Für Schlagzeilen ist Hongkong immer gut. Zuletzt war es der Kunstmarkt, der in der einstigen britischen Kronkolonie für Aufsehen gesorgt hat. So brach das Auktionshaus Sotheby’s mit seinen Frühjahrsauktionen viele Rekorde. In einer breit angelegten Versteigerungsreihe hatte das Haus alles angeboten, was asiatische Sammler interessiert: von Uhren und Wein bis zu antiken Sammlerstücken und zeitgenössischer Kunst. Insgesamt wurden bei den 14 Auktionen über 500 Millionen US-Dollar umgesetzt.
Das passt zum Nimbus der Stadt als globales Geld- und Finanzzentrum. Und das soll nach dem Willen der Mächtigen ausgebaut werden. Helfen soll dabei eine noch stärkere Bindung an das chinesische Festland. Hongkong werde, so sagt es die von Peking installierte Regierungschefin Carrie Lam, "Chinas Bedürfnissen dienen und gleichzeitig der Wirtschaft der Stadt neuen Schwung verleihen". Und dafür gibt es schon konkrete Pläne: Hongkong, Macau und ein Teil von Guangdong mit dem Zentrum Shenzhen sollen in eine "Entwicklungszone" integriert werden.
Hongkong soll dabei eine Schlüsselrolle bei der Förderung der finanziellen Entwicklung Chinas spielen: Konkret geht es dabei vor allem um die Internationalisierung der Landeswährung Yuan wie auch um die Finanzierung von Unternehmen auf dem Festland. Ein Aspekt ist dabei, dass die Bank of China als erste große Zentralbank der Welt aller Voraussicht nach eine eigene digitale Währung ausgeben wird, den digitalen Renminbi oder E-Yuan. Dieser soll dann eine starke Rolle im grenzüberschreitenden Handel spielen. Und genau hier laufen Pilotversuche vor allem in Hongkong.
Sorgen der Investoren
Der Stadtstaat ist da auch im Zugzwang, schließlich wächst unter ausländischen Investoren die Sorge über schwindende Rechte und Freiheiten. Peking hat bekanntlich als Reaktion auf die Massenproteste 2019 ein weitreichendes Gesetz zur nationalen Sicherheit erlassen. Es gilt als massivster Einschnitt in die Autonomie der ehemaligen britischen Kronkolonie.
Zuletzt wurde deswegen der chinakritische Medienunternehmer Jimmy Lai wegen seiner Rolle bei den Protesten erneut zu einer Gefängnisstrafe von 14 Monaten verurteilt. Schon im vergangenen Jahr wurde er in einem ähnlichen Fall ebenfalls zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt und ist seit Dezember in Haft.
Die internationale Kritik deswegen ist groß. Stadtchefin Lam betont daher immer wieder, dass trotz der Einschränkungen bei den Bürgerrechten Hongkong weiterhin ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleibt. "Wir haben keinen signifikanten Abfluss von Kapital gesehen, den Wertpapiermärkten geht es sehr gut, der Bankensektor ist sehr stabil, und allgemein geht das Leben weiter", bekräftigt sie. Doch ist das wirklich so?
Expats verlassen die Stadt
Hongkong wird dennoch wohl mit einem gewissen Aderlass kämpfen müssen: Bei einer Umfrage der US-Außenhandelskammer hatten 42 Prozent der befragten in Hongkong lebenden Ausländer (Expats) angegeben, dass sie unter Umständen die Stadt verlassen. Hauptgrund dafür: das Sicherheitsgesetz. Auch die strengen Corona-Quarantänemaßnahmen, Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzzentrums sowie um die Bildung unter dem Sicherheitsgesetz wurden als Gründe genannt.
An der Börse spiegelt sich diese Unsicherheit wider. Der Hang Seng, Leitindex der Hongkonger Aktienbörse, der die Entwicklung der 50 größten und meistgehandelten Unternehmen und damit mehr als die Hälfte der gesamten Marktkapitalisierung der Börse widerspiegelt, kommt seit Februar unter großen Schwankungen nicht mehr voran. Allerdings ist die Entwicklung der einzelnen Aktien sehr unterschiedlich. Während die großen Werte wie Alibaba und Ping An hinterherhinken, sind die Gewinner in diesem Jahr bisher eher zyklische Aktien wie Anta Sports und Petrochina.
Eine Aktie, die dem generellen Seitwärtstrend langsam zu entkommen scheint, ist CK Hutchison Holdings, ein Unternehmen, das alle Nichtimmobiliengeschäfte der Cheung Kong Group und der Hutchison Group hält. Dazu gehören vor allem Häfen, Telekommunikation, Einzelhandel, Infrastruktur, Leasing und Energie. Das Konglomerat ging 2015 aus den Traditionsunternehmen Cheung Kong Holdings und Hutchison Whampoa hervor und ist in Hongkong unter dem legendären Kürzel "1 HK" gelistet.
Auch die Aktie von Meituan ist wieder im Kommen. Das Unternehmen bietet in über 1000 Städten webbasierte Services an, darunter Kinokartenverkauf, Zustellung von Lebensmitteln, Hotel- und Reisebuchung sowie Carsharing-Dienste. Allerdings fährt das Unternehmen damit auf absehbare Zeit wohl noch Verluste ein. Die Aktie hat vom Hoch im Februar bei fast 50 Euro bis Mai fast die Hälfte verloren und scheint jetzt wieder auf dem Weg nach oben.