Geht es um das Thema Wasserstoff, werden die Zahlen schnell sehr groß, schreibt die Investmentgesellschaft Union Investment in einer aktuellen Studie zu dem Segment. Demnach schätzt die Investmentbank Morgan Stanley, dass sich die Kosten zum Aufbau ausreichender Kapazitäten zur Herstellung von klimafreundlichem Wasserstoff bis zum Jahr 2050 auf rund 20 Billionen Dollar summieren könnten - eine 20 mit zwölf Nullen. Wie es weiter heißt, lassen diese finanziellen Dimensionen eines vermuten: Bislang hat der immense Investitionsbedarf Unternehmen und Staaten abgeschreckt, ernsthaft und umfänglich die Vision einer Wasserstoffwirtschaft zu verfolgen.

Zur Einordnung stellt Union Investment einen Vergleich an: Ausgelöst durch die Corona-Pandemie und den damit erzwungenen "Lockdown" von großen Teilen der Wirtschaft werden in vielen Ländern der Welt massive Rettungs- und Konjunkturprogramme aufgelegt. Auch wenn die aktuellen und künftigen Belastungen momentan noch nicht exakt zu beziffern sind, so könnten sich laut einer Analyse der Deutschen Bank die Kosten alleine für den deutschen Staat auf bis zu 1,9 Billionen Euro belaufen. Diese ebenfalls kaum zu greifende Summe macht die Dimensionen des Projekts "Wasserstoff" klar.

Damit stelle sich die Frage, was jetzt anders sei und wie stehen die unter Klimagesichtspunkten notwendigen Investitionen in Wasserstofftechnologien und Infrastruktur in Verbindung mit der Corona-Pandemie? Laut den Studien-Autoren ist es die veränderte Haltung vieler Politiker, in der aktuellen Krise fiskal- und strukturpolitisch unterstützend einzugreifen. Die umfangreichen staatlichen Investitionspakete und Förderprogramme könnten deshalb eine Initialzündung sein und den Transformationsprozess - hin zu einer CO2-ärmeren Wirtschaft - deutlich beschleunigen. Nicht nur die KlimaAgenda der EU-Kommission, auch der geplante "Green Recovery Fund" in Europa und das deutsche Konjunkturpaket spielen hierfür eine wichtige Rolle.

Denn in vielen Ländern sollen die geplanten Fiskalprogramme genutzt werden, um zielgerichtet bislang wenig geförderte Zukunftsinvestitionen anzustoßen. Ein zentrales Ziel dabei sei Klimafreundlichkeit. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg zu einer CO2-neutralen Wirtschaft sei der breite und vermehrte Einsatz von molekularem Wasserstoff - oder chemisch: H2. BÖRSE ONLINE berichtet, was Union Investment rund um das Theme Wasserstoff derzeit für wichtig erachtet.

Warum sprechen alle (wieder) über Wasserstoff?



Um den Klimawandel und den damit verbundenen Temperaturanstieg zu begrenzen, ist laut Union Investment eine weitgehende Dekarbonisierung der Wirtschaft unumgänglich. Diese Erkenntnis bilde die Basis für die Ergebnisse des Pariser Klimagipfels. Das Ziel: Bis zum Jahr 2050 CO2-neutrale Wirtschafts- und Produktionssysteme etablieren. Die vermehrte Nutzung von Wasserstoff (H2) - gerade in der industriellen Produktion - stelle dafür eine aussichtsreiche Alternative dar.

Der bereits seit vielen Jahren bekannte Vorteil und Charme von Wasserstoff in der industriellen Anwendung sei der geringere Ausstoß an schädlichem CO2 im Vergleich mit fossilen Energieträgern. Verschiedene Analysen kämen zu dem Ergebnis, dass der verstärkte Einsatz von Wasserstoff die weltweiten CO2-Emissionen bis ins Jahr 2050 zwischen 24 und 30 Prozent senken könnte. Besonders spannend und klimafreundlich sei dies, wenn der verwendete Wasserstoff zuvor durch Wasserelektrolyse mit erneuerbarer Energie erzeugt worden sei (siehe Abbildung 1)



