die aktuelle Lage in der Containerschifffahrt ist prächtig. Die angespannten globalen Lieferketten und die riesige Nachfrage nach knappen Transportkapazitäten ließen die Frachtraten und Gewinne in der Logistikbranche steigen. Nun scheint jedoch der Höhepunkt der Entwicklung erreicht. Darauf lässt zumindest die Aktienmarktreaktion auf die sehr guten vorläufigen Geschäftszahlen von Hapag-Lloyd schließen.
Börsianer sind wie so oft schon einen Schritt weiter und schauen nicht zurück, sondern auf das, was sich am Horizont abzeichnet. In dieser Woche konnte man das sehr gut beobachten. Die vorläufigen Geschäftszahlen der Hamburger Containerreederei für das vierte Quartal und das abgeschlossene Geschäftsjahr 2021 waren außergewöhnlich gut. Bei trotz angespannter Lieferketten nahezu gleichbleibender Transportmenge im Vergleich zu 2020 stieg die Frachtrate infolge einer sehr starken Nachfrage nach Exportgütern aus dem asiatischen Raum um fast 80 Prozent. In der gleichen Größenordnung ging es auch mit dem Umsatz nach oben. Das operative Ergebnis (Ebitda) der Hamburger verdreifachte sich. Die Werte des vierten Quartals allein betrachtet, lagen noch darüber.
Börse senkt den Daumen
Eine Prognose für das laufende Jahr will Hapag-Lloyd erst am 10. März mit Vorlage der endgültigen Geschäftszahlen für 2021 geben. Die Analysten sind uneins, wann sich die positiven Voraussetzungen für die Branche drehen. Einige rechnen damit, dass der Verknappungseffekt die Logistiker noch im gesamten Jahr stützt, aber 2023/24 stark nachlässt. Andere gehen von einer schrittweisen Normalisierung der Lage auf den weltweiten Transportrouten schon im laufenden Jahr aus.
Die Mehrzahl der Experten aber ist sich einig, dass von der Aktie vorläufig nicht mehr viel zu erwarten ist, und rät, die Papiere entweder zu verkaufen oder zu halten.
An der Börse ging es mit der Aktie jedenfalls nach der Zahlenvorlage deutlich nach unten. Allein am Dienstag, dem Tag der Bekanntgabe, verloren die Hapag-Lloyd-Papiere gut zehn Prozent ihres Werts und notierten bei Kursen um die 230 Euro je Anteilschein. Auch unter Berücksichtigung des Abschlags liegt die Aktie damit noch immer weit, weit über dem langjährigen Niveau von unter 50 Euro.
Erst die Corona-Krise und die nachfolgenden Engpässe in den Lieferketten haben die Aktie zur Kursrakete werden lassen. Mit der allmählichen Auflösung der Engpässe kommen auch die Frachtraten wieder zurück, und damit ist auch die Zeit der hohen Gewinne der Reedereien erst einmal Geschichte.
Teurer als die Konkurrenz
Über die erwartete Normalisierung der Rahmenbedingungen als branchenweites Phänomen hinaus kommt bei Hapag- Lloyd hinzu, dass die Aktie im Vergleich zur Konkurrenz recht teuer erscheint. So weisen sowohl der Marktführer unter den Containerreedereien, die dänische Møller Mærsk, als auch der Hamburger Konkurrent Ernst Russ ein besseres Kurs-Gewinn-Verhältnis auf.
Investoren sollten in jedem Fall die Prognose für das Jahr 2022 von Møller Mærsk abwarten, die die Dänen bei der Vorlage ihrer Geschäftszahlen am 9. Februar veröffentlichen.
Ausgereizt: Die Börse scheint auch bei guten Zahlen nicht
bereit zu noch höheren Bewertungen zu sein. Halten.
Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 270,00 Euro
Stoppkurs: 198,00 Euro