€uro: Im Januar 2017 zieht Donald Trump als US-Präsident ins Weiße Haus ein. Er steht für Deglobalisierung und Abschottung. Wird er den Börsen noch schaden?


Michael Reuss: Trump ist eine Black Box. Wir wissen nicht, für was er wirklich steht. Sein Markenzeichen ist vor allem Unberechenbarkeit. Das dürfte der Börse auf Dauer nicht gefallen.

Philipp Vorndran: Der Trend zu mehr Protektionismus bereitet uns tatsächlich starke Kopfschmerzen. Jeder Volkswirt weiß, dass eine offene globale Wirtschaft der beste Treiber für Wohlstand und Unternehmensgewinne ist. Unter dem Motto "America first" kann Trump hier viel Schaden anrichten: Einfuhrzölle durchboxen, Handelsvereinbarungen kippen und moralischen Druck auf heimische Unternehmen ausüben. Was für die USA positiv scheint, kann für den Rest der Welt zum Problem werden.

Die Wall Street hat seinen Wahlsieg trotzdem mit einer Kursrally gefeiert. Wieso das?


Peter Huber: Weil man sich positive Einflüsse auf die Wirtschaft erhofft. Von der extremen Globalisierung haben auch die Amerikaner profitiert. Wenn Trump jetzt einen Handelskrieg anzettelt, leidet die US-Wirtschaft genauso wie Europa oder Asien. Deshalb wird er stillhalten. Er wird die Konjunktur nicht ausbremsen, jedenfalls nicht dauerhaft.

Der Trend zu Protektionismus und Nationalismus ist auch in Europa spürbar, die Populisten haben großen Zulauf. In den Niederlanden, Frankreich und Deutschland stehen 2017 Wahlen an. Ist der Börsenaufschwung in Gefahr?


Reuss: Eine Baisse sehe ich nicht. Aber wenn in Frankreich der Front National die Wahl gewinnen sollte, wird das zu heftigen Schockwellen an den Aktienmärkten führen. 2017 brauchen die Investoren gute Nerven. Es wird keinen Freifahrtschein für Aktien geben.

Hendrik Leber: Mal ehrlich, die Politik können wir sowieso nicht vorhersagen. Mit Trump als Präsidenten hat niemand gerechnet. Mit dem Brexit auch nicht. Natürlich haben Wahlen gravierende Folgen. Durch den Brexit werden massenhaft Investitionen aufgeschoben, die britische Wirtschaft wird in die zweite Klasse absteigen. Aber auf Wahlen zu spekulieren, führt an der Börse nicht zum Erfolg. Besser setzt man auf Aktien von guten Unternehmen. Die schlagen sich auch in schwierigen Phasen gut.

Jens Ehrhardt: Trotzdem, die Politik ist ein Störfaktor. So wie Renzis verlorenes Referendum in Italien. Bisher hat sein Rücktritt die Börsen zwar nicht beunruhigt. Aber das Land ist auf dem besten Weg, sich aus der Gemeinschaftswährung zu verabschieden. Wenn eine Regierung ans Ruder kommt, die das fordert, stürzt die Eurozone zurück in die Krise. Denken Sie nur an die Vermögenswerte, die weltweit agierende Konzerne in Italien halten. Wenn die um 30 Prozent abgewertet werden, geht es rund an der Börse.

Börsencrash durch eine Rückkehr der Eurokrise: Ist das Ihr Szenario für das Jahr 2017?


Ehrhardt: Nein, kein Crash, aber heftige Turbulenzen. Am Ende ist der Euroaustritt Italiens allerdings die einzige Lösung. Das Land kann mit dem Euro niemals wettbewerbsfähig werden.

Vorndran: Ich fürchte nur, wir müssen noch länger auf diesen Austritt warten. Erstens, weil die EZB und die entscheidenden Regierungen in der Eurozone den Euro mit Klauen und Zähnen verteidigen. Und zweitens, weil die Italiener vorerst nur drohen. Vom Austritt zu sprechen und ihn dann auch umzusetzen, das sind zwei Paar Stiefel.

Klingt so, als ob Sie den Euro-Exit Italiens geradezu herbeisehnen.