Der "fehlende" Balken in der Spalte "Wasser-Elektrolyse" mache die "Verlockung" deutlich, warum Investitionen in die Infrastruktur zur Wasserstoffproduktion zukünftig eine besonders wichtige Rolle spielen sollten - gerade unter Klimagesichtspunkten. Zwar seien ergänzend zur Verwendung von H2 weitere Initiativen und Technologien mitentscheidend für die angestrebte CO2-Reduktion: Die Produktion und Verwendung von sogenannten "Bio Fuels", vor allem für den Luftfahrtbereich, die verstärkte Nutzung von strombetriebenen Fahrzeugen ("Electric Vehicles"), die Speicherung von CO2 mittels "Carbon Capture Utilization & Storage" (CCS oder synonym: CCUS) und vor allem der weitere Ausbau des Bereichs regenerativer Energien (sogenannter "grüner Strom"), insbesondere in den Bereichen Windkraft- und Solaranlagen.



Abbildung 2 verdeutliche aber auch, dass erneuerbare Energien ("Renewables") und Wasserstoff ("Hydrogen") die wichtigsten Faktoren seien, um eine deutliche Reduktion der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 zu erzielen und damit die Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 2 Grad Celsius erreichen zu können. Der Zielpfad der notwendigen CO2-Reduktionen (Balken "2DS 2030") könne außerdem mit den bisherigen Initiativen (Balken "MS 2030") bereits im Jahr 2030 nicht eingehalten werden - zumindest nach dieser Untersuchung. Es bedürfe also ohnehin zusätzlicher Initiativen und die Zeit dränge. Wann, wenn nicht jetzt sollte der richtige Zeitpunkt sein, in eine nachhaltige Zukunftstechnologie zu investieren, so Union Investment.

Der Wille und finanzielle Mittel sind vorhanden



Angesichts vieler bekannter und deutlicher Vorteile, die H2 für wichtige Teile der industriellen Anwendung aufweise, verwundere es fast, dass seine Nutzung bislang noch stark beschränkt sei. Mehrere Gründe seien dafür verantwortlich: H2 ist als Energiequelle in der Produktion noch immer sehr viel teurer als fossile Brennstoffe wie zum Beispiel Kohle und Gas. Unter anderem deshalb habe es wenig Interesse der Privatwirtschaft an Investitionen gegegen - die Rentabilität sei schlicht fraglich gewesen. Gleichzeitig habe es an einer ausreichenden, finanziellen Unterstützung von öffentlicher Seite zur Förderung der Wasserstofftechnologie gefehlt. Als Folge davon seien die bisherigen Kapazitäten und die notwendige Infrastruktur nicht ausreichend. Hinzu komme, dass über die "richtige" Produktionstechnologie für Wasserstoff gestritten werde.

Aktuell sei aber festzustellen, dass das Interesse und die Investitionen durch Unternehmen im Bereich Wasserstoff deutlich zugenommen hätten. Dahinter stecke sicherlich die Einsicht in einigen Branchen, dass eine Reduktion der CO2-Emissionen in vielen Wirtschaftsbereichen dringend notwendig sei. Aber auch die Hoffnung, durch neue Technologien und Anwendungsmöglichkeiten zukunftsfähige Geschäftsfelder erschließen zu können. Eine wichtige Rolle bei der Förderung der Zusammenarbeit und des Ideenaustauschs spiele das 2017 gegründete "Hydrogen Council". Dieser Zusammenschluss von Unternehmen, aber auch öffentlichen Einrichtungen, sei zunächst mit nur 17 Mitgliedern gestartet worden - mittlerweile hätten sich 81 Unternehmen dem Hydrogen Council angeschlossen.

Die gemeinsamen Ziele lauten, einen materiellen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel zu leisten und gleichzeitig von den Chancen zu profitieren, die der Wasserstoffbereich in der Zukunft bietet. Denn laut unterschiedlichen Studien erscheinen im Jahr 2050 weltweit Umsätze in Höhe von bis zu 2,5 Billionen Dollar jährlich möglich.

