Weil der Titel seit April niedriger notiert und Osram schwache Zahlen meldete, scheinen die Investoren aufzuatmen. Immerhin betrage das Aufgeld gegenüber dem Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate mehr als 22 Prozent. Auch Vorstand und Aufsichtsrat wollen das Angebot unterstützen. Ob der Vorstand dabei vor allem die eigenen Interessen im Blick hat?
Schon ohne Nebenabreden gibt es bei einer Übernahme zwei volle Jahresgehälter mit Prämien. Das ist vielleicht attraktiver, als eine Restrukturierung durchzuziehen. Liegt der Deal aber im Interesse anderer Stakeholder wie Mitarbeiter, Zulieferer und Aktionäre, wie die Organe behaupten?
Die Transaktion hat einen Eigenkapitalwert von 3,4 Milliarden Euro. Wer solche Deals kennt, weiß, dass Beteiligungsfirmen viel fremdfinanzieren. Hier werden es wohl mindestens 1,3 Milliarden Euro sein. Das Geld steht Osram nicht zur Verfügung, Zinsen und Tilgung muss der Konzern bezahlen. Zugleich haben Carlyle und Bain ihre Unterstützung für Wachstumsprojekte, Akquisitionen und Produktentwicklungen zugesagt.
Außerdem sollen Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und ähnliche Abkommen ebenso wie die bestehenden Pensionspläne unverändert erhalten bleiben. Und trotzdem versprechen sich die Beteiligungsfirmen am Ende noch einen Gewinn. Für Aktionäre heißt das: Wenn die Firma mit Schulden zugepflastert wird und trotzdem den Umbau bewerkstelligen kann, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder sind die Zusagen die Tinte nicht wert, was schlecht für Zulieferer und Mitarbeiter wäre, oder Osram hat viel eigenes Potenzial, das der Konzern in Eigenregie heben könnte - bei einer besseren Besetzung in Vorstand und Aufsichtsrat. Klar ist: Dieses Potenzial ist mit dem gegenwärtigen, unattraktiven Angebot nicht abgegolten.
Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.