Vorndran: Jeder weiß, dass der Euro den Volkswirtschaften schadet, weil er ihnen das Ventil einer selbstbestimmten Währungs- und Zinspolitik nimmt. Wir sehen sein Auseinanderbrechen deshalb als Befreiungsschlag und als Maßnahme zum Neustart der Dynamik der europäischen Volkswirtschaften, also als eine tolle Nachricht für Bürger und Investoren.
Ehrhardt: Der Euro wird in seiner jetzigen Form sowieso nicht überleben. Auch Griechenland muss raus aus der Währungsunion. Natürlich können solche Länder später wieder aufgenommen werden.



Wenn Italien und Griechenland austreten, folgen als Nächstes womöglich Spanien, Portugal und vielleicht sogar Frankreich. Würde diese Unsicherheit die Börse nicht auf Dauer belasten?


Reuss: Gegenfrage: Wenn Italien den Euro verlässt, wird der Euro dann besser oder schlechter? Besser natürlich. Das gilt für alle Länder, die im Euro nicht überlebensfähig sind. Wenn Italien austritt, wäre das eine gewaltige Einstiegschance an den Börsen.

Huber: Es ist wirklich vergebene Liebesmüh, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Die Politik spielt für die Börse überhaupt keine Rolle. Wir haben die US-Börsendaten seit mehr als 100 Jahren ausgewertet. Das Ergebnis war: Die Renditen am Aktienmarkt werden nur von zwei Faktoren bestimmt - von Unternehmensgewinnen und Zinsen. Und beide sprechen heute klar für Aktien.

Die Unternehmensgewinne haben 2016 ziemlich enttäuscht.


Huber: Das ist nur eine Momentaufnahme. Solange es riesige ungesättigte Märkte wie China und Indien gibt, wird mir überhaupt nicht bang um die Weltwirtschaft und die Firmengewinne. Hinzu kommt, dass wir vor gewaltigen Innovationsschüben stehen: in der Biotechnologie, der Medizintechnik, der Elektromobilität, dem autonomen Fahren und vielen anderen Bereichen.

Ehrhardt: Positiv ist auch, dass die Produzentenpreise überall steigen. Wenn sie klettern, legen die Unternehmensgewinne immer zu.

Reuss: Richtig ist: Wer sein Vermögen erhalten und darüber hinaus Erträge erzielen will, kommt an Aktien nicht vorbei. Trotzdem erwarte ich nicht viel von den Unternehmensgewinnen. Ob sie wachsen, hängt davon ab, ob wir freie Märkte haben. Und hier geht der Trend klar zur Planwirtschaft.

Was meinen Sie damit?


Reuss: Dass der Staat ständig in die Märkte eingreift. Notenbanker wie Mario Draghi und Janet Yellen sind die größten Insolvenzverschlepper der Geschichte. Mit ihren Niedrigzinsen sorgen sie dafür, dass sich auch schlechte Unternehmen so billig refinanzieren können, dass sie überleben. Dadurch verschwinden überschüssige Produktionskapazitäten nicht aus dem Markt. Das ist der Grund, weshalb die Gewinnentwicklung so enttäuschend verläuft.

Vorndran: Diese "Planwirtschaft" existiert tatsächlich. Wir haben ermittelt, dass in der Eurozone mehr als 100 000 kleine und mittlere Unternehmen nicht aus dem Markt ausgeschieden sind, nur weil das Zinsniveau so tief ist. Aber jetzt kommt das Entscheidende: Das ist verheerend für die Produktivität unserer Volkswirtschaften, paradoxerweise aber nicht für die Börsen. Die Aktien- und Anleihekurse sind auch durch Negativzinsen und Quantitative Easing gestiegen. Und der Trend zur kreativen Geldpolitik setzt sich fort: In Zukunft werden die Notenbanken möglicherweise auch in großem Stil Aktien kaufen. Die Bank of Japan und die Schweizerische Nationalbank machen es vor. Letztere hält schon mehr als 127 Milliarden Schweizer Franken in Aktien.

Leber: Richtig. Die Notenbanken werden die Geldschleusen noch weiter öffnen. Und Aktien werden das attraktivste Investment bleiben.

Die Geldpolitik der US-Notenbank Fed deutet eher auf eine Wende hin. Sie ist gerade dabei, die Zinsen zu erhöhen.


Vorndran: Eine langfristige Zinswende kommt nicht, aber einen Zinsbuckel würde ich 2017 nicht ausschließen, speziell in den USA. Denn die Fiskalpolitik wird expansiver. Deficit Spending heißt das neue Zauberwort, das Anschieben der Konjunktur durch schuldenfinanzierte Staatsausgaben. Trump hat das ganz klar angekündigt, die Mehrzahl der europäischen Politiker steht auch schon in den Startlöchern.

