Am Dienstag will der Münchener Technologiekonzern mit einem Kapitalmarkttag in London Investoren und Analysten Argumente liefern, warum sie die Healthineers-Aktien zeichnen sollen, wenn im März offiziell die Zeichnungsfrist beginnt. Vor Ostern soll die Medizintechnik-Aktie an der Frankfurter Börse notiert sein.
15 bis 25 Prozent von Healthineers will Siemens verkaufen, wie Insider sagen. Mit sechs bis zehn Milliarden Euro Emissionsvolumen wäre der Börsengang damit der größte seit 1996, als die Deutsche Telekom 10,6 Milliarden erlöste. Die Aktienmehrheit soll auf Dauer bei Siemens bleiben, betont Kaeser immer wieder. Schließlich ist Healthineers mit einem Gewinn von 2,5 Milliarden Euro und einer operativen Umsatzrendite (Ebit-Marge) von 18,5 Prozent die Ertragsperle im Konzern. Bis 2020 dürfte sie sogar auf 19,9 Prozent steigen, hat Morgan Stanley ausgerechnet. Das Umsatzwachstum aus eigener Kraft veranschlagt Healthineers auf vier Prozent pro Jahr - seit 2012 lag es stets zwischen 2,0 und 4,8 Prozent. 47.000 Mitarbeiter, davon 12.000 in Deutschland, erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2016/17 (zum 30. September) 13,8 Milliarden Euro Umsatz.
Geld braucht die in Erlangen angesiedelte Medizintechnik-Sparte eigentlich nicht, weshalb der Großteil des Börsenerlöses in die Kasse des Konzerns fließen dürfte. Barclays-Analyst James Stettler macht sich Hoffnung, dass Siemens damit sein drei Milliarden Euro schweres Aktienrückkaufprogramm aufstocken könnte. Doch wenn Healthineers künftig zukaufen will, können (und sollen) die Erlanger das künftig selbst über die Börse finanzieren statt in München um Geld zu bitten. Das kommt billiger, denn die meisten Medizintechnik-Unternehmen sind höher bewertet als Industrie-Konglomerate wie Siemens. Und damit sind auch die eigenen Aktien mehr wert, wenn man Übernahmen damit bezahlen will.
WENN DER COMPUTER ARZT SPIELT
Sieben Billionen Euro schwer sei der Gesundheitsmarkt, doch 50 Prozent davon entfallen auf Personalkosten. Nur ein Prozent des Umsatzes gäben Krankenhäuser für Technik aus - dabei lägen hier die größten Einsparpotenziale, argumentiert Healthineers. Wenn der Computer die Röntgenaufnahme auswerte, könne sich der Arzt mehr um den Patienten kümmern statt stumpfer Routine vor dem Bildschirm.
Die Nummer eins weltweit ist Healthineers in der Bildgebung, die mit Röntgengeräten, Computer- und Magnetresonanz-Tomographen (MRT) 58 Prozent vom Umsatz ausmacht und mit 21 Prozent Rendite die Konkurrenz um Längen schlägt. Nur bei den Ultraschallgeräten hinkt Siemens als Nummer fünf weit hinter Marktführer GE Healthcare her. Hier will Siemens über Innovationen aufholen.
Knapp ein Drittel des Umsatzes entfällt auf Labordiagnostik, also die automatische Auswertung von Blut- und Urinproben, die sich Siemens zum großen Teil in den vergangenen Jahren - etwa mit Dade Behring oder der Diagnostik-Sparte von Bayer - zusammengekauft hat. Doch am Branchenprimus Roche kommt Siemens nicht vorbei, der Marktanteil bröckelt sogar, wie Barclays kritisiert. Dabei wächst der Labordiagnostik-Markt mit bis zu fünf Prozent pro Jahr überdurchschnittlich - und hat den Vorteil, dass mit lukrativen Reagenzien und Dienstleistungen 90 Prozent des Umsatzstroms verlässlich unabhängig vom Neugeschäft fließen. Das funktioniere ähnlich wie bei Rasierern und Klingen oder Druckern und Druckerpatronen, erklärt Healthineers. Ein neues Laborsystem namens Atellica soll den entscheidenden Schub geben, um die Rendite von 14 Prozent aufzubessern.
Die kleinste Sparte von Healthineers nennt sich "Advanced Therapies": Dabei geht es etwa um den Einsatz von Robotern und MRT-Geräten bei der Schlaganfall-Behandlung oder bei minimal-invasiven Operationen, mit deren Hilfe der Chirurg in Kinofilm-Qualität in den Patienten hineinschauen kann, ohne den Körper aufschneiden zu müssen. "Das ist ein Thema, bei dem wir große Chancen sehen", sagt ein Healthineers-Manager.
rtr