Vom 24. auf den 25. Februar werden sich wieder unzählige Cineasten die Nacht um die Ohren schlagen. Wenn ab 2.00 Uhr unserer Zeit in Hollywood die Oscars verliehen werden, hängen sie gebannt vor dem Fernseher. In diesem Jahr könnten die Zuschauer Zeugen einer Zäsur werden: Netflix hat gute Chancen, mit "Roma" als erstes Streamingunternehmen überhaupt, die wichtigste Auszeichnung abzuräumen. Unter Buchmachern und Kinoexperten gilt das von den Kaliforniern produzierte Schwarz-Weiß-Drama als Favorit für die Wertung "Bester Film".

Noch muss sich zeigen, ob Hollywood tatsächlich bereit ist, Netflix die prestigeträchtigste Goldstatue zu überlassen. Schließlich fordert der Online-Videoanbieter die Medienindustrie seit Jahren heraus. Zunächst brach Netflix mittels im Internet abrufbarer Serien wie "House of Cards" mit der herkömmlichen Form der TV-Unterhaltung. Mittlerweile buhlt das Unternehmen verstärkt um die Cineasten. Sie müssen sich nicht mehr ins Kino aufmachen, um ihrer Leidenschaft nachzugehen. Streifen wie "Roma" lassen sich bequem vom heimischen Sofa aus ansehen. Das Programm kommt an: Weltweit zählt Netflix heute knapp 150 Millionen Nutzer.

An der Börse erlebte das Unternehmen 2018 dennoch einen "Filmriss". Gegenüber dem im Juni erreichten Allzeithoch von über 360 Euro brach der Nasdaq-Titel auf im Tief 210 Euro ein. Mit dem Jahreswechsel kehrte die Begeisterung der Investoren für den Streamingpionier zurück. Gut möglich, dass die Oscar-Nacht den Kurs weiter befeuert. Von einem langfristigen Investment raten wir dennoch ab. Neben der üppigen Bewertung stellen die enormen Produktionskosten aus unserer Sicht ein zentrales Risiko dar. Sie führten 2018 dazu, dass Netflix drei Milliarden US-Dollar an Barmitteln verbrauchte. Da sich daran im laufenden Jahr nichts ändern dürfte, bleibt das Unternehmen im großen Stil auf Fremdkapital angewiesen.

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Hollywood rüstet auf



Kampflos überlassen die traditionellen Häuser den Kaliforniern die Hoheit über TV-Geräte und Kinosäle nicht. Branchenkrösus Walt Disney hat längst zum Gegenschlag ausgeholt. Zusammen mit 21st Century Fox, Comcast und AT & T betreibt der Mickey-Mouse-Konzern die Streamingplattform Hulu. Mit einem Wachstum der Abonnentenzahl um nahezu die Hälfte auf mehr als 25 Millionen konnte das Angebot 2018 in den USA gegenüber Netflix Boden gutmachen. Ende des Jahres möchte der Medienriese sein eigenes Streamingportal Disney+ starten. Der Frontalangriff auf Netflix dürfte auch bei der laufenden Teilübernahme von 21st Century Fox eine Rolle spielen. Mit diesem Megadeal wird Disney zum Mehrheitseigner von Hulu.

Gleichzeitig baut das Traditionsunternehmen seine Vormachtstellung an der Kinokasse aus. Fünf der zehn international erfolgreichsten Streifen des vergangenen Jahres stammten von einem der beiden Unternehmen. Drei Blockbuster der Disney-Studios spielten 2018 jeweils mehr als eine Milliarde US-Dollar ein. Dazu zählt "Black Panther". Mit dem für acht Preise nominierten Superheldenfilm tritt Disney in der Oscar-Nacht direkt gegen Netflix an. Ein Triumph gegen den digitalen Herausforderer käme Chef Bob Iger gerade recht. Schließlich hat der Ausbau des Streamingbereichs für den Disney-Chef oberste Priorität. Die laufende Geschäftsperiode 2018/19 bezeichnet er diesbezüglich als "transformativ". Der Start in das Jahr des Umbaus ist geglückt. Disney verdiente im ersten Quartal (per 31. Dezember) mehr als erwartet. Wobei weniger das noch kleine Streamingsegment als vielmehr die Vergnügungsparks und Hotels sowie die TV-Sender für Schwung sorgten.

Wie auch immer: Disney hat die richtigen Schlüsse aus der Digitalisierung der Medienbranche gezogen. Zwar dürfte es noch etwas dauern, bis die Maßnahmen fruchten. Etwas Geduld sollte sich für Anleger jedoch bezahlt machen. Sowohl bei der Oscar-Vergabe als auch bei der Digitalisierung mischt der US-Kabelkonzern Comcast mit. Bei der Filmpreisverleihung kann sich die Tochter Universal insbesondere mit "BlacKkKlansman" Hoffnungen machen. Die Rassismussatire ist in sechs Kategorien nominiert. Im Streamingbereich gibt sich Comcast nicht länger mit der Hulu-Beteiligung zufrieden. Anfang 2020 soll ein eigener Dienst an den Start gehen. Helfen wird dem Konzern seine enorme Reichweite. Die Kabelsparte verfügt zusammen mit dem kürzlich übernommenen Pay-TV-Sender Sky über 54 Millionen Kundenkontakte.





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Geschickte Verknüpfung



Schon jetzt sorgt das Mediengeschäft für Wachstum. Bei einem Umsatzplus von 7,1 Prozent verbesserte NBCUniversal das operative Ergebnis im vierten Quartal prozentual zweistellig. Die Strategie von Chef Brian Roberts, das Kabelnetz mit einer Contentmaschine zu verknüpfen, lässt die Kasse klingeln. 2018 fuhr Comcast einen freien Cashflow von 12,6 Milliarden US-Dollar ein - 29 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Dadurch fällt es Roberts leicht, für 2019 die bereits elfte Dividendenerhöhung in Folge in Aussicht zu stellen. Weniger das Filmgeschäft von Studiocanal als vielmehr die Musiksparte ist für die Vivendi-Aktie kursbestimmend. Der Medienkonzern ist auf der Suche nach einem oder mehreren strategischen Partner für Universal Music. Bis zu maximal 50 Prozent an der Tochter möchten die Franzosen abgeben. Mit den Zahlen für 2018 hat Unternehmenschef Arnaud de Puyfontaine Fortschritte auf dem Weg zu dieser wichtigen Transaktion verkündet. Gerade dank florierender Geschäfte bei Universal verbuchte Vivendi im vergangenen Jahr ein über den Erwartungen liegendes Umsatzwachstum.

Während das operative Ergebnis um ein Drittel nach oben schnellte, brach der unterm Strich erzielte Gewinn ein. Hier machten sich hohe Abschreibungen auf die Beteiligung an Telecom Italia negativ bemerkbar. Die Aktionäre sollen dennoch eine um elf Prozent höhere Dividende erhalten. Nach der Zahlenvorlage ist die Vivendi-Aktie nach oben ausgebrochen. Wir halten an der Kaufempfehlung für den diversifizierten Medienriesen fest - wenngleich die Franzosen bei der Oscar-Verleihung nur Zaungäste sind.



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Alles auf einen Blick - Filmindustrie



Disruption: Die Digitalisierung hat das Medienverhalten vieler Menschen stark verändert. Dank Streaming können Serien und Filme zu jeder beliebigen Zeit abgerufen werden. Obwohl Netflix raasant wächst, machen auch die Kinos global betrachtet gute Geschäfte.