Rückblick: Mitte November präsentierte das SDAX-Unternehmen sein Zahlenwerk für das erste Halbjahr. Der Sanierungskurs bereitet offenbar größere Herausforderungen, die Reaktion an der Börse fiel eindeutig aus: Ausgehend vom zuvor erreichten Jahreshoch brach der Kurs um knapp 20 Prozent ein. Im zweiten Quartal stieg der Verlust nach Steuern im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von minus 7,8 auf minus 9,4 Mio. Euro. Allerdings war der Vorjahreswert durch einen Sondereffekt in Höhe von 18 Mio. Euro aus der Akquisition von Gallus positiv beeinflusst. Die Umsätze kletterten zwar um knapp sieben Prozent auf 599 Mio. Euro, lagen aber leicht unter den Erwartungen der Analysten.
Die stark positive Entwicklung aus dem ersten Quartal konnte somit nicht aufrechterhalten werden. Wichtig ist aber auch der Blick in die Zukunft. Hier spielt natürlich der Auftragseingang eine entscheidende Rolle, der sich im Berichtszeitraum mit einem Zuwachs von gut sieben Prozent auf 620 Mio. Euro etwas besser entwickelte als erwartet. "Wir liegen zur Halbzeit des laufenden Geschäftsjahres im Plan, unsere angestrebten Jahresziele zu erreichen", sagte Dirk Kaliebe, Finanzvorstand und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Unternehmens. "Wie in den Vorjahren erwarten wir in der zweiten Jahreshälfte einen weiteren Anstieg bei Umsatz und Ergebnis."
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Heidelberg setzt auf die digitale Welle
In Bezug auf die einzelnen Segmente zeigen die jüngsten Zahlen sehr deutlich, wo noch Hausaufgaben zu erledigen sind. Besonders der Bereich Equipment enttäuschte, die Optimierung von Strukturen und Prozessen im Werk Wiesloch führte zu Ineffizienzen. Die vollständige Umsetzung bis zum Geschäftsjahresenden sollte aber besonders im zweiten Halbjahr die Profitabilität im Bereich der Bogendruckmaschinen weiter verbessern. Mit dem Umzug der Hauptverwaltung von Heidelberg nach Wiesloch wurden bereits wichtige Strukturmaßnahmen abgeschlossen, um die künftigen Prozesse zu beschleunigen bei gleichzeitig sinkenden jährlichen Betriebskosten für die Standorte.
Im Gegensatz dazu zeigt der Bereich Services erneut eine klar positive Entwicklung. Im vergangenen Geschäftsjahr stärkte Heidelberger Druck seine Position bei den Verbrauchsmaterialien durch die Übernahme des langjährigen Partners PSG. Die Hälfte des geplanten Mehrumsatzes von rund 100 Mio. Euro durch die Akquisition wurde bereits nach sechs Monaten realisiert. Heidelberg plant in diesem Wachstumssegment auch in der Zukunft weitere Zukäufe. Mittelfristig sollen rund 50 Prozent des Konzernumsatzes mit Service und Verbrauchsmaterialien erzielt werden. Mit der Ausrichtung ist Heidelberg künftig nicht mehr so stark konjunkturellen Schwankungen unterworfen. Auch die stärkere Fokussierung auf den Bereich Digitaldruck zahlt sich langsam aus. So konnte ein deutsches Start-up-Unternehmen aus der Nahrungsmittelbranche für seine neueste Entwicklung im Bereich des 4D-Drucks überzeugt werden. Auch der Verkaufsstart der neuen digitalen Etikettendruckmaschine für den Verpackungsmarkt verlief erfolgreich. Der nächste digitale Meilenstein ist bereits in Sicht: Auf der Branchenmesse drupa präsentiert Heidelberg im kommenden Jahr die erste industrielle Bogen-Digitaldruckmaschine.
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KGV ist sehr verlockend
Die kürzlich gemeldeten Zahlen für das abgelaufene Quartal enthielten einige negative Überraschungen, die Turnaround-Story ist aber weiter intakt. Kurzfristige Rückschläge sind bei Unternehmen, die harte Restrukturierungen durchführen, immer einzuplanen. Wichtig ist zudem, dass die ausgegebenen Ziele für das Gesamtjahr bestätigt wurden. Aufgrund der soliden Auftragsentwicklung wird für das laufende Geschäftsjahr 2015/16 ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum von zwei bis vier Prozent avisiert. Wie bereits im Vorjahr dürfte der Umsatzanteil in der zweiten Jahreshälfte höher ausfallen. Greifen wie erwartet die Maßnahmen zur Margensteigerung und Portfoliooptimierung, wird unter dem Strich eine operative Marge gemessen am Ebitda von mindestens acht Prozent erreicht nach 3,8 Prozent in 2014/15. Besonders hinsichtlich der Marge ist die wachsende Bedeutung des Bereichs Services zu begrüßen. Heidelberg dürfte hier eine Quote von neun bis elf Prozent erzielen, verglichen mit vier bis sechs Prozent im Segment Equipment.
Unter dem Strich eignet sich die Aktie aber nur für risikobereite Anleger als Depotbeimischung. Nach der jüngsten Korrektur von rund 20 Prozent sind viele kurzfristige Spekulanten ausgestiegen, die Gefahr von weiteren Verlusten sollte daher eher gering sein, sofern neue Hiobsmeldungen ausbleiben. Wer jetzt noch investiert ist, setzt auf einen mittelfristigen Turnaround. Die Chancen sind gut, und auch die Bewertung passt. Börse Online rechnet nach einem Minus von 0,29 Euro je Aktie im vergangenen Jahr mit einem Gewinn von 0,28 Euro in 2016. Damit liegt das 2016er-KGV bei acht, nur Tom Tailor unter den SDAX-Werten ist noch günstiger zu haben.
Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. www.index-radar.de