Etliche der größten Pharmaunternehmen präsentierten sich einige Jahre lang matt und ausgelaugt. Bei manchen der führenden europäischen Branchenvertretern ist das sogar heute noch der Fall. Aktionäre von Bayer und Merck KGaA können ebenso ein Lied davon singen wie Anteilseigner der Schweizer Unternehmen Novartis und Roche.
Deutlich besser sehen inzwischen die führenden US-Sektorvertreter aus. Der Index S & P 500 Pharmaceutical Total Return verbuchte seit dem 8. Mai dieses Jahres ein Plus von 17 Prozent. Das erstaunt insofern, als die US-Sektormitglieder besonders wegen der politischen Forderungen hinsichtlich niedrigerer Medikamentenpreise im Fokus stehen. Das hat die führenden Investmentbanken wie Morgan Stanley, Bank of America Merrill Lynch oder UBS jedoch nicht daran gehindert, Pharmaaktien jüngst zum Kauf zu empfehlen.
Moderates Branchenwachstum
Die US-Branchenvertreter genießen schon deshalb eine hervorgehobene Stellung, weil ihr Heimatmarkt der mit Abstand größte weltweit ist. Der Marktanteil der USA war zuletzt mit 34 Prozent mehr als doppelt so groß wie der 16-Prozent-Anteil der fünf größten Pharmamärkte in Europa. Einer Studie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) entnommenen Prognose zufolge soll der US-Marktanteil bis 2022 sogar auf mehr als das Dreifache der europäischen Top 5 ansteigen.
Aber natürlich sind die großen US-Pharmakonzerne auch international stark vertreten. Weil der weltweite Pharmamarkt bis 2022 im mittleren einstelligen Prozentbereich wachsen soll, verspricht das solide Rahmendaten.
Gleichzeitig ist in den kommenden fünf Jahren allerdings wieder mit einer größeren Zahl ablaufender Patente zu rechnen. Die LBBW beziffert das betroffene Umsatzvolumen bis 2024 auf rund 250 Milliarden Dollar. Im Gegenzug ist aber auch mit einer hohen Anzahl von Neuzulassungen zu rechnen. Im Schnitt dürften pro Jahr laut LBBW in den USA 40 bis 50 neue Medikamente auf den Markt kommen.
Analysten lobten den Sektor bei ihren jüngsten Kaufempfehlungen für dessen defensiven Charakter. Vor allem in einem von vielen politischen Unsicherheiten geprägten Umfeld gilt das als Vorteil. Die nachlassende Skepsis gegenüber Pharmaaktien bringt immer mehr Anleger dazu, die relativ moderaten Bewertungen wieder stärker als Anlageargument wahrzunehmen. Das Branchen-KGV bewegt sich jedenfalls sowohl unter dem eigenen historischen Schnitt als auch unter dem des Gesamtmarkts.
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Sechs Kaufkandidaten
Bei der Auswahl unserer Empfehlungen spielt vor allem die Bewertung einer Aktie eine ausschlaggebende Rolle. Ein Unternehmen, das aus unserer Sicht gut dasteht, ist Pfizer - zumindest wenn die Analystenschätzungen aufgehen. Denn im Konsens sagen diese von 2017 bis 2022 einen Gewinnanstieg von 2,65 auf 3,87 Dollar je Aktie voraus. Damit ergibt sich zum Ende des genannten Zeitraums ein KGV von 10,8. Das ist moderat und berücksichtigt bereits die mit auslaufenden Patenten einhergehenden Herausforderungen. Zudem weist die Empfehlungstabelle Pfizer als potenziellen Dividendenerhöher mit solider Dividendenrendite aus.
Ähnlich gut schneidet unter diesen Gesichtspunkten auch Merck & Co. ab. Außerdem fallen Ebit-Marge und Eigenkapitalrentabilität im Branchenvergleich überdurchschnittlich aus. Hinzu kommen eine Reihe vielversprechender Produkte sowie ein hoher Cashflow. Die Börse belohnt das mit Mehrjahreshochs der Aktie. Wir stufen den Wert wieder auf "Kaufen" hoch.
Schon seit dem vierten Quartal 2017 wieder auf Rekordkurs befindet sich die Aktie von Abbott Laboratories. Und auch Eli Lilly steht kurz vor dem Erreichen neuer Bestmarken. Bei Abbott Labs hat die Rekordjagd laut Nachrichtenagentur Dow Jones folgenden Hintergrund: Die Kerngeschäftsfelder Ernährung, Medizinprodukte, verschreibungspflichtige Medikamente in Schwellenländern und medizinische Diagnostik wachsen schneller als bei ähnlich kapitalisierten Unternehmen. Allerdings liegt hier die Bewertungslatte auch etwas höher, was sich bei Erfüllung der Wachstumserwartungen jedoch relativiert.
Eli Lilly wiederum tummelt sich mit eigenen Produkten in Bereichen wie Psychiatrie und Neurologie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Endokrinologie, Onkologie, Infektiologie sowie Veterinärmedizin. Die Produktpipeline ist laut DZ Bank mit einigen Mitteln in Spätphasen der klinischen Erprobung bestückt. Zudem ist mit der für 2019 geplanten vollständigen Abspaltung der Tiergesundheitssparte eine weitere Fokussierung auf Pharma beabsichtigt. Das alles lässt uns auf einen Vorstoß in neue Kurshöhen schließen.
Schon länger zum Kauf raten wir bei Bristol-Myers Squibb und Johnson & Johnson. Diese Einschätzung behalten wir bei, wobei die Chartbilder hier etwas weniger gut aussehen als bei den vier anderen Favoriten. Das gilt insbesondere für Bristol-Myers Squibb: Die Aktie steckt schon seit Ende 2014 in einem Seitwärtstrend. Doch zuletzt glänzte sowohl das Krebsmittel Opdivo als auch der Blutverdünner Eliquis mit hohen Wachstumsraten. Das ist der Grund, warum sich der Kurs des Pharmakonzerns, der Biopharmazeutika zur Behandlung von Krebs, Herzkrankheiten, Hepatitis und Rheuma entwickelt, deutlich vom Jahrestief gelöst hat. Bereits erfüllte Analystenerwartungen sollten hier weiter steigende Kurse ermöglichen.
Auch die Aktie von Johnson & Johnson profitierte zuletzt von guten Halbjahreszahlen. Schafft der Pharmakonzern und Konsumgüterhersteller es nun, die sehr gute Diversifikation auf der Produktebene mit Pipeline-Erfolgen zu untermauern, sollte auch der Aktienkurs anziehen. Zudem sprechen 55 Jahre ununterbrochener Dividendenerhöhung dafür, dass sich das Unternehmen in einer guten Verfassung befindet.