Die HV wird auch die Grundlage für das geplante Delisting der Aktie aus dem regulierten Börsensegment schaffen. Den Aktionären bietet Rocket Internet 18,57 Euro als Ausgleichszahlung an. Damit nutzt die Gesellschaft eine Lücke im Aktionärsrecht schamlos aus. Bei einem Börsenrückzug muss es zwar eine Ausgleichszahlung geben, die bemisst sich aber an kurzfristigen Durchschnittswerten. Im Fall von Rocket liegt der weit unter dem Zerschlagungswert. Experten sagen, die Firma sei mindestens 30 Euro pro Aktie wert. Gerade Investmentfonds, die satzungsgemäß nur auf regulierten Märkten agieren dürfen, müssen verkaufen. Dahinter stehen Privatanleger, die geschädigt werden. Die Deutsche Börse und vor allem der Gesetzgeber haben Nachholbedarf.
Bei einem Delisting müssen die Regeln neu gefasst werden. Ähnlich wie beim Gewinnabführungsvertrag, der die Rechte der Anteilseigener einschränkt, sollte ein HV-Beschluss mit Dreiviertelmehrheit und ein Wertgutachten zur Ausgleichszahlung verpflichtend sein. Das gilt in diesem Fall umso mehr, da die Brüder Samwer als Großaktionäre nicht einmal die Hälfte der Aktien halten. Für Privatanleger, die die Aktie direkt halten, gibt es keinen Grund zu verkaufen. Im Gegenteil, das aktuell gedrückte Niveau ist sogar für einen Kauf attraktiv. Die Aktie dürfte nach dem Delisting weiterhin im Freiverkehr gehandelt werden. Auf eine geringere Transparenz kann man in Fall von Rocket Internet gut verzichten. Die gesetzlichen Regelungen zu Geschäftsberichten und Aktionärsversammlungen muss die Gesellschaft befolgen. Wer Geduld hat, dürfte gut entlohnt werden. Der innere Wert der Aktie liegt um rund 50 Prozent höher. Und durch die Einziehung der während des Delistings zurückgekauften Aktien wird sich der Discount sogar noch erhöhen.
Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.