Auffällig sei dabei, dass die Bereitschaft und Schnelligkeit, mit der Politiker in der aktuellen Krise hier Investitionsprogramme auflegen, sich von bisherigen historischen Verhaltensmustern unterscheide. Denn speziell im Bereich "Wasserstoff und Brennstoffzellen" sei es nach Krisen wie zum Beispiel im Jahr 2011 (Euro-Krise) eher zu einem deutlichen Rückgang der staatlichen Förderung gekommen, wie Abbildung 3 verdeutlicht.



Wann ist Wasserstoff wirklich nachhaltig?



Damit Wasserstoff tatsächlich dazu beitragen könne, CO2-Emissionen merklich zu verringern und dadurch den Temperaturanstieg zu begrenzen, seien mindestens drei Voraussetzungen mitentscheidend:

Erstens die Förderung der Ausbreitung von erneuerbaren Energiequellen und des dadurch erzeugten Stroms (vor allem aus Windkraft- oder Solaranlagen), um den gesamten H2-Produktionsprozess möglichst klimafreundlich gestalten zu können. Zweitens eine deutliche Ausweitung der Wasserstoffinfrastruktur, besonders in den Bereichen Transport und Lagerung, aber auch bei den Elektrolysekapazitäten. Drittens die spezielle Unterstützung gerade solcher H2-Produktionstechnologien, die tatsächlich - während der gesamten Herstellungs- und Verwendungskette - einen deutlichen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten.

Abbildung 4 verdeutlicht, dass aktuell überwiegend fossile Gase und Kohle für die Erzeugung von Wasserstoff verwendet werden. Nur rund vier Prozent des 2018 erzeugten Wasserstoffs seien durch (saubere) Elektrolyse in Verbindung mit erneuerbarer Energie produziert worden. Im Umkehrschluss bedeute dies: 96 Prozent der hergestellten Wasserstoffmenge seien unter Einsatz gerade solcher Inputstoffe hergestellt worden, die noch immer hauptverantwortlich für den Klimawandel sind.



Dazu muss man wissen, dass grauer Wasserstoff mehrheitlich aus Erdgas oder anderen fossilen Energieträgern gewonnen wird. Auch bei dem bei blauen Wasserstoff angewandten Produktionsverfahren wird auf Gas und/oder Kohle als wichtigste Inputstoffe zurückgegriffen.

Grüner Wasserstoff stelle die teuerste und komplexeste Produktionsweise dar. Wasser (H2O) wird dabei mittels des chemischen Prozesses der Elektrolyse in die beiden Moleküle O2 (Sauerstoff) und H2 aufgespalten - völlig ohne schädliche CO2-Emissionen. Wenn der für die Elektrolyse benötigte Strom dann auch noch aus erneuerbaren Energiequellen stamme, sei die gesamte Wertschöpfungskette CO2-neutral. Dies sei der Grund, warum grüner Wasserstoff für viele Experten die einzig sinnvolle, zukunftsorientierte Wasserstoffvariante darstelle. Doch die technologischen und finanziellen Hürden seien hoch: Im Vergleich zu blauem Wasserstoff seien die Produktionskosten pro erzeugtem Kilogramm Wasserstoff um den Faktor 2 bis 3 höher, wie Abbildung 5 verdeutlicht.



Die Herausforderung, eine grüne und damit wirklich saubere Wasserstoffwirtschaft zu etablieren, bestehe darin, dass immense Investitionen in verschiedene Technologiebereiche getätigt werden müssten, die gleichzeitig aufeinander abgestimmt seien. Um dieses langfristige Ziel zu erreichen, seien vor allem der Ausbau und die Förderung von grünem Strom, zusätzlich notwendiger Infrastruktur und effizienter Elektrolysekapazitäten notwendig. Denn aktuell gehe bei der Produktion von grünem H2 noch bis zu 36 Prozent der eingesetzten Energie verloren. Gemäß verschiedener Studien seien breit angelegte Investitionsprogramme über viele Jahre notwendig, um eine umfassende Infrastruktur und effiziente Technik sicher zu stellen. Doch dadurch könnte es gelingen - auch aufgrund von dann einsetzenden Skaleneffekten - die Kosten der Produktion deutlich zu senken, wie dies Abbildung 6 andeutet. Erste Erfolge bei den Kostensenkungsmaßnahmen seien bereits zu verzeichnen.



