Ein ungewöhnliches Problem hatte Helma Eigenheimbau in den vergangenen Jahren: zu viel Nachfrage. Eigentlich sollte der Anbieter massiv gebauter Fertighäuser vom Immobilienboom profitieren, doch der Andrang schafft Engpässe. Überlastete Behörden verzögern den Baubeginn, rare Handwerker treiben die Kosten. Zweimal musste Helma in den vergangenen beiden Jahren daher die Umsatzziele zusammenstreichen. Die Aktie, einst ein Liebling der Nebenwerteinvestoren, verlor in der Folge von ihren Höchstständen um 60 Euro fast 40 Prozent. Seither hat der Umsatz als Prognosegröße ausgedient, sind die Kapazitäten der Branche doch weiter mehr als ausgelastet und die Baukosten im Aufwind. Das Familienunternehmen verzichtet daher lieber auf wachsende Einnahmen und konzentriert sich stattdessen auf seine Marge. Als neue Messlatte hat sich Helma das Ergebnis vor Steuern ausgesucht.
Im vergangenen Jahr gelang es so trotz sinkender Umsätze, die eigenen Pläne wieder einzuhalten. Der Vorsteuergewinn (EBT) stieg mit 21,1 Millionen Euro um fast elf Prozent, avisiert war eine Spanne von 21 bis 22,5 Millionen Euro. Für Firmenchef Gerrit Janssen hat Helma damit den "langjährigen Wachstumspfad wieder aufgenommen". Dieses Jahr soll das EBT erneut um mindestens elf Prozent auf 23,5 bis 26 Millionen Euro zulegen.
Günstig eingekauft
Die Fähigkeit, trotz sinkender Umsätze und anziehender Baukosten den Gewinn zu steigern, verdankt Helma seinem Bauträgergeschäft. Dabei werden für den Traum vom Eigenheim nicht nur Wände und Dach geliefert, sondern auch Grund und Boden. Die eigenen Flächen wiederum wurden "im Verhältnis zu den erzielten Verkaufspreisen zu günstigen Grundstückseinstandskonditionen" erworben. Anders formuliert: Verkauft Helma ein Haus samt Grundstück, profitiert das Unternehmen auch von den anziehenden Bodenpreisen. So wurden im vergangenen Jahr die gestiegenen Bau- und Lohnkosten kompensiert und die Vorsteuermarge wurde auf neun Prozent gesteigert.
Der Geschäftsbereich umfasst neben individuell gestalteten Bauten auch vorgeplante Mehrfamilien- und Reihenhäuser sowie Eigentumswohnungen. Er stand im vergangenen Jahr für rund die Hälfte des Umsatzes. Weitere 17 Prozent steuerte das Bauträgergeschäft für Ferienimmobilien bei, das restliche Drittel erwirtschaftete Helma durch den Bau von Häusern auf den Grundstücken ihrer Kunden.
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Bauplätze für Milliarden
Die Entwicklung dürfte sich fortsetzen, zogen doch die Auftragseingänge im Bauträgergeschäft für Wohngebäude mit einem Plus von 33,6 Prozent am stärksten von allen Segmenten an. Aber auch die anderen Geschäftsbereiche verzeichneten ein Orderplus im jeweils zweistelligen Prozentbereich. Dass Helma-Grundstücke derart gefragt sind, liegt an deren Lage. Wohngebiete mit bis zu 250 Bauplätzen befinden sich in Hamburg, Hannover, Berlin, Leipzig und München oder in deren Speckgürtel. Bald sollen auch Frankfurt, die Metropolregion um Köln sowie Würzburg hinzukommen. Besonders in den Ballungsräumen hinkt der Wohnungsbau dem Bedarf seit Jahren hinterher. Helma aber gelingt es immer wieder, neues Bauland zu erwerben. Das Unternehmen bilanziert die Flächen in den Vorräten und baute den Bestand voriges Jahr um 20 Millionen auf 220 Millionen Euro aus. Auf den eigenen Grundstücken können laut den Niedersachsen in den kommenden Jahren fast 3400 Häuser für 1,36 Milliarden Euro errichtet werden. Der Großteil soll in den kommenden fünf Jahren gebaut werden.
Damit erhöhte sich das Umsatzpotenzial laut der Investmentbank Warburg zum Vorjahr um 16 Prozent, wobei das Plus maßgeblich auf die höhere Zahl von Wohneinheiten und nicht auf höhere Preise zurückgehe. Gleichzeitig rechnet Helma mittelfristig damit, als Bauträger mindestens 200 und als Baudienstleister 100 Millionen Euro Umsatz pro Jahr zu machen. Zum Vergleich: 2018 lag der Gesamtumsatz bei 253,2 Millionen, die Einnahmen aus dem Bauträgersegment beliefen sich auf 166 Millionen. Neben der Nachfrage nach den Helma-Häusern dürfte damit auch die nach der Aktie wieder steigen.