Der Finanzdienstleister Hypoport hat wegen der schwachen Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen seine Jahresziele deutlich reduziert. Der bisherige Ausblick werde „deutlich verfehlt“, teilte das SDAX-Unternehmen gestern überraschend nach Börsenschluss mit. Von Lars Winter
Aktie fällt um fast 40 Prozent
Der Kurs der Hypoport-Aktie brach heute dramatisch um fast 40 Prozent ein. Der Titel notiert mittlerweile nur noch auf zweistelligem Kursniveau und nähert sich inzwischen sogar der Marke von 90 Euro. Vor einem Jahr wurde der Titel noch zu Kursen über 600 Euro gehandelt.
Verbraucher halten sich am Immobilienmarkt zurück
Der sprunghafte Zinsanstieg, die hohe Inflation und Rezessionsängste schlagen beim Immobilienfinanzierer voll ins Kontor. Nach Ansicht des Vorstands sei momentan kaum vorhersehbar, ob Verbraucher weiterhin bei privaten Immobilienfinanzierungen zurückhaltend bleiben oder sich die Lage im weiteren Jahresverlauf wieder verbessert. Viele Verbraucher hoffen derzeit offensichtlich auf stärker fallende Immobilienpreise und halten sich daher zurück. Für das zweite Halbjahr sei die Nachfrage nach Produkten in der privaten und institutionellen Immobilienfinanzierung sowie im Corporate Finance Geschäft sehr schwach.
Sinkende Umsätze und nur noch ausgeglichenes Ergebnis
Für das dritte Quartal rechnet das Management mit einem rückläufigen Erlös, der nach eigener Einschätzung leicht unter dem Vorjahresniveau liegen wird. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) soll zwar „ausgeglichen“ ausfallen, doch noch im August hatte Hypoport trotz des deutlichen Zinsanstiegs bei Immobilienkrediten an seinen Jahreszielen festgehalten und für 2022 einen Umsatz von 500 bis 540 Millionen Euro und einen operativen Gewinn (Ebit) von 51 bis 58 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
Warburg Research rät zum Kauf - Kursziel 325 Euro
Analyst Marius Fuhrberg von Warburg Research rät weiterhin zum Kauf der Aktie. Das Kursziel lautet 325 Euro, was auf aktuellem Kursniveau mehr als eine Verdreifachung wäre. Die Prognosekürzung sei zwar eine negative Überraschung. Hypoport sei allerdings am Markt nach wie vor gut positioniert, die langfristige Strategie intakt, sofern sich der Immobilienmarkt mittelfristig erholen werde. Größere Kursrückschläge würden nach Meinung von Fuhrberg langfristig orientierten Anlegern eine Einstiegschance bieten.
Hauck & Aufhäuser skeptisch
Analyst Simon Keller von Hauck Aufhäuser Investment Banking ist skeptisch gestimmt und glaubt, dass sich die Negativentwicklung auch auf das kommende Jahr auswirken wird. Keller erwartet für 2023 einen Umsatzrückgang um zwölf Prozent mit signifikant negativen Auswirkungen auf die Profitabilität. Keller stufte die Aktie nach der „verheerenden Gewinnwarnung“ von „Hold“ auf „Sell“ und kappte das Kursziel von 205 Euro auf 70 Euro.