Endgültig ist das Gerichtsurteil aber noch nicht: Die Staatsanwaltschaft hält sich offen, beim Bundesgerichtshof Revision zu beantragen. Ob die Strafverfolger diesen Schritt gehen, wollen sie nach Angaben eines Sprechers nicht vor Anfang kommender Woche entscheiden, spätestens aber bis zum Ende der Entscheidungsfrist am Donnerstag. Die Staatsanwaltschaft hatte eine deutlich höhere Haftstrafe für Hoeneß gefordert - fünfeinhalb Jahre. In jedem Fall können nach Angaben eines Justizsprechers bis zu einem Haftantritt in der Justizvollzugsanstalt in Landsberg am Lech noch Wochen vergehen. Hoeneß befindet sich gegen eine millionenschwere Kaution vorläufig auf freiem Fuß.
Der Sportmanager hatte mit einem Schweizer Bankkonto über 28 Millionen Euro Steuern auf Spekulationsgewinne hinterzogen. Er hatte versucht, mit einer Selbstanzeige beim Finanzamt eine Strafe abzuwenden, wie es das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht. Das Gericht ließ diese Logik jedoch nicht gelten, weil die Selbstanzeige unvollständig gewesen sei. Allerdings hielten die Richter Hoeneß zugute, dass er alles eingeräumt und sich im Grunde selbst verraten habe.
"Steuerhinterziehung war der Fehler meines Lebens. Den Konsequenzen dieses Fehlers stelle ich mich", erklärte der Fußballmanager am Freitag. Er habe sich nach Gesprächen mit seiner Familie entschlossen, diese Konsequenzen aus der Verurteilung zu ziehen. Hoeneß hinterlässt bei Deutschlands erfolgreichstem Fußballklub eine große Lücke, seit Jahrzehnten prägt er den FC Bayern. Als er im November 2009 Franz Beckenbauer als Präsident ablöste, war Hoeneß bereits fast 40 Jahre aktiver Spieler, Manager und Vorstand der Bayern. In dieser Zeit feierte Hoeneß mit der Mannschaft insgesamt rund 50 Titel, darunter den Gewinn der Champions League 2001 und 2013, den UEFA-Pokal-Sieg 1996 sowie zahlreiche Deutsche Meisterschaften und DFB-Pokalsiege.
Der Aufsichtsrat der Fußballabteilung, in dem auch die Chefs mehrerer Sponsoren sitzen, hob nach Hoeneß Rücktritt dessen bisherigen Stellvertreter Hainer auf den Schild. Der Adidas-Chef nehme die Aufgabe "ab sofort bis auf weiteres" wahr, teilte der FC Bayern mit. Der 59-Jährige Hainer bereitet sich bereits mittelfristig auf einen Abschied aus der Konzernspitze des Sportartikelherstellers vor. Bis 2017 will er dort einen Nachfolger aufgebaut haben und hatte auch mit einem Wechsel in den Adidas-Aufsichtsrat geliebäugelt. "Uli Hoeneß hat mit seinen Führungsqualitäten, seinem hohen persönlichen Einsatz und seiner herausragenden Lebensleistung immer dem Wohle des FC Bayern München gedient", erklärte Hainer nach seiner Wahl.
Hinter den Kulissen herrschte aber Erleichterung über Hoeneß' Rücktritt, wie eine mit den Vorgängen vertraute Person hinter vorgehaltener Hand sagte. Sponsoren wie Adidas, Audi, Volkswagen und die Deutsche Telekom, deren Chefs im Aufsichtsrat der Fußball-AG sitzen, hatten Hoeneß stets verteidigt. Ursprünglich hatte der Aufsichtsrat sogar betont, es gebe "kein Amtsverbot wegen einer strafrechtlichen Verurteilung". Hoeneß wollte seine Zukunft beim FC Bayern bisher von einem Votum der Mitglieder nach dem Gerichtsverfahren abhängig machen, wie er unter dem Jubel seiner Anhänger bei der Hautversammlung im November angekündigt hatte.
Doch zuletzt schwand in der Öffentlichkeit der Rückhalt für das Idol vieler Fußballfans, nachdem sich Hoeneß anfangs vor allem der Kritik aus dem Lager anderer Vereine ausgesetzt sah. In einer Umfrage für das ZDF-Politbarometer sprachen sich in den Tagen bis zum Urteil 56 der Befragten für eine Gefängnisstrafe aus. 70 Prozent hielten einen Rücktritt als Bayern-Präsident für angebracht.
MERKEL LOBT HOENESS - GABRIEL DROHT BANKEN
Bundeskanzlerin Angela Merkel, zu deren Gesprächspartnern Hoeneß bis zum Bekanntwerden seiner Steueraffäre gezählt hatte, zollte ihm Anerkennung für seine Entscheidung. "Ich kann das Urteil natürlich nicht kommentieren. Aber die Tatsache, dass Uli Hoeneß das Urteil jetzt so angenommen hat, nötigt mir hohen Respekt ab", sagte sie am Rande der Handwerksmesse in München. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel drohte unterdessen Schweizer Banken im Streit über die Deckung deutscher Steuersünder mit einer härteren Gangart. Die Verschiebung von Spekulationsgewinnen in Millionenhöhe sei zu einem Geschäftsmodell geworden, beklagte der SPD-Politiker in der "Passauer Neuen Presse" (Freitagausgabe). "Man muss die Schweizer Banken deshalb zwingen, alles offenzulegen." Noch besser wäre es aus seiner Sicht, wenn auch Bankvorstände, die Beihilfe zur millionenfachen Steuerhinterziehung geleistet hätten, vor Gericht gestellt würden.
Reuters