Vielfältige Einsatzgebiete denkbar



Die Chance, durch die stärkere Verwendung gerade von grünem Wasserstoff positiv auf den Klimawandel einzuwirken, sei ein wichtiger Punkt, warum eine öffentliche Förderung von H2 diskutiert werde und sinnvoll erscheine. Doch Wasserstoff besitze weitere, wichtige Eigenschaften, die ihn für eine breitere Anwendung interessant machen: Er kann - trotz seiner geringeren Dichte im Vergleich zu anderen Gasen - gespeichert werden (was einen Vorteil gegenüber Strom darstellt, dessen Speicherfähigkeit beschränkt ist), er kann transportiert werden (zum Beispiel auch in bestehenden Gasnetzen, grundsätzlich aber auch per Schiff und LKW), er kann als Vorleistungsprodukt genutzt werden (zum Beispiel in der chemischen Industrie), er lässt sich zur Erzeugung von Energie, Treibstoffen und großer Hitze verwenden und ist in einer Vielzahl unterschiedlicher Industriebereiche einsetzbar, die bislang fast ausschließlich auf fossile Brennstoffe in ihren Produktionsprozessen zurückgreifen.



Ein weiterer Vorteil sei die positive Wechselwirkung mit dem im Bereich erneuerbare Energien erzeugten Strom. Denn die Erzeugung von Wasserstoff könnte als eine "Puffertechnologie" dienen. Abbildung 8 verdeutlicht diesen einfachen, aber wichtigen Zusammenhang.



Die Chancen, die sich mittel- bis langfristig aus einer breiteren Verwendung von Wasserstoff ergeben, sind laut Union Investment - vor allem unter Klimagesichtspunkten - erheblich. Doch es müsse auch darauf hingewiesen werden, dass - neben den immensen Kosten, der Komplexität und Langfristigkeit der Projekte - Wasserstoff auch einige Nachteile aufweise: So müsse Wasserstoff produziert werden; dies bedeute, dass H2 immer einen (Kosten-)Nachteil gegenüber fossilen Energiequellen besitze, die lediglich gefördert oder abgebaut werden müssen. Aufgrund seiner geringeren Dichte (im Vergleich zu anderen Gasen) sei Wasserstoff aufwendiger zu speichern. H2-Speicheranlagen benötigten also vergleichsweise mehr Platz und sind deshalb auch tendenziell teurer.

Wasserstoff könne relativ gut in Leitungen transportiert werden. Doch die oftmals notwendigen Aggregatumwandlungen von Wasserstoff während des Transports, zum Beispiel auf Schiffen und mit LKWs, trieben die Kosten für den industriellen Endverbraucher in die Höhe und führten zu einem Energieverlust. Daher sei mitentscheidend, aber auch kostenintensiv und langwierig, zunächst die Infrastruktur für eine verlässliche und möglichst kostengünstige Versorgung mit Wasserstoff zu gewährleisten.

Der Kapitalmarkt wittert eine (neue) Chance



Wasserstoff bot laut Union Investment bereits in der Vergangenheit Chancen, auch am Kapitalmarkt von diesem Thema zu profitieren. Doch die jetzt verkündeten Pläne zur Förderung von Wasserstoff und den damit in Verbindung stehenden Industrien erhöhten die Attraktivität für Finanzinvestoren. Dabei seien die Investitionsmöglichkeiten genauso vielfältig und aussichtsreich wie die zuvor beschriebenen Anwendungsgebiete.

