Börsianer setzen auf ein Comeback des Modehändlers Zalando. Kurzfristig spielt das Wetter eine wichtige Rolle, auf lange Sicht das große Wachstumspotenzial – warum jetzt sogar über 70 Prozent Kurschancen winken könnten.

Es wird Herbst. Zumindest der Modehandel hofft auf einen schnellen Temperaturabfall. Das würde das Geschäft mit wärmerer Kleidung antreiben. Dicke Jacken, Pullover und festes Schuhwerk sind für den Handel ergiebiger als luftige Sommerbekleidung. Je schneller sich der Sommer verabschiedet, desto besser.

Ein früher Start in die Herbst- und Wintersaison verringert die Gefahr, dass Händler die Regale mit extremen Rabatten leeren müssen. Die saisonale Zyklik der Branche lässt sich in den Geschäftszahlen von Zalando ablesen. Der Onlinehändler erzielt regelmäßig mehr als 30 Prozent des Umsatzes im vierten Quartal.

Zalando-Aktie – darum könnte es bald deutlich bergauf gehen

Wie ein trister Herbst wirkt der Kursverlauf der im DAX notierten Zalando-Aktie: Nach dem Boom der Corona-Pandemie ist der Kurs in der Spitze um 85 Prozent eingebrochen und bewegte sich zuletzt seitwärts.

Jetzt gibt es positive Signale. Sinkende Zinsen wecken die Hoffnung auf eine Konjunkturerholung auch in Europa. Das würde die Konsumlaune verbessern und das Geschäft des Handels antreiben. Zalando wäre einer der Hauptprofiteure einer Konjunkturwende. Die Berliner sind mit fast 50 Millionen Kunden Marktführer im europäischen Online-Modemarkt. Das Wachstumspotenzial ist groß: Langfristig wolle man 15 Prozent des europäischen Modemarkts bedienen, heißt es bei Zalando. Bei insgesamt 450 Milliarden Euro wären das mehr als 67 Milliarden Euro Umsatz.

Zalando verkauft selbst Waren, bietet seine Infrastruktur aber auch anderen Händlern an. Die vielen Besucher der Internetseite hinterlassen derweil massenhaft Daten, die Zalando für die Verbesserung des Angebots nutzen kann. Eine Kooperation mit dem KI-Pionier OpenAI soll helfen, das Potenzial auszuschöpfen.

Die Geschäftsergebnisse aus dem zweiten Quartal sind ermutigend: Der Umsatz stieg um 3,4 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro, der bereinigte operative Gewinn um 19 Prozent auf knapp 172 Millionen. Beide Werte lagen leicht über der Analystenerwartung. Schwung gab insbesondere das Geschäft mit Sportartikeln, Designerware und Beauty-Produkten. Eine weniger beachtete, aber beim Blick nach vorn wichtige Kennziffer: Die Zahl der aktiven Kunden stieg zum Vorquartal um 300 000. Das war der erste Anstieg seit dem Schlussquartal 2022, was JP Morgan als einen positiven Vorlaufindikator für das zweite Halbjahr wertet.

Eine Gefahr für den europäischen Modehandel ist die Konkurrenz durch chinesische Billiganbieter wie Shein und Temu. Zalando muss sich nicht verstecken. Die Berliner können ihren Kunden besseren Service und höherwertige Produkte aus dem mittleren Preissegment bieten. Ein Börsengang von Shein würde die Finanzkraft des Rivalen stärken, könnte im Erfolgsfall aber auch das Bewertungsniveau des gesamten Sektors nach oben ziehen.

Zalando (WKN: ZAL111)

Bis zu 70% Kurschance für die Zalando-Aktie

Die Aktie von Zalando sollte in einem besseren Konjunkturumfeld deutliches Aufwärtspotenzial haben. Der Vorstand plant für das Gesamtjahr mit einem Umsatzwachstum von bis zu fünf Prozent und einem operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) zwischen 380 Millionen Euro und 450 Millionen Euro.

Das soll nur eine Zwischenstation sein: Das Ebit würde laut Analystenkonsens von 433 Millionen Euro im laufenden Jahr bis 2027 auf knapp 739 Millionen steigen. Der bereinigte Gewinn je Aktie dürfte in diesem Zeitraum sogar um durchschnittlich rund 30 Prozent zulegen. Auf dieser Basis lässt ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 22 Raum für Gewinne. Das durchschnittliche Analystenziel liegt bei 33 Euro. Optimisten wie Warburg halten sogar 47 Euro für möglich – das entspräche einer Kurschance von über 70 Prozent.

Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Print-Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Die finden Sie hier

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