Es ist das selbe Geschäft nur mit einem anderen Produkt. Der Immobilienfinanzierer Hypoport will nach Hauskrediten nun auch Versicherungen vermitteln. Über die Insurtech genannte Plattform können seit Anfang des Jahres Versicherungstarife verglichen, Kunden beraten oder große Bestände an Policen verwaltet werden. Das Portal richtet sich damit wie bei dem Europace Kredit-Marktplatz an Makler und nicht an Endkunden.

"Hypoport steht für die Digitalisierung von Finanzdienstleistungsmärkten. Im Finanzierungsbereich sind wir mit unserem B2B-Marktplatz Europace Marktführer in Deutschland. Diese Stellung streben wir auch im Versicherungsmarkt an", erklärt Ronald Slabke, Vorsitzender des Vorstands der Hypoport AG. Mit dem neuen Portal wollen die Berliner einen Markt mit einem jährlichen Prämienvolumen von 200 Milliarden Euro angreifen. Hypoport hofft dabei in zehn Jahren einen Marktanteil von zehn Prozent gewinnen zu können. Wie bei Europace will der Konzern an dem so vermittelten Versicherungsvolumen von 20 Milliarden Euro über Transaktionsgebühren verdienen. Hypoport rechnet dabei mit einer Gebühr von 0,75 Prozent. Damit könnten im Versicherungsgeschäft 150 Millionen Euro Umsatz erzielen. Zum Vergleich: 2016 lagen die Einnahmen des gesamten Unternehmens bei 156 Millionen Euro.

Überzeugen soll der Marktplatz dadurch, dass er eine ganzheitliche Lösung zur Digitalisierung des Versicherungsvertriebs bietet. Dazu hat Slabke seit Mitte 2016 kontinuierlich Anbieter einzelner Funktionalitäten wie Vergleichsrechner oder Verwaltungsprogramme zusammengekauft und in ein einheitliches System gegossen. "Wir sehen große Potentiale in der Digitalisierung dieses Marktes und setzen unsere Strategie des Ausbaus unserer Marktposition durch Akquisitionen konsequent fort", erklärt Stephan Gawarecki, der im Vorstand für den Aufbau von Insurtech verantwortlich ist. An den Marktplatz sind mittlerweile bereits über 300 Versicherer angeschlossen und bereits im vergangenen Jahr wurden aus 1,9 Millionen Anfragen 130.000 Versicherungsabschlüsse generiert. Laut den Berenberg-Bankern hat die Plattform damit einen Marktanteil von unter einem Prozent aber "wir glauben es gibt erhebliches Wachstumspotential", so Analyst Gerhard Orgonas. Allein die Mitte 2016 für Insutech gekaufte NKK verwaltet bereits die Daten für ein Versicherungsvolumen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro. Würden alle diese Versicherungen über die Plattform laufen, ergäbe das allein bereits einen Marktanteil von drei Prozent.

Allerdings ist Hypoport auf dem Versicherungsmarkt nicht alleine. Die Berliner sehen mit Acuris und Fonds Finanz mindestens zwei Konkurrenten, die die Branche mit vergleichbaren Modellen digitalisieren wollen. Mit dem angestrebten Marktanteil von zehn Prozent bleibt Slabke daher vorsichtig, immerhin hat er mit Europace mittlerweile einen Marktanteil von 17 Prozent gewonnen und wächst weiter. Allerdings deckt die Zielgruppe die Hypoport auf seine Plattform holen will längst nicht den gesamten Markt ab. Insurtech soll besonders unabhängige Makler ansprechen, vielleicht auch Banken. Die freien Versicherungsverkäufer stehen Slabke zufolge für rund 40 Prozent des jährlichen Policenvolumens von 200 Milliarden Euro. Banken kommen auf weitere zehn Prozent. Der Rest wird über den Vertrieb der einzelnen Versicherungskonzerne direkt verkauft. Demnach entspräche ein über den Hypoport-Marktplatz vermitteltes Versicherungsvolumen einem Marktanteil von 20 Prozent.

Bei Berenberg werden die Ziele dennoch für realistisch eingestuft. Die Hanseaten trauen Hypoport dabei zu eine vergleichbare Marge wie im Kreditgeschäft zu erzielen. Läge die operative Gewinnspanne bei 40 Prozent kommen die Aktienexperten auf 44 Euro je Aktie, denn das Versicherungsgeschäft zum Unternehmenswert betragen wurde. Bei 50 Prozent Ebit-Marge wären es sogar 55 Euro. Gelingt Hypoport letzteres ergibt das laut den Hamburgern ein auf heute abgezinstes Kursziel von 155 Euro. Berenberg geht jedoch konservativer vor, rechnet mit 40 Prozent Marge und kommt so auf ein Kursziel von 144 Euro.

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Einschätzung der Redaktion



Der Finanzierungsvermittler Hypoport will nach Baudarlehen den nächsten Milliardenmarkt angreifen. Gleichzeitig wächst Hypoport in seinem Kerngeschäft der Kreditvermittlung trotz einem stagnierenden Markt weiterhin stark. Im ersten Quartal stieg das operative Ergebnis, angetrieben durch alle Geschäftsbereiche, um 30 Prozent auf 6,9 Millionen Euro. Das Hypoport Finanzmärkte digitalisieren kann, haben die Berliner mit Europace bewiesen. Die Erfolgsaussichten für Insutech stehen damit nicht schlecht. Immerhin macht die neue Plattform bereits Umsätze im niedrigen einstelligen Millionenbereich. Die Fantasie in puncto Milliardenmarkt Versicherung dürfte die Aktie weiter beflügeln. Wegen der hohen Bewertung sollten nach dem jüngsten Kurssprung vorerst jedoch nur risikobereitere Anleger einsteigen.

Kursziel: 142,00 Euro
Stoppkurs: 96,00 Euro