Reuss: Die Fed wird ihre Geldpolitik nach dem nächsten Zinsschritt nicht zu sehr straffen. Weltweit können die Zinsen nicht stark steigen. Das lässt die horrende Staatsverschuldung gar nicht zu. Da würden einige Länder extrem in Schieflage geraten.



In Europa und in den USA zieht die Inflation wieder an. Müssen die Notenbanken die Geldflut deshalb nicht langsam eindämmen?


Ehrhardt: Nein. Die Inflation wird nicht so weit nach oben schießen, dass die Fed bremsen muss.

Reuss: Außerdem ist mehr Inflation bei niedrigen Zinsen das Beste, was den Staaten passieren kann. Nur so kommen sie von den Schuldenbergen endlich etwas runter.

Leber: Das ist aber sehr kurzfristig gedacht. Natürlich werden die Zentralbanken irgendwann bremsen müssen, weil die Inflation steigt und Blasen entstehen - am Anleihemarkt, am Immobilienmarkt, überall. Aber die Notenbanker haben sich in eine Sackgasse manövriert. Sie werden die Zinsen nicht anheben können, weil sonst die Wirtschaft zusammenbricht.

Was passiert dann?


Huber: Dann brechen alle Dämme.

Leber: Ja, es kommt zum Kollaps des Geldsystems. In fünf bis zehn Jahren könnte es so weit sein. Die Preise werden davonlaufen, ähnlich wie in der Hyperinflation von 1923. Und die Leute werden in Sachwerte fliehen - in Immobilien und Aktien.

Man sollte jetzt Immobilien kaufen, um sein Vermögen zu schützen?


Vorndran: Die eigenen vier Wände ja, das Zinshaus nein. Die Politik würde bei solch drastischen Entwicklungen, die ich heute jedoch noch nicht sehe, bestimmt eingreifen. 1923 hat sie die Mieten gedeckelt. Weil durch die Hyperinflation zugleich die Kosten für Immobilienbesitzer in die Höhe geschossen sind, mussten viele wieder verkaufen - oft mit Totalverlust.

Wer Aktien besitzt, braucht aber auch ein dickes Fell. Die Kursausschläge der 1920er-Jahre waren gewaltig.


Reuss: Klar. Wenn der Systemcrash kommt, werden die Börsen mal ein paar Tage schließen und die Kurse um 50 bis 60 Prozent einbrechen.

Leber: Bis dahin kann man mit Aktien aber noch hohe Gewinne einfahren. Die 5000 größten Aktien der Welt werfen im historischen Schnitt rund sechs Prozent Rendite pro Jahr ab. In den nächsten Jahren ist sogar noch mehr drin. Wenn die Krise dann hochkocht, werden die Kurse zwar extrem ausschlagen. Aber am Ende werden Aktien das Chaos besser überstehen als alle anderen Vermögenswerte.

Aktien sind aber schon teuer. Sollten Anleger trotzdem zugreifen oder auf günstigere Einstiegskurse warten?


Huber: Aktien sind nicht teuer. Bewertungsexzesse gibt es nur bei Bonds und Immobilien, weil sie im Gegensatz zu Aktien als sicher gelten. Laut einer aktuellen Umfrage ist das oberste Ziel von 83 Prozent der institutionellen Investoren in Deutschland, keine Verluste einzufahren. Bei so viel Angst lohnt sich das Risiko, antizyklisch Aktien zu kaufen, immer.

Relativ mögen Aktien attraktiv sein, absolut sind sie trotzdem hoch bewertet. Das Shiller-KGV für den S & P-500-Index liegt bei 27 und damit weit über dem historischen Durchschnitt.


Huber: Die Aktienbewertung hängt auch vom Zinsniveau ab. Und das wird langfristig viel tiefer liegen als früher. Historisch schwankte es im Zyklus um sechs Prozent für zehnjährige Laufzeiten. Künftig werden es maximal noch drei Prozent sein. Bei Aktien sind deshalb doppelt so hohe Kurs-Gewinn-Verhältnisse gerechtfertigt. Hinzu kommt noch, dass überhaupt keine Euphorie herrscht. Der Euro Stoxx 50 notiert mehr als 40 Prozent unter seinem Allzeithoch aus dem Jahr 2000. So etwas gibt es ganz selten in der Börsengeschichte.