Die wichtigsten Bereiche, die von einer verstärkten Förderung und steigenden Investitionen profitierten und sich deshalb besonders für ein Investment anböten, würden sich (grob) in die folgenden Segmente einteilen lassen: • Brennstoffzelle, • Anlagenbau, • Versorgungsunternehmen • und Gase-Produzenten. Abbildung 9 verdeutlicht, dass neben dem Einsatz als Rohstoff, gerade die Anwendungsmöglichkeiten in den Bereichen • Transport & Logistik (Einsatz von Brennstoffzellen), • industrielle Produktionsprozesse (Anlagenbau), • neue Netzinfrastruktur (klassische Versorgerunternehmen) • und erneuerbare Energie ("Renewables") aussichtsreich erschienen. Hier seien bis zum Jahr 2050 deutliche Umsatzanstiege zu erwarten.



Aus Investorensicht erscheine es sinnvoll, sich frühzeitig in ausgewählten Bereichen zu engagieren, die von einer sich etablierenden Wasserstoffwirtschaft profitieren werden. Abbildung 10 zeigt, dass zum Beispiel ausgewählte, global führende Gase-Produzenten seit Anfang 2019 - trotz der starken Corona-Turbulenzen im Jahr 2020 - eine sehr positive Entwicklung aufweisen. Investoren honorierten zum einen die relativ stabile Gewinnentwicklung in diesem grundsätzlich zyklischen Marktsegment. Zum anderen verleihe - neben dem Wachstum in den angestammten Geschäftsfeldern - auch das Thema Wasserstoff eine Zukunftsperspektive, die das Sentiment und den Kursverlauf dieser Aktien positiv unterstütze. Dies illustriert die folgende Abbildung für ausgewählte Gase-Produzenten.



Das Aufspüren und Ausnutzen nachhaltiger Transformationsprozesse, die Einzelunternehmen und sogar ganze Branchen betreffen können, ist, wie es heißt, auch das Ziel des so genannten ESG-Convictions-Prozess von Union Investment. Durch diesen individuellen Auswahlprozess sollen Unternehmen selektiert werden, deren zukünftige Wachstumsdynamik besonders stark durch nachhaltige Produkte und Dienstleistungen bestimmt wird. Zwei Beispiele im Bereich der Wasserstoffwirtschaft sind Air Liquide und Orsted.

Air Liquide (AL) ist ein Gründungsmitglied des zuvor bereits erwähnten Hydrogen Councils. Die zukünftige Bedeutung von Wasserstoff für breite Teile der Industrie und Wirtschaft sei dem Unternehmen bewusst. Aus diesem Grund habe AL frühzeitig begonnen, in Wasserstoffinfrastruktur und die Brennstoffzellen-Technologie zu investieren. Das Unternehmen baue außerdem kontinuierlich und weltweit seine H2-Ladeinfrastruktur aus. Im Zeitraum von 2014 bis 2019 habe Air Liquide bereits rund 480 Millionen Euro in den Bereich Mobilität investiert.

Zudem beschäftige sich das Unternehmen mit technischen Lösungen, um Wasserstoff als Speichermedium für überschüssige Energie nutzen zu können. Auch der verstärkte Einsatz von Biogas, das nicht fossilen Ursprungs ist, werde von AL forciert. Um Industrieunternehmen dabei zu unterstützen, ihren CO2-Fußabdruck zu verringern, kooperiere AL eng mit Stahlproduzenten wie ArcelorMittal und Thyssenkrupp und biete Produktionsalternativen auf Wasserstoffbasis an. Ergänzend arbeite das Unternehmen auch an CCUS-Anwendungen, wenn diese sinnvoll und notwendig erscheinen. Air Liquide erziele bereits jetzt rund zehn Prozent seiner Umsätze mit Wasserstoffprodukten und sei damit ein Vorreiter der Transformation im Gas- und Energiebereich.

Orsted habe bereits in den vergangenen Jahren einen grundsätzlichen Wandel des Geschäftsmodells durchlaufen. Bis vor wenigen Jahren sei das Unternehmen - damals noch unter dem Namen Dong Energy - ein klassisches Versorgungsunternehmen in Dänemark gewesen. Bis das Management sich - auch aus Klimagesichtspunkten heraus - entschlossen habe, das Unternehmen komplett umzubauen. So seien unter anderem die Kohle- und Ölaktivitäten verkauft worden und man habe sich seither auf die Entwicklung von Windparks konzentriert. Orsted sei heute ein global führendes "Pure Play"-Unternehmen, wenn es um die Erzeugung grünen Stroms gehe.

