Dann wurde dem Fahrdienstleister Didi kurz nach dem Börsengang in den USA das Geschäft auf dem Festland massiv eingeschränkt. US-Investmentbanken haben sich bei der chinesischen Finanzaufsicht beklagt. Nun hoffen Investoren, dass sich die Lage wieder normalisieren könnte. Die Aktien von Alibaba, Tencent & Co werden nach dem Kursrückgang schon wieder als Schnäppchen gehandelt. Natürlich reizt deren angeblich gute Marktstellung in dem riesigen Land. Doch bevor sich Privatanleger in dieses Abenteuer stürzen, sollten sie ein wenig hinter die Kulissen blicken. Bei den Firmen, deren Aktien auf den Kauflisten stehen, handelt es sich oft nicht um chinesische Unternehmen, sondern um Briefkastenfirmen, gern mit Sitz auf den Cayman-Inseln.
Erkennbar ist das an der ISIN, die keinen chinesischen Ländercode (CN) besitzt. Der Zugang nach China erfolgt über Beteiligungsstrukturen letztlich zu einer sogenannten Variable Interest Entity (VIE). Der gehört das operative Geschäft, sie wird aber von Privatpersonen kontrolliert. Die VIE signalisiert den Behörden also: Ausländische Aktionäre haben nicht die Kontrolle. Denen wird hingegen mit einem Versprechen das Signal gesendet, das ihnen der Nutzen des operativen Geschäfts zustehen würde. Ein Trugschluss. Wer in die Prospekte schaut, sieht, dass die Trennlinie zwischen Offshore-Aktionären und Onshore-Geschäft juristisch kaum zu knacken ist. Das zeigen auch Bemühungen von Investoren, die versucht haben, in dieser Konstruktion Zugriff auf Festland-Vermögen zu erlangen. Ihre Klagen wurden vor Gericht nicht zugelassen. Damit ist die Offshore-China-Aktie kein klassisches Aktien-Investment, sondern ein Lotterielos, das Regierung oder Justiz in China über Nacht zur Niete machen können.
Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.