Wie aus einer getrennt ermittelten Umfrage hervorgeht, wurden im vorigen Monat rund 2,5 Millionen Stellen außerhalb der Landwirtschaft geschaffen. Die von Reuters befragten Ökonomen wurden auch hier auf dem falschen Fuß erwischt: Sie hatten nach einem Stellenabbau von mehr als 20 Millionen im April für Mai mit weiteren acht Millionen Jobs gerechnet, die dem Rotstift zum Opfer fallen würden.

"Die völlige Überraschung: Nach dem Kahlschlag im April und der größten Stellenstreichung in der Geschichte folgt der stärkste Beschäftigungsaufbau in der Geschichte", so die Reaktion von Analyst Bernd Krampen von der NordLB zu den unerwartet positiven Arbeitsmarktdaten. Diese beflügelten die US-Börsen.

"Die USA scheinen schneller durch die Krise zu kommen als befürchtet", so Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner. Die Lockerung der Kontaktbeschränkungen und das allmähliche Wiederanfahren der Wirtschaft habe Arbeitgeber offenbar dazu bewogen, einen Teil der entlassenen Belegschaft wieder zurückzuholen: "Allerdings ist der Weg zurück noch weit, wurden doch im März und April zusammen über 22 Millionen Personen entlassen", so das Fazit des Ökonomen.

US-Präsident Donald Trump beglückwünschte sich selbst auf Twitter zu dem "wirklich großartigen Job-Bericht". Auf einer eigens anberaumten Pressekonferenz äußerte er sich überzeugt, dass die US-Wirtschaft damit auf den wichtigen Wachstumspfad zurückkehren werde. Die US-Volkswirtschaft werde in den nächsten Monaten schrittweise aus der schwierigen Lage herauskommen. Die pessimistischen Prognosen Ökonomen zum Arbeitsmarkt im Mai hätten sich als "die wohl falschesten in der gesamten US-Geschichte" erwiesen.

Trump hatte seinen Wählern einst versprochen, der größte Jobproduzent zu werden, "den Gott je geschaffen hat". Ihm dürften die besser als befürchtet ausgefallenen Zahlen vom Arbeitsmarkt daher nun sehr gelegen kommen, zumal seine Popularitätswerte sinken. Wenige Monate vor den im November anstehenden Wahlen liegt der Republikaner in einer jüngsten Reuters/Ipsos-Umfrage rund zehn Prozentpunkte hinter Ex-Vizepräsident Joe Biden zurück. Der 77-Jährige soll für die Demokraten als Trump-Herausforderer in die Präsidentenwahl am 3. November ziehen.

WIRTSCHAFT NOCH NICHT ÜBER DEN BERG


Trotz der Freude Trumps über den Arbeitsmarktbericht, ist die US-Wirtschaft wohl noch nicht über den Berg. Volkswirt Ulrich Wortberg von der Helaba verweist darauf, dass im Mai auch die Stundenlöhne nachgaben: "Möglicherweise werden schlechter bezahlte Jobs wieder verstärkt aufgebaut. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Verbesserung am Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten fortsetzt", so Wortberg. Wie schnell eine "Art Normalität" zurückkehre, lasse sich schwer abschätzen.

Die US-Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell haben bereits billionenschwere geldpolitische Stützungsprogramme in der Krise aufgelegt. Ihren Leitzins hat die Fed in der Krise auf die Spanne von null bis 0,25 Prozent abgesenkt. Experten erwarten, dass sie ihn auf der nächsten Sitzung am Mittwoch konstant halten wird: "Negativzinsen kommen für die Fed weiterhin nicht in Frage", meint Commerzbank-Experte Weidensteiner. "Insgesamt dürften die Arbeitsmarktdaten die Sorgenfalten der Fed etwas mindern, sie ihr aber noch keinesfalls vom Gesicht zaubern", erklärte BayernLB-Ökonomin Charlotte Heck-Parsch.

rtr