Der Analyst sieht hohe Risiken im europäischen Stahlgeschäft. Diese Einschätzung ist angesichts der aktuellen Verhältnisse nachvollziehbar. Doch gibt es bei allen drei Konzernen verborgene Substanz. Und bei der Abstufung jeder der drei Aktien wurde eine imaginäre Linie wohl deutlich unterschritten. Thyssenkrupp wird nur noch mit 3,54 Milliarden Euro bewertet. In der Bilanz steht jedoch ein Netto-Bargeldguthaben von 2,4 Milliarden Euro. Der Konzern wird in diesem Jahr einen Nettogewinn von einer Milliarde abliefern. Dann gibt es noch die Wasserstofftochter Nucera, deren Wert bei einem Börsengang jenseits der Milliardengrenze liegen wird. Und da sind auch noch die Werften. Die haben mit den zusätzlichen Verteidigungsausgaben nun einen Wert, der weit über der Milliardengrenze liegen dürfte. Das heißt: Der Stahl hat auf die Bewertung keinen Einfluss mehr.
Die Rechnung bei Salzgitter ist noch einfacher. Der Stahlhersteller wird an der Börse mit 1,4 Milliarden Euro bewertet. Zum Konzern gehört noch eine 30-prozentige Beteiligung am Kupferverarbeiter Aurubis, die im Moment rund 900 Millionen Euro wert ist. Heißt: Anleger zahlen für ein Stahlgeschäft, das in diesem Jahr einen Vorsteuerertrag von über einer Milliarde Euro beisteuern wird, im Moment 500 Millionen Euro. Bei Klöckner & Co liegt der Börsenwert bei rund 743 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr wird das Betriebsergebnis rund 500 Millionen Euro erreichen. Das heißt, der Börsenwert wird 2022 über das Betriebsergebnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zurückverdient. Die nicht berücksichtigte Reserve liegt in der digitalen Handelsplattform, über die annualisiert 2022 schon etwa 1,5 Milliarden Euro abgewickelt werden könnten. Dieses Geschäft allein kann bei den hohen Wachstumsraten mehr wert werden als die aktuelle Marktkapitalisierung.
Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.