Ihm sei klar, dass ihm nur absolute Steuerehrlichkeit helfe, sagte Hoeneß. Ein zusätzlicher Prozess droht ihm nach deutschem Recht wegen der höheren Summe nicht. Es ist allerdings offen, wie die Strafkammer das Eingeständnis wertet: Zu Hoeneß' Lasten, weil er viel mehr Geld hinterzog, oder zu seinen Gunsten, weil er den deutlich höheren Betrag einräumte. Hoeneß droht eine mehrjährige Gefängnisstrafe, das Urteil soll am Donnerstag gesprochen werden. Bislang ist zudem unklar, wie hoch der tatsächliche Gewinn aus den Spekulationen war. Experten veranschlagten ihn auf einen vorübergehend dreistelligen Millionenbetrag. Insgesamt hätten sich die Kapitalmarktgeschäfte für ihn aber nicht gelohnt, sagte Hoeneß. "Unter dem Strich habe ich von 2003 bis 2009 einen Millionenverlust erlitten."
"DAS PURE ADRENALIN"
Hoeneß zeigte sich enttäuscht, dass ihn die Staatsanwälte trotz seiner Selbstanzeige vom Januar 2013 vor Gericht gestellt haben. Nach Recherchen von Journalisten habe er seinerzeit beschlossen, mit Hilfe mehrerer Berater reinen Tisch zu machen. Seine umfassenden Spekulationen in der Zeit seien auf die Schnelle allerdings nicht zu dokumentieren gewesen. Er habe seinerzeit über ein Zürcher Konto der Schweizer Vontobel-Bank mit Devisen spekuliert und die Gewinne in Wertpapiere angelegt. Über 50.000 Transaktionen seien aufgelaufen. "Es war immer klar, dass das Konto hauptsächlich zum Zocken da war", sagte Hoeneß. Die Beträge seien immer extremer geworden. "Das war der pure Kick, das pure Adrenalin." Ab dem Jahr 2006 habe sich das Glück dann aber gewendet. "Es wurde richtig eng." Sein Freund, der frühere Adidas -Chef Robert Louis-Dreyfus, habe ihm mit Millionenbeträgen aus der Patsche geholfen.
Zu einem wichtigen Streitpunkt entwickelte sich am ersten Prozesstag die lange Zeit fehlende Dokumentation der Schweizer Geschäfte. "Ich hatte keinen Überblick. Letztlich war alles ein großes Durcheinander", sagte Hoeneß, der mit gerötetem Kopf dem Prozess folgte. Dass die Münchner Staatsanwälte trotz der Selbstanzeige einen Haftbefehl und eine Hausdurchsuchung erwirkte, habe ihn schockiert. "Die Folgen für mich und meine Familie waren katastrophal." Er habe sogar Morddrohungen erhalten.
Als Knackpunkt dürfte sich in dem Prozess erweisen, wann der Fußballmanager seine Selbstanzeige auf den Weg gebracht hat. Es blieb vor Gericht zunächst strittig, ob das Magazin "Stern" zum fraglichen Zeitpunkt bereits einen Vorabbericht mit seinem Namen veröffentlicht hatte. Hoeneß hatte zum Teil Mühe, entsprechenden Fragen des Richters Rupert Heindls zu folgen, und neigte bei den Antworten offenbar von der Strategie seiner Anwälte abzuweichen. "Herr Hoeneß, jetzt kommen Sie mal auf den Punkt", blaffte ihn sein erfahrener Verteidiger Hanns Feigen an, der auch den wegen Steuerhinterziehung verurteilten ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel vertrat. Die Anwaltsriege verzichtete zu Prozessauftakt auf die üblichen Winkelzüge wie zahlreiche Befangenheits- und Beweisanträge und gaben der Kammer damit Raum für eine verhältnismäßig zügige Verhandlungsführung.
FÜNF MILLIONEN FÜR SOZIALE ZWECKE
Hoeneß achtete darauf, auf seine Verdienste zu verweisen. "Ich bin kein Sozialschmarotzer", rief er. In den letzten Jahren habe er an die fünf Millionen Euro für soziale Zwecke gespendet und in den letzten zehn Jahren mehr als 50 Millionen Euro an Steuern in Deutschland gezahlt. Dagegen betonte Staatsanwalt Achim von Engel zum Prozessauftakt, Hoeneß habe seinem Miesbacher Finanzamt Kapitalerträge und Verkaufserlöse von gut 33,5 Millionen Euro verschwiegen. Zudem habe er Verlustvorträge über gut 5,5 Millionen Euro falsch deklariert. Die Selbstanzeige von Hoeneß erwähnte der Staatsanwalt nicht.
Das Landgericht München muss vor allem klären, ob der Fußballmanager wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ins Gefängnis muss. Offen ist, ob Hoeneß seine Vergehen so rechtzeitig und umfassend beim Finanzamt angezeigt hat, dass er eine Strafe abwenden kann. Auf Steuerhinterziehung stehen bis zu fünf Jahre Haft, in besonders schweren Fällen zehn Jahre. Der Fußballmanager beruft sich darauf, dass das Gesetz Steuersündern bei einer Selbstanzeige Straffreiheit gewährt.
"ULI HOENEß - LEGEND"
Die Hoeneß-Affäre befeuerte auch die Debatte über den Umgang mit prominenten Steuersündern. Das Rechtsinstrument der Selbstanzeige wird immer stärker genutzt, um einer Strafverfolgung zu entgehen. Allein in Nordrhein-Westfalen stieg die Zahl der Selbstbezichtigungen im Februar auf einen Rekordwert von knapp 1000.
Fans des FC Bayern stärkten ihrem Idol indes demonstrativ den Rücken. Sie verweisen auf die jahrzehntelangen Verdienste des Ex-Fußballers und Weltmeisters von 1974. Hoeneß hatte auch Unterstützer im Gerichtssaal, eine Frau zeigte sich mit einem roten T-Shirt auf dem der weiße Schriftzug "Uli Hoeneß - Legend" prangte.
rtr