Auch Lone Star will jetzt Cash sehen. Nur zwei Jahre nach dem Kauf des ostdeutschen Gewerbeimmobilienspezialisten TLG für 1,1 Milliarden Euro will der US-Finanzinvestor innerhalb der
nächsten Wochen seine Beteiligung in Frankfurt an die Börse bringen. Der Großteil des auf 500 Millionen Euro geschätzten Emissionsvolumens soll dem angelsächsischen Großaktionär zufließen. TLG selbst will 100 Millionen Euro einnehmen, die das Unternehmen in den Zukauf von Büroimmobilien investieren will.
Bisher verfügt TLG über 800 Büros, Hotels und Einzelhandelsimmobilien in Städten wie Berlin, Dresden und Rostock, darunter auch begehrte Objekte wie die Kulturbrauerei, den Spreestern in Berlin und das Zwinger-Forum in Dresden einschließlich Einkaufszentrum und Hotel. Zu den Mietern gehören Konzerne wie Daimler oder SAP. Der Wert des Portfolios wird auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt, abzüglich Schulden auf 900 Millionen Euro. Zur Einordnung: Konkurrent DIC Asset ist auf dem Parkett 460 Millionen Euro wert.
Das Umfeld für das TLG-Debüt passt. Die Stimmung im Vorfeld der Münchner Branchenmesse Expo Real ist gut - inzwischen auch im Büroimmobiliensektor, wo das Debakel des Branchenprimus IVG viel Anlegervertrauen zerstört hat. Der hoch verschuldete Bonner Konzern wurde erst vor Kurzem aus dem Insolvenzverfahren entlassen. Das war auch deshalb möglich, weil Immobilienkonzerne derzeit nahezu die
beste aller Welten erleben.
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Niedrigzins als Kurstreiber
Für die Unternehmen, bei denen Refinanzierungskosten ein wichtiger Gewinnbringer sind, ist das Dauerzinstief an den Kapitalmärkten ein Geschenk. Obendrauf kommt Deutschlands relativ robuste Konjunktur, die Gewerbeimmobilien heiß begehrt macht. "Es werden viele große Transaktionen vorbereitet, von denen aber ein wesentlicher Teil erst 2015 abgeschlossen sein wird", sagt Fabian Klein, Investmentchef des internationalen Maklers CBRE für Gewerbeimmobilien in Deutschland.
Das Transaktionsvolumen legte während der ersten sechs Monate im Vergleich zum Vorjahr um gut ein Drittel auf knapp 17 Milliarden Euro zu. "Für 2014 erwarte ich 35 Milliarden Euro Volumen, das drittbeste Jahr der Branche", freut sich Klein. Logistikimmobilien sind besonders gefragt und bescheren der Aktie des Spezialisten VIB Vermögen einen stabilen Aufwärtstrend. Nur der dividendenstarke Titel der auf Büroimmobilien spezialisierten DIC profitiert bisher nicht vom starken Markt. Die Trendwende könnte ein erfolgreiches Börsendebüt von TLG bringen.
Bei institutionellen Anlegern begehrt sind dagegen die Papiere der Wohnungsverwalter. Der kürzliche Aufstieg von Primus Deutsche Annington in den MDAX hat die Wahrnehmung des Sektors bei den Investoren nochmals erhöht. Die Bochumer
verwalten bundesweit 190 000 Wohnungen und sind mit Abstand die größten - auch in Europa.
Auf dem Parkett glänzen die Papiere der Unternehmen seit Jahresbeginn mit Kurssteigerungen zwischen 20 und 40 Prozent. Die Konzerne haben das günstige Umfeld genutzt, um ihre Schuldenberge aus der Zeit, als Finanzinvestoren die Bilanzen mit Verbindlichkeiten vollpackten, auf Normalmaß zu schrumpfen. Die Zinslast sinkt, es bleibt mehr Geld in den Kassen für nachhaltige Dividendenzahlungen und hohe Renditen. Für Staatsfonds, Versicherungen,Pensionsfonds oder Versorgungswerke sind die Aktien deshalb Alternativen zu Staatsanleihen. Vor allem aus dem Ausland strömt den Wohnungsgesellschaften
viel Geld zu.
Der Mittelzufluss macht erfinderisch. So hat Patrizia den eigenen Immobilienbesitz
weitgehend verkauft, baut im Auftrag von Investoren milliardenschwere Portfolios auf und verwaltet diese. Dazu gehören auch Neubauprojekte im Auftrag Dritter, wodurch die Schwaben von den steigenden Mieten in Städten wie Berlin, München, Frankfurt und Hamburg profitieren. "Fast eine halbe Milliarde Euro floss im ersten Halbjahr in Neubauprojekte", weiß Konstantin Kortmann, beim Maklerkonzern Jones Lang LaSalle für Wohnimmobilien verantwortlich.
Nicht die einzige Innovation in der Branche: Um noch günstiger an Geld zu kommen, ließ Deutsche Annington die Bilanz von Ratingagenturen bewerten und ergatterte als erster Immobilienkonzern ein Investment-Grade-Rating.
Neu ist auch die Wachstumsstrategie der Immo-Riesen. Große Transaktionen von Wohnungsportfolios werden künftig die Ausnahme sein. Gewinnsteigerungen müssen deshalb überwiegend über eine effizientere Bewirtschaftung erreicht werden.
Aus Anlegersicht interessanter sind daher kleinere Firmen. Sie bringen zudem Übernahmefantasie mit. Etwa Westgrund: Die Berliner haben ihren Bestand auf knapp 20 000 Einheiten fast verdreifacht. Die notwendige Kapitalerhöhung nutzten die Fondsgesellschaften Allianz Global Investors und Asset Value Investors zum Einstieg. Westgrund Chef Arndt Krienen stellt nun erstmals Ausschüttungen in Aussicht: "Nach der Integration des Portfolios wollen wir ab 2016 Dividenden zahlen und streben eine Rendite von etwa drei Prozent an."
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