Ehrhardt: Ich rechne auch damit, dass die Kursrally 2017 wieder in Schwung kommt. Zum einen, weil die Investoren bei steigender Inflation in großem Stil Anleihen in Aktien tauschen werden. Zum anderen, weil die Geldmenge M1 weltweit steigt. Da sind die Aktienkurse in den vergangenen 100 Jahren immer geklettert.



Wo steht der DAX in zehn Jahren, wenn es bis dahin noch keine Systemkrise gegeben hat?


Huber: Wenn die Zinsen unten bleiben, womit ich rechne, locker bei 20 000 Punkten.

Welche Aktien kaufen Sie zurzeit?


Ehrhardt: Interessant ist der Bausektor wegen der niedrigen Zinsen. Viel, was weltweit mit Bau zu tun hat, wird gut laufen, zum Beispiel Zementaktien.

Vorndran: Wir setzen weiter auf Qualitätsaktien. Unter ihnen hat sich der zyklische Anteil seit Sommer erhöht. Wir haben Titel wie Daimler und BMW gekauft. Nestlé ist und bleibt ein Favorit. Während des Brexit-Referendums hat der Titel bewiesen, dass er in Krisenzeiten sehr stabil ist. Auch Pharmaaktien sind wieder einen Blick wert. Sie haben schwer gelitten, weil man in den USA die Medikamentenpreise deckeln will. Vermutlich wird es nicht so schlimm kommen, wie der Markt befürchtet.

Herr Leber, Sie durchforsten den Aktienmarkt mit künstlicher Intelligenz. Wie funktioniert das?


Leber: Man kann sich das vorstellen wie bei der Bilderkennung. Ein selbstfahrendes Auto sucht nach Mustern in den Straßenmarkierungen und handelt entsprechend. Genauso erkennt der Computer Muster in den Bilanzen und identifiziert so gute und schlechte Titel. Er ist erstaunlich gut. Die Trefferquote für Aktien, die den Index übertreffen, ist doppelt so hoch wie beim Menschen.

Welche Aktien empfiehlt Ihr Computer derzeit?


Leber: Hexagon zum Beispiel, eine schwedische Messtechnikfirma. Oder AAK, einen Hersteller von Fetten für die Lebensmittelindustrie. Das sind keine Hightechschmieden, sondern ganz normale Firmen, die gerade sehr billig sind.

Wo gibt es außerhalb Europas gute Kaufgelegenheiten?


Ehrhardt: Von allen großen Börsen ist die japanische am günstigsten bewertet. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis liegt bei gut eins. Zudem haben die Unternehmen sehr solide Bilanzen. Und sie verfügen über fast drei Billionen Dollar Cashreserven. Auch wenn der Yen nur seitwärts läuft, dürften japanische Aktien aussichtsreich sein. Wenn er abwertet - wie zuletzt - dann werden sie noch attraktiver.

Reuss: Wir erwarten 2017 einen Preisanstieg bei Silber und Gold, weil die Inflation anzieht und die Realzinsen damit fallen. Bei Silber kommt noch die steigende Industrienachfrage hinzu. Damit sind die Edelmetalle nicht mehr nur eine Absicherung gegenüber Verwerfungen im Finanzsystem, sie dürften auch wieder einen Beitrag zur Rendite liefern.

Ehrhardt: Was langfristig noch für Gold spricht, ist die steigende Nachfrage in China. Dort wissen die Investoren nicht mehr wohin mit dem Geld. Der Immobilienmarkt ist überhitzt, an Aktien haben sie sich oft die Finger verbrannt. Gold ist eine willkommene Alternative. Das Geschäft chinesischer Schmuckhersteller zieht wieder an, nachdem es über Jahre hinweg enorm geschwächelt hat.

Leber: Ich kaufe lieber Bitcoins als Gold. Die digitale Währung muss wie das Edelmetall geschürft werden, allerdings mit Rechenkapazitäten und Energie. Damit ist die Gefahr, dass die Bitcoin-Menge stark vermehrt wird, bei Weitem nicht so akut wie bei Euro oder Dollar, wo die Notenbanken die Geldschleusen weit offen halten. Zugleich können Bitcoins problemlos über Ländergrenzen hinweg transferiert werden - viel leichter als Gold. Für die Regierungen ist es daher sehr schwierig, ein Verbot durchzusetzen. Negativzinsen gibt es auf Bitcoins übrigens auch nicht.

Raten Sie jedem Privatanleger, Bitcoins zu kaufen?