Um sich von Konkurrenten auch weiterhin zu differenzieren, biete Orsted seinen Kunden mittlerweile die Möglichkeit an, ihre Windkraftanlagen zu erweitern und durch die Verbindung mit Elektrolysekapazitäten auch grünen Wasserstoff zu erzeugen. Dieser könne dann wiederum gespeichert und/oder zur Erzeugung von grünem Strom verwendet werden. Auch wenn der Preis für diesen, aus grünem Wasserstoff erzeugten Strom noch (zu) hoch sei, so biete diese Erweiterung einer Windkraftanlage zusätzliche Flexibilität und eine Puffermöglichkeit.

Derartige Anlagen von Orsted seien ein Paradebeispiel dafür, wie grüner Strom (direkt) genutzt werden kann, um grünen Wasserstoff zu erzeugen. Zwar stellten diese Anlagen oftmals noch Pilotprojekte dar, doch die Lernkurven in der Anwendung seien steil und durch jedes neue Projekt stiegen die Skaleneffekte (wenn auch langsam).

Die beiden ausgewählten Beispiele machten klar: Wasserstoff und damit in Verbindung stehende Technologien, Industrien und Unternehmen böten sich für langfristig ausgerichtete Investoren als Anlagethema an. Die geplante, starke öffentliche Förderung lasse die nachhaltigen Wachstumsaussichten, die eine umfassende Wasserstoffwirtschaft bieten könnte, für Unternehmen aus diesen Bereichen noch realistischer als in der Vergangenheit erscheinen.



Fazit



Es wird groß gedacht, stellt die Union Investment in ihrem Studien-Fazit fest. Das werde nicht nur durch die Vielzahl an öffentlichen Investitionsprogrammen und die finanziellen Volumina deutlich. Der Themenbereich Wasserstoff - und damit in Verbindung stehende Sektoren - seien ein wichtiger Bestandteil dieser Initiativen. Dies sei eine gute Nachricht. Denn speziell grüner Wasserstoff könne bei einem stärkeren industriellen Einsatz mit dazu beitragen, den Klimawandel zu bremsen.

Zusammen mit anderen Initiativen, die ebenfalls auf die Absenkung von CO2-Emissionen abzielten, spiele Wasserstoff eine wichtige Rolle zur Erreichung der Pariser Klimaziele. Auf diese Weise habe die Corona-Pandemie indirekt auf die Wasserstoffförderung und den Kampf gegen den Klimawandel Auswirkungen. Denn durch die vom Virus ausgelöste Wirtschaftskrise sei es zu einer größeren Bereitschaft bei vielen Politikern weltweit gekommen, hohe Summen für die Innovationsförderung zur Verfügung zu stellen. Im Vergleich zu früheren Krisen sei auch die "Reaktionszeit" bis zur Auflage neuer Programme kürzer.

Die nun bereit gestellten Mittel könnten die Initialzündung auf dem Weg zur Transformation eines großen Teils der Industrie sein - hin zu einer stärker Wasserstoff-basierten Wirtschaft. Doch der Weg dorthin sei lang, die technische Ausgestaltung komplex und die Kosten seien hoch. Denn bei all den Vorteilen, die ein verstärkter Einsatz von Wasserstoff biete - vor allem im Vergleich mit anderen fossilen Energieträgern - besitze H2 auch einige Einschränkungen, die bei der Umsetzung einer umfassenden Wasserstoffstrategie berücksichtigt werden müssten.

Der Kapitalmarkt scheine von der angestoßenen Transformation der Wirtschaft überzeugt. Ausgewählte Unternehmen aus den Bereichen Brennstoffzelle, Anlagenbau und Industriegase hätten bereits von der Phantasie einer sich durchsetzenden Wasserstoffwirtschaft profitieren können. Aufgrund des notwendigen Volumens an Investitionen und den möglichen Umsatz- und Gewinnsteigerungen sei Wasserstoff aber auch für die Zukunft ein interessantes Investmentthema für nachhaltige und langfristig agierende Investoren.