Nach dem Abtritt von Vorstandschef Claus-Dietrich Lahrs kämpft der Modekonzern Hugo Boss mit Ladenschließungen und einer Werbekampagne in den USA gegen schrumpfende Gewinne an. "2016 wird ein entscheidendes Jahr für Hugo Boss werden", sagte Finanzvorstand Mark Langer am Donnerstag in Metzingen. Er will an mehreren Stellen den Rotstift ansetzen: Verlustreiche Standorte aus dem in den vergangenen Jahren stark ausgebauten Netz eigener Geschäfte werden geschlossen, wobei das Aus für 20 Läden in China nur der Anfang ist. Die Investitionen sollen nach einem Sprung im vergangenen Jahr unter 200 Millionen Euro sinken. In China müssen die Schwaben die vergleichsweise hohen Preise senken, um die Kunden anzulocken. Denn für einen Boss-Anzug, der in Deutschland 500 Euro kostet, müssen Käufer in China 900 Euro auf den Tisch legen. Das hätten die Kunden gemerkt und kauften nun lieber günstiger während einer Europareise ein, erklärte Langer.

In den USA zieht sich Boss auf eigene Ladenflächen in den Kaufhäusern zurück, da große Ketten wie Nordstrom oder Macy's im Konkurrenzkampf die Preise rasch heruntersetzen. Eine Werbekampagne nach dem Motto "man of today" soll mit "neuer urbaner Eleganz für den Gentleman des 21. Jahrhundert" im Preiskampf helfen. Boss stehe an einer Wegscheide, sagte Langer. Doch einen anderen Weg als bisher beschrieb er nicht: Der traditionelle Herrenmodehersteller setzt weiter auf eigene Geschäfte, die profitabler sind als der Großhandel. Damenmode oder Accessoires bleiben im Sortiment. Der Onlinehandel soll ausgebaut werden, das ist aber schon länger angekündigt. "Wir haben zuviel gleichzeitig angestoßen", erklärte der Finanzchef die schwachen Zahlen des vergangenen Jahres und den trüben Ausblick. Hauptgrund sei jedoch der schwache Markt trotz gestiegener Konsumstimmung. "Konsumenten geben mehr für Dienstleistungen wie Reisen und Restaurantbesuche aus als für physische Güter", sagte Langer.

Während in Europa der Umsatz 2015 vor allem dank hoher Nachfrage in Großbritannien und Südeuropa um sechs Prozent kletterte, schrumpfte er in den USA und China. Währungsbereinigt blieb ein Plus von drei Prozent auf 2,8 Milliarden Euro zu. Das Nettoergebnis sank um vier Prozent auf 319 Millionen Euro. Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (EBITDA) war um ein Prozent auf 594 Millionen Euro gestiegen, deutlich weniger als in Aussicht gestellt. In diesem Jahr soll er um eine niedrige zweistellige Prozentzahl schrumpfen.

Lahrs hatte vor zwei Wochen nach fast acht Jahren seinen Hut genommen. Der vom inzwischen schon wieder ausgestiegenen Finanzinvestor Permira installierte Vorstandschef hatte den Umsatz um zwei Drittel gesteigert. Die Aktie legte so stark zu, dass Boss noch vor rund einem Jahr als heißer Kandidat für einen Aufstieg in den deutschen Leitindex Dax galt. Langer und seine beiden Vorstandskollegen ließen zu den Gründen des Ausscheidens nichts durchblicken. "Es war nicht ein Dissens zwischen den Vorstandsmitgliedern", betonte der Finanzchef. Ein Nachfolger für Lahrs ist noch nicht in Sicht.

Die Aktionäre besänftigte Langer mit der Ankündigung, die Dividende für 2015 stabil bei 3,62 Euro zu halten. Die Aktien des Modeunternehmens stiegen im MDax um bis zu 5,3 Prozent auf 56,85 Euro. Damit notierten sie aber immer noch rund 20 Prozent unter dem Niveau von Ende Februar, als eine Prognosesenkung einen Kurssturz auslöste.

Reuters