Leber: Durchaus. In unserem Mischfonds machen Bitcoins schon 4,5 Prozent aus. Das ist auch für Privatanleger eine vernünftige Quote.

Auf Seite 5 - 9: Top-Empfehlungen der Vermögensverwalter





Jens Ehrhardt, Vorstand DJE Kapital: "Euro pfui, Aktien hui"



Verwaltetes Vermögen: 11 Milliarden Euro

Ein Freund des Euro war Jens Ehrhardt noch nie. Schon 1997 kam er in einer Studie zu dem Fazit, dass die Gemeinschaftswährung ein Desaster wird. Angesichts der Krise in Italien sieht sich der Altmeister der deutschen Vermögensverwalter heute bestätigt. "Der Euro ist in seiner jetzigen Form langfristig nicht zukunftsfähig", sagt er. Optimistischer ist Ehrhardt für das Börsenjahr 2017. "Ich rechne damit, dass die Kursrally wieder in Schwung kommt." So setzt er bei seinen Favoriten für die nächsten zwölf Monate nur auf Aktien. Eine davon ist der Industriegasekonzern Linde. Ehrhardt hält den Titel für günstig bewertet. Das Papier sollte 2017 von einer anziehenden Weltkonjunktur profitieren. Erneut findet sich zudem BlackRock in der Auswahl. Der führende Anbieter von börsengehandelten Indexfonds zählt laut Ehrhardt zu den Finanztiteln mit der stabilsten Gewinnentwicklung weltweit.



Rückblick



Auch im Vorjahr hat €uro die Tipps der Finanzprofis abgefragt. Ehrhardt erzielte dabei das höchste Plus: knapp 28 Prozent. Der DAX legte im gleichen Zeitraum nur fünf Prozent zu. Überflieger in der Top-Auswahl war Hochtief mit einem Gewinn von rund 62 Prozent. Ehrhardt hält den Titel inzwischen aber für zu teuer und rät zum Verkauf.





Peter Huber, Vorstand StarCapital: "Favoriten aus Asien"



Verwaltetes Vermögen: 2,3 Milliarden Euro

Peter Huber ist mit allen Wassern der Finanzmärkte gewaschen. Er blickt auf fast 40 Jahre Börsenerfahrung zurück und gilt als profunder Kenner der Anleihemärkte. "Für 2017 rechnen wir mit einer Zinswende", sagt er, "und mit einer besseren Weltkonjunktur." In diesem Umfeld setzt der Gründer der Fondsboutique StarCapital lieber auf Aktien. Allerdings nicht auf Einzelwerte, sondern auf börsengehandelte Indexfonds (ETFs). Besonders hohe Gewinnchancen sieht er in Asien. "Doch auch in Europa sind die Bewertungen nicht übertrieben. Der Euro Stoxx 50 notiert noch unter seinem Hoch aus dem Jahr 2000." Wie im Vorjahr gehört der währungsgesicherte ETF auf den MSCI-Japan-Index zu Hubers Top-Empfehlungen. 2016 hat das Papier unter der Yen-Aufwertung gelitten. Huber hält die Währung jetzt für hoch bewertet und sieht viel Kurspotenzial an der Börse in Tokio.



Rückblick



Dass Huber ein Anleiheexperte ist, kann man an seinem Favoritendepot aus dem Vorjahr erkennen. Die starke Wertentwicklung von rund 22 Prozent verdankt er vor allem den beiden Dollar-Bonds von Anglo American und Petrobras. Huber hat darauf gesetzt, dass die Sorge um die Finanzlage des Rohstoff- und des Ölkonzerns übertrieben war. Die Turnaround-Spekulation ging auf.





Michael Reuss Geschäftsführer Huber, Reuss & Kollegen: "Schockwellen in Sicht"



Verwaltetes Vermögen: 2,1 Milliarden Euro

Den Trend zu mehr Nationalismus und Protektionismus in der Politik sieht Michael Reuss mit Sorge. "Wenn 2017 in Frankreich der Front National die Wahl gewinnen sollte, wird das zu heftigen Schockwellen an den Aktienmärkten führen", sagt der Vermögensverwalter aus München. Trotzdem rät er nicht von Aktien ab. Im Gegenteil: Dividendenpapiere sind seiner Ansicht nach der beste Schutz vor einer drohenden Krise des Geldsystems. Nur brauchen Anleger gute Nerven, um die Schwankungen auszuhalten. Unter Reuss’ Tipps für 2017 findet sich die Aktie von Givaudan, dem weltweit größten Hersteller von Duft- und Aromastoffen aus der Schweiz, der Kunden wie Procter & Gamble, Colgate-Palmolive, L’Oréal oder Unilever beliefert. Das Papier notiert rund 15 Prozent unter seinem Jahreshoch - für Reuss "eine gute Einstiegsgelegenheit für konservative Anleger."



