Die Chemiebranche ist eine der Vorzeigebranchen in Deutschland. Zuletzt ist jedoch der Druck auf die Unternehmen gewachsen, strukturelle Veränderungen vorzunehmen: Kosten senken und Randbereiche verkaufen. Weil auch die Kurse niedrig sind, ist das ein ideales Umfeld für Aktivisten – zum Vorteil der BASF-Aktie...

Der weltweit größte Chemiekonzern, BASF, ist bisher noch nicht Ziel einer Hedgefonds-Attacke geworden. Doch das könnte sich ändern. Der Name BASF taucht immer wieder auf Listen von Unternehmen auf, die bei strukturellen Änderungen hohes Kurspotenzial versprechen. Das Motto „Halber Preis, doppelter Wert“ lässt sich im Chartbild ablesen. 

Die Aktie kostet im Moment 45 Euro, ihr Hoch erreichte sie 2018 bei 95 Euro. Eine gewisse Unzufriedenheit mit der Entwicklung unter institutionellen Anlegern lässt sich nicht verheimlichen. Die Fondsgesellschaft Deka hat auf der letzten Hauptversammlung gegen die Wiederwahl von Aufsichtsratschef Kurt Bock gestimmt. Es ist gang und gäbe, dass ehemalige Chefs nach einer Abkühlungspause in den Aufsichtsrat einziehen. Unabhängigkeit sieht anders aus.

BASF: Handlungsbedarf und Managementwechsel

In der aktuellen Aktionärsstruktur sind große Hedgefonds noch nicht zu finden. Doch ein Angriff könnte dank der Marktliquidität der Aktie über Nacht erfolgen. Klar ist aber auch ohne Hedgefonds-Druck: Das Unternehmen selbst muss mehr dafür tun, dass auf das eingesetzte Kapital auch eine Rendite erwirtschaftet wird, die die Kapitalkosten deckt. In den letzten Jahren ist das nicht gelungen. Zudem sind die Schulden beträchtlich, sodass Handlungsbedarf besteht. 

Passend dazu gab es einen Umbruch beim Management. Der neue Chef Markus Kamieth wird strukturelle Veränderungen durchführen müssen. Nach Schließungen einzelner Betriebsstätten könnte der nächste Schritt folgen: Die Überprüfung der Geschäftsbereiche.

BASF hat seine Struktur auf Verbundstandorte aufgebaut. Das sind Superfabriken, die aus Rohstoffen Vor-, Zwischen- und Endprodukte erzeugen. Aufgrund des Verfahrens-Know-how ist das der Wettbewerbsvorteil. Der Konzern hat im Moment sechs Verbundstandorte und baut mit hohen Investitionen den siebten in China. Aus dem Produktportfolio hängen drei Bereiche nicht unmittelbar mit dem Verbundsystem zusammen: Agrarchemie, Batteriegeschäft und Beschichtungen. Diese Bereiche könnten zur Disposition stehen, etwa durch einen Verkauf oder eine Abspaltung an die Aktionäre. Dabei könnten einige Reserven gehoben werden.

Bewertung der Verkaufsmöglichkeiten

Es hat sich nämlich gezeigt, dass Verbundkonzerne in vielen Fällen nicht die besten Eigentümer von spezialisierten Einheiten sind. Nach dem Verkauf solcher Aktivitäten konnten die neuen Eigentümer, meist Beteiligungsfirmen, die Rendite deutlich steigern. Deshalb lassen sich auch hohe Preise realisieren. Das Beschichtungsgeschäft, haben die Analysten von Berenberg errechnet, würde bei einem Verkauf an eine Beteiligungsfirma rund sieben Milliarden Euro bringen, das sind rund 17 Prozent des Börsenwerts. 

Noch spannender wäre wohl die Abspaltung der Agrarchemie an die Anteilseigner. Der Wert der Aktivitäten könnte Richtung 20 Euro pro Aktie gehen, fast den halben Börsenwert. Ein Kursziel von 65 Euro bietet über 50 Prozent Kurschance.

Übrigens: Dieser Artikel stammt aus der neuen Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Diese finden Sie hier

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Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: BASF.