Margenschwund in Kernmärkten
Hauptgründe für das schwache Ergebnis waren Preisanpassungen in China und die anhaltend schwache Nachfrage in den USA, dem mit 24 Prozent Anteil am Konzernumsatz zweitwichtigsten Markt nach Europa. Dort musste Hugo Boss im Großhandel größere Preisnachlässe gewähren, um die Kollektionen unters Volk zu bringen. Die Folge: ein Umsatzminus von neun Prozent auf 130 Millionen Euro.
In China, dem wichtigsten asiatischen Markt, musste Hugo Boss infolge der sinkenden Kauflust die Preise an das europäische Niveau anpassen. Für die neueste Frühjahrskollektion beliefen sich die Preisnachlässe auf 20 Prozent. Zwar erzielte Hugo Boss damit zehn Prozent höhere Handelsvolumina als im Vorjahr, verbuchte jedoch elf Prozent weniger Umsatz. Aber auch in Europa, und hier vor allem in Frankreich und den Beneluxstaaten, sanken die Erlöse um zwei Prozent auf 402 Millionen Euro - in erster Linie, weil weniger Touristen shoppen gingen.
Neben den Rabattaktionen in Übersee zeigen sich jetzt die Nachwirkungen der aggressiven und kostspieligen Expansion der vergangenen Jahre mit eigenen Läden (siehe Infografik Seite 3). So hat sich die Zahl der firmeneigenen Läden zwischen 2008 und 2015 von 330 auf 1700 mehr als verfünffacht. Angesichts des sich verschärfenden Wettbewerbs der Nobelmarken und der zunehmenden Tendenz bei den Kunden, Klamotten online über Amazon oder Zalando zu ordern, reicht die bloße Präsenz in Einkaufszentren und anderen Shoppingmeilen in den Metropolen der Welt jedoch nicht mehr aus, um höhere Umsätze und Erträge zu generieren.
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Talsohle erreicht
Für 2016 rechnet Mark Langer, der neben seiner Funktion als Finanzchef auch als Interims-Konzernlenker agiert, weiterhin mit einem Umsatzzuwachs im niedrigen einstelligen Bereich und einem Rückgang des operativen Gewinns im unteren zweistelligen Bereich.
Um die gesenkten Prognosen für 2016 zu erreichen, muss Hugo Boss 50 Millionen Euro einsparen: zum einen durch niedrigere Verwaltungs- und Mietkosten, zum anderen will sich die Gesellschaft in den USA aus dem rabattanfälligen Großhandel zurückziehen. Zugleich kommt die Profitabilität aller eigenen Läden auf den Prüfstand. Geschlossen werden sollen 20 der rund 130 Marken-Shops in China, die längst nicht alle profitabel arbeiten.
Erste Hinweise, wer die Nachfolge von Claus-Dietrich Lahrs als Vorstandschef antreten wird, könnte es auf der Hauptversammlung am 19. Mai geben. In die achtjährige Amtszeit von Lahrs fällt die mit dem Segen des langjährigen Hauptaktionärs, der Investmentgesellschaft Permira, erfolgte globale Expansion des Einzelhandelssegments. Nach Lahrs verließ im April mit Christoph Auhagen auch der Markenvorstand für Männermode das Unternehmen. Auhagen galt als entscheidende Figur für die aggressive Expansion im Einzelhandel.
Ihm folgt bis spätestens November mit Ingo Wilts von Tommy Hilfiger ein Manager, der bereits zwischen 2000 und 2009 als Direktor für die Linie "Boss Menswear" gearbeitet und Hugo Boss im November 2014 verlassen hatte. Branchenkenner rechnen damit, dass Wilts das Profil der Männermode neu ausrichten wird. Zuletzt hatte Hugo Boss seit der Verpflichtung des von New York aus arbeitenden Stardesigners Jason Wu vor allem in die Damenmode investiert. Aktuell gehen die Umsatzanteile der Damenmode kaum über elf Prozent hinaus. Mit Blick auf das Potenzial, inklusive margenträchtiger Segmente wie Schuhe, Taschen, Accessoires, kann das langfristig kaum zufriedenstellen.
Bei den Börsianern hat der einstige DAX-Kandidat einiges an verspieltem Kredit gutzumachen. Seit Oktober 2015 hat die Aktie mehr als die Hälfte ihres Börsenwerts verloren. Mutige Anleger bauen jetzt erste Positionen auf. Mit einem auf das Jahr 2017 bezogenen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13,8 ist Hugo Boss deutlich günstiger bewertet als internationale Konkurrenten wie Burberry (17er KGV: 21) oder Salvatore Ferragamo (17er KGV: 16), die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Zudem lockt eine Dividendenrendite, die auch auf Basis der zuletzt gesunkenen Konsensschätzungen für 2016 weiterhin über fünf Prozent liegen sollte.