DAS IST LOS BEI HEIDELBERGCEMENT:
In Deutschland profitiert HeidelbergCement vom aktuellen Immobilienboom - aber auch bei staatlichen Infrastrukturprogrammen weltweit mischt der Konzern als Auftragnehmer gut mit. Nach der durch den Preiswettbewerb bedingten Schwäche im Indonesien-Geschäft wird dort nun wieder mit einer Erholung gerechnet. Ein gewichtiger Gegenspieler bleibt allerdings das Wetter, das gern einmal den Jahresauftakt vermiest.
2007 hatte HeidelbergCement sich mit der Mega-Übernahme des britischen Baustoffeherstellers Hanson eine gigantische Schuldenlast aufgebürdet. 2015 kam die Elefantenhochzeit zwischen Konkurrenten Lafarge aus Frankreich und Holcim aus der Schweiz - und HeidelbergCement sah sich plötzlich wieder unter Zugzwang. Es folgte der milliardenschwere Zukauf von Italcementi in Italien.
Aus seinem Italien-Geschäft schlägt der Konzern derzeit unerwartet viel Synergien, 2017 schaffte HeidelbergCement auch deshalb ein Rekordergebnis. Scheifele setzte in Italien den Rotstift an, strich Stellen und hob jüngst seine durch die Integration zu erreichenden Sparziele an. Doch an der Börse wurde dies nur wenig honoriert.
Wie HeidelbergCement nun auf dem Kapitalmarkttag ankündigte, will der Konzern künftig den Fokus auf steigende Erträge für die Aktionäre legen. Dafür sollen die Barmittel in den kommenden drei Jahren rapide steigen und die Schulden sinken. Der Weg dahin: vorerst keine weiteren Übernahmen, dafür aber Verkäufe von Randbereichen, begrenzte Investitionen, Einsparungen durch Digitalisierung. Gleichzeitig rechnet das Unternehmen jedoch für die kommenden beiden Jahre mit weniger Gewinnzuwachs als für 2018.
DAS MACHT DIE AKTIE:
HeidelbergCement ist mehrheitlich im Streubesitz. Größter Aktionär ist der Unternehmer Ludwig Merckle. Der Sohn des verstorbenen Ratiopharm-Gründers Adolf Merckle hielt nach Angaben von HeidelbergCement zuletzt etwas mehr als ein Viertel der Anteile am Unternehmen.
HeidelbergCement-Lenker Bernd Scheifele beschwört gerne die guten Aussichten für sein Unternehmen durch die gute Welt- und Baukonjunktur. Doch Aktionäre spüren nur wenig. Seit ihrer Aufnahme in den Dax (DAX 30) hinkt das Papier dem Leitindex hinterher - vor allem 2018 ist der Wurm drin.
Seit Jahresbeginn hat das HeidelbergCement-Papier rund 15 Prozent eingebüßt. Seit dem Zwischenhoch bei 96,16 Euro im Januar verlor das Papier sogar ein Fünftel an Wert. Waren die Aussagen zum Kapitalmarkttag zunächst von den Aktionären noch begrüßt worden, hat sich inzwischen Ernüchterung ob der neuen Ziele breit gemacht.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Die meisten der von dpa-AFX beobachteten Analysten sehen in der Aktie aktuell reichlich Kurspotenzial. Im Mittel liegt das Kursziel bei knapp 92 Euro - bei einem aktuellen Kurs von knapp 77 Euro. 17 Experten haben in diesem Jahr bereits ihre Einschätzung auf den aktuellen Stand gebracht, mit 10 von ihnen empfiehlt der überwiegende Teil das Papier zum Kauf. Die übrigen raten Anlegern, in Wartestellung zu bleiben und die Aktie weiter im Depot zu halten. Kein einziger Analyst aber votiert für Verkaufen.
Der Kapitalmarkttag an diesem Dienstag hat für große Resonanz unter den Analysten gesorgt. Viele sahen in den Aussagen aber Licht und Schatten, wie etwa Sven Diermeier von Independent Research es formulierte, und senkten ihre Kursziele. Auch SocGen-Branchenexperte Manish Beria äußerte Zweifel. Seiner Meinung nach hat HeidelbergCement das mittelfristige Gewinnziel zwar auf ein realistischeres Niveau gesenkt. Den in Aussicht gestellten Barmittelfluss und die steigenden Ausschüttungen hält er aber für zu ambitioniert.
Nach den zunächst für das kommende Jahr als Ebitda avisierten mehr als 5 Milliarden Euro impliziere die neue Prognose selbst für 2020 nur ein Wachstum auf 3,8 Milliarden Euro, rechnete Independent-Experte Diermeier vor. Zudem habe HeidelbergCement etwa frühere Umsatzziele gar nicht wiederholt und auch die implizierte Ausschüttungsquote an die Aktionäre falle nun niedriger aus als bisher veranschlagt. Die Senkung eines Großteils der bisherigen Ziele sei zwar für ihn erwartungsgemäß gekommen, als Treiber für die Aktie taugen in seinen Augen die nun in Aussicht gestellten Ergebnis- und Ausschüttungsziele aber nicht.
Einer der größten Optimisten bleibt Phil Roseberg vom Analysehaus Bernstein Research. Er traut der Aktie noch immer ein Kurspotenzial bis auf 104 Euro zu und hält die Ergebnisprognose womöglich für untertrieben: Denn die erhoffte Erholung im Indonesien-Geschäft sei vermutlich nicht berücksichtigt./tav/zb/tos