Rückblick



Reuss’ Favoritenportfolio aus dem Vorjahr warf eine doppelt so hohe Rendite ab wie der DAX. Enttäuscht hat nur die Aktie des US-Biotechkonzerns Gilead Sciences. Das Unternehmen entwickelt Medikamente gegen Krebs und Infektionskrankheiten. Die Aktie litt unter dem Preisdruck bei Arzneimitteln in den USA, bleibt laut Reuss aber attraktiv.





Hendrik Leber, Geschäftsführer Acatis Investment: "Nur die Zahlen zählen"



Verwaltetes Vermögen: 3,4 Milliarden Euro

Ob Donald Trump einen Handelskrieg auslöst? Ob in Europa die Populisten nach der Macht greifen? Für Hendrik Leber sind solche Fragen bei der Geldanlage nicht entscheidend. "Die Politik können wir sowieso nicht vorhersagen", erklärt der Chef der Vermögensverwaltung Acatis aus Frankfurt. Für ihn zählt deshalb vor allem eines: Bilanzen. Als Value-Investor durchforstet Leber die Unternehmenszahlen, um die besten Aktien herauszufiltern. "Und da finde ich immer mehr gute US-Titel als europäische", sagt er. Zwei Werte von der Wall Street zählen auch zu seinen Favoriten für 2017: der IT-Spezialist Cognizant und das Reisebuchungsportal Priceline.com. Ebenfalls auf der Kaufliste steht ein Exchange Traded Note (ETN) auf den Bitcoin-Preis. Das Papier gibt die Wertentwicklung der digitalen Währung in Euro wieder und wird an der Börse in Stockholm gehandelt.



Rückblick



Mit einem Plus von fünf Prozent liegt Lebers Top-Depot für 2016 mit dem DAX gleichauf. Die beiden schwächeren Titel, Cognizant und Deutsche Pfandbriefbank, hält er weiterhin für attraktiv, sie bleiben auf der Kaufliste. Cognizant belastete ein Bestechungsskandal, was die Aktie laut Leber "sehr billig" gemacht hat. An der Pfandbriefbank gefällt ihm die Dividendenrendite von vier Prozent.





Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege Flossbach von Storch: "Keine Angst vor Aktien"



Verwaltetes Vermögen: 25 Milliarden Euro

Philipp Vorndran ist ein Botschafter in Sachen Aktien. "Aus Angst vor Kursschwankungen schrecken viele Menschen davor zurück, Aktien zu kaufen. Das ist Unfug", sagt er. Denn für ihn sind Dividendentitel derzeit die attraktivste Anlageklasse. Dass man kein Hasardeur sein muss, um seiner Argumentation zu folgen, zeigt seine Empfehlungsliste. Vorndran setzt auf Aktienfonds. Dadurch ist die Anlage breit gestreut, das Schwankungsrisiko sinkt. "Unser Portfolio ist auf fünf Jahre ausgelegt, nicht nur auf zwölf Monate", erklärt er. Passend dazu hat er im Vergleich zum Vorjahr nur einen Fonds neu aufgenommen: den Stewart Investors Worldwide Sustainability. Das Management nimmt Unternehmen mit robustem Cashflow und soliden Margen ins Portfolio. Zudem müssen sie ökologische, soziale und ethische Kriterien erfüllen. Große Positionen im Fonds sind Henkel, Unilever und Merck.



Rückblick



Auch Vorndran hat mit seiner Topliste aus dem Vorjahr ungefähr dieselbe Wertentwicklung erzielt wie der DAX. Allerdings mit weniger Risiko, weil sein Fondsdepot breiter diversifiziert ist als der deutsche Leitindex. Vorndran richtet sein Tipp-Portfolio sehr langfristig aus, sodass er vier seiner Empfehlungen auch 2017 treu bleibt. Ausgetauscht wird nur der BL Equities Dividend Fonds.



Lesen Sie in Teil eins der Serie die Chancen und Risiken im neuen Börsenjahr, in Teil drei Tipps zur Anlage in Aktien, Anleihen und Rohstoffen und in Teil vier Tipps zu Steuern und privaten Finanzen.