Der Dating-Dienst Tinder zählt zu den heißesten Apps auf dem Globus. Eine neue Affäre - das geht in dem beliebten Kuppel-Programm ganz fix. Eine Studie der Universität von New Mexico ergab jüngst, dass sich inzwischen 39 Prozent der US-Paare über Online-Apps kennengelernt haben - mehr als über Freunde. Laut Mitgründer Jonathan Badeen rührt der Erfolg Tinders auch daher, dass der Algorithmus der App auf Verhaltensmuster zurückgreift: Bevor Nutzer das große "Match" finden, erhalten sie ungewöhnliche Vorschläge. Die unerwarteten Treffer erhöhen die Neugier auf weitere Kandidaten.

Das Wischen über den Bildschirm des Smartphones entspricht bei Tinder dem Einsortieren neuer Gesichter im wirklichen Leben. "Die App empfindet nach, wie wir Menschen im echten Leben Entscheidungen treffen: blitzschnell", erklärt Michael Gratzke, Chef des Love Research Network an der University of Hull, den Erfolg. "Wenn wir einen Raum betreten, dauert es nur Sekunden, um zu entscheiden, wen wir ansprechen."

Jetzt aber steht Tinder samt seiner Mutter Match Group vor dem Verkauf. Die New Yorker Internetgruppe IAC besitzt 80 Prozent des Grundkapitals an Match. Bereits im November 2015 spaltete IAC rund 20 Prozent der Aktien per Börsenlisting ab. Nun erwägt IAC-Gründer Barry Diller den Verkauf der restlichen Anteile an die IAC-Aktionäre.

Bye-bye Match


Im August tat IAC-Chef Joey Levin die Gedanken kund. "Match liefert in fast allen Bereichen, was wir uns erhoffen", pries Levin die Tochter. Aber warum dann ein Verkauf? Der Zeitpunkt könnte günstig sein: Im jüngsten Quartal verzeichnete Match Group im Ausland erstmals mehr Abonnenten als im Inland, dazu gab es gleich noch Rekordergebnisse. Das IAC-Management könnte zudem befürchten, dass die App eines Tages aus der Mode kommt. Die Markteintrittsbarrieren sind jedenfalls niedrig. Und Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte vor einiger Zeit bemerkt, in den Dating-Markt einsteigen zu wollen.

Trennung gehört zudem zum Geschäftsmodell von IAC. Diller baut Firmen auf, um sie dann mit Gewinn abzuspalten. Von vier bedeutenden Töchtern trennte sich Diller im Lauf der Zeit: Onlinereisevermittler Expedia, Onlinekreditanbieter Lending Tree, Eintrittskartenvermarkter Ticketmaster sowie TV-Verkaufskanal Home Shopping Network. Und neben Match steht auch die Handwerker-Bewertungsplattform Angi Homeservices auf der Liste potenzieller Verkäufe.

Künftig will sich Diller auf die Sparten Internet, Medien und Anzeigen konzentrieren. Der Mann weiß, wie man im Medienbereich Marken aufbaut. Der 77-jährige IAC-Gründer kennt die Branche von der Pike auf: Einst rief er mit Medientycoon Rupert Murdoch die US-Fernsehgruppe Fox ins Leben. Seither sitzt der Milliardär in mehreren Aufsichtsgremien, etwa bei Expedia oder Coca-Cola. Dillers Geschäftssinn ist legendär - und IAC eine Cashcow: Im vergangenen Jahr warf das operative Geschäft Barmittel von knapp einer Milliarde Dollar ab.

Favoriten im Blick


Großes Augenmerk liegt jetzt etwa auf der Medien-Website Dotdash. Massentaugliche Themen wie Gesundheit, Privatfinanzen, Hochzeit oder Reisen bilden die Schwerpunkte. Levin berichtet von schnell steigenden Margen. "Bei Dotdash haben wir lange an vielen Dingen gearbeitet, um die Monetarisierung zu optimieren", sagt der IAC-Chef. Mittlerweile läuft es rund, der Digitalverlag bietet Kunden einen der besten Werbeeffekte in der Branche.

In die private Autovermietung Turo, die gerade auch den deutschen Markt aufrollt, investierte IAC 250 Millionen Dollar. Turo ist eine Art Airbnb für Autos, inzwischen gibt es zehn Millionen Mitglieder. Der Vorteil dieser Shared-Economy-Konzepte: Sie brauchen wenig Assets, haben aber ein hohes Ertragspotenzial. "Wir sehen Turo als ein verstecktes Juwel", erklärt Levin.

Es könnten weitere junge Beteiligungen hinzukommen, mit denen sich IAC wieder einmal neu erfinden kann. Ein Verkauf von Match würde die ohnehin volle Kriegskasse weiter füllen.

Investor-Info

IAC
Neuer Investmentzyklus


Aktionäre der Internetholding können sich glücklich schätzen: Der Kurs legte seit Januar 1993 um rund 20.000 Prozent zu - ein Grund, weshalb IAC und Barry Diller an der Wall Street hoch angesehen sind. Der Aufbau kleiner Internetfirmen ist die Stärke des Gründers. Mit dem Verkauf der Umsatzbringer Match Group und Angi Homeservices würde IAC zu den Wurzeln zurückkehren. Die Holding würde flexibler und fit für neues Wachstum. Gutes Langfristinvestment.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 270,00 Euro
Stoppkurs: 180,00 Euro