Das Heidelberger Unternehmen senkte erneut den Ausblick, doch die Anleger sahen dies nun entspannter, da dies dem umfangreichen Maßnahmenpaket geschuldet ist, das Heidelberger Druck auf sicherere Füße stellen soll sowie der Unsicherheit wegen der Coronavirus-Pandemie.
Ein Händler wertete es vor allem positiv, dass der nun geplante Umbau auf die Verbesserung der Ertragskraft ziele, und außerdem die Finanzkraft gestärkt werde. Vor allem in Zeiten, wo auf fallende Kurse gewettet werde, und Heidelberger Druck zunehmend in seiner Existenz bedroht gewesen sei, kämen die Aussagen zum richtigen Zeitpunkt.
Heidelberger Druck hatte am Dienstagabend über einen weiteren Konzernumbau samt Stellenstreichungen informiert. Um die geplanten umfangreichen Schritte zu finanzieren und die finanzielle Stabilität zu erhöhen, sollen dafür Liquiditätsreserven zurückgeführt werden. Dabei geht es um rund 375 Millionen Euro aus dem Treuhandvermögen des 2005 gegründeten Heidelberg Pension-Trusts. Der Betrag soll auch dafür verwendet werden, eine hoch verzinsliche Anleihe mit einem Volumen von 150 Millionen Euro vorzeitig zurückzuzahlen, was von dem Händler ebenfalls positiv erwähnt wurde.
"Dieser Schritt sichert die Zukunft des Unternehmens", schrieb Stefan Augustin vom Analysehaus Pareto Securities und empfiehlt die Aktie nun sogar zum Kauf. Der Druckmaschinenhersteller unternehme etwas und bringe zudem seine Nettoverschuldung dank der Rückführung von Mitteln aus dem Treuhandvermögen der Nullgrenze nahe.
Commerzbank-Analyst Malte Schulz kommentierte ähnlich: "Die 375 Millionen Euro Liquidität sind für Heidelberger Druck eine dringend nötige Erleichterung in dieser schwierigen Zeit und beseitigen einige Sorgen hinsichtlich des kurzfristigen Überlebens."
Dass der Kurssprung zeitweise so kräftig war trotz des sehr schwachen Gesamtmarktes, liegt jedoch nicht nur an der Begeisterung von Anlegern. "Laut Bloomberg sind 15,5 Millionen Aktien von den Investoren Immerson Capital, Bluemountain Capital und Worldquant leerverkauft. Da kann auch mal Eindeckungsbedarf entstehen", sagte ein Händler. Mit Leerverkäufen werden Aktien verkauft, die lediglich geliehen sind. Wer so auf fallende Kurse setzt, erwartet, dass er die verkauften Papiere zu einem späteren Zeitpunkt günstiger zurückkaufen kann. Steigt die Aktie aber, müssen sich Leerverkäufer rasch auch zu höheren Preisen wieder eindecken, um ihre Verluste zu begrenzen.
Bereits seit Jahrzehnten kennen die Aktien von Heidelberger Druck fast nur noch den Weg nach unten. Ihr Rekordhoch aus dem Jahr 2000 bei über 73 Euro liegt lang zurück. Zuletzt hatte sich die Talfahrt der Papiere Ende des vergangenen Jahres wieder deutlicher beschleunigt. Erst am gestrigen Dienstag waren sie im Handelsverlauf auf ein neues Rekordtief gesackt. Dieses Mal war es runter bis auf 0,483 Euro gegangen. Der Verlust allein im bisherigen Jahresverlauf summierte sich damit auf 58 Prozent.
dpa-AFX