Die Verhandlungen zwischen den Ruhrgebiets-Rivalen liefen das ganze Wochenende auf Hochtouren, am Montag wurden die Pläne publik gemacht. "Wir wollen einen nationalen Champion von europäischer Dimension schaffen", sagte Annington-Chef Rolf Buch. Er hofft, dass sich das neue Unternehmen günstiger finanzieren kann und damit noch schlagkräftiger wird. Das offizielle Angebot soll vor Weihnachten vorgelegt werden.

Buch wird auch an der Spitze des neuen Unternehmens stehen, Gagfah-Chef Thomas Zinnöcker soll sein Stellvertreter werden. Die beiden Manager kennen sich seit Jahren und liegen offenbar auf einer Wellenlänge. "Es gibt hier keine emotionalen Themen", betonte Buch in einer Telefonkonferenz. Nun wollen Buch und Zinnöcker die von Analysten geforderte Branchenkonsolidierung vorantreiben. Bislang hat es keine deutsche Immobiliengesellschaft in den Börsen-Leitindex Dax geschafft - und auch der fusionierten Annington/Gagfah wird dies Experten zufolge trotz eines steigenden Börsenwerts frühestens 2016 gelingen, weil die Handelsumsätze noch zu niedrig sind. Aber ein Anfang ist gemacht, wie Zinnöcker betonte. Er sprach von großen Wachstumschancen durch das Zusammengehen.

Gerade erst hatte er sein eigenes Haus wieder auf Kurs gebracht. Am Freitagabend klingelte dann das Telefon und Buch präsentierte ihm die Fusionspläne, wie Eingeweihte berichten. Relativ schnell seien sie sich handelseinig gewesen - jetzt müssen nur noch die Anleger mitspielen. Weil Annington den Deal mit neuen Schulden und einer Kapitalerhöhung finanzieren will, hielt sich die Freude zunächst allerdings in Grenzen: Mit einem Minus von über drei Prozent war die Annington-Aktie Schlusslicht im Nebenwerteindex MDax, während die Gagfah-Aktie um fast 13 Prozent anzog.

Deutsche Annington zahlt etwa die Hälfte des Kaufpreises in bar, die andere Hälfte in eigenen neuen Aktien. Das entspricht 18 Euro je Gagfah-Aktie. Der Aufschlag von 16 Prozent auf den Schlusskurs vom Freitag ist vergleichsweise gering. Die Gagfah-Aktionäre sollen für 14 ihrer Aktien 122,52 Euro in bar sowie fünf Deutsche-Annington-Aktien erhalten. Bis zum 21. Januar 2015 muss sich entscheiden, ob sie sich für die Fusion gewinnen lassen. Voraussetzung für das Zustandekommen der Übernahme ist eine Annahmequote von mehr als 50 Prozent.

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"DIE BALKONE WERDEN BILLIGER"

Der börsennotierte Immobiliensektor ist hierzulande noch kleinteilig. Allein im MDax sind fünf Wohnungsgesellschaften gelistet. Vor gut einem Jahr hatte Deutsche Wohnen einen Anlauf gewagt, die Branche aufzumischen, und sich die Konkurrentin GSW einverleibt. Sie stieg damit zur Nummer zwei in der Branche auf - nach Annington, aber noch vor Gagfah. Deutsche Wohnen und GSW haben ihren Schwerpunkt in Berlin.

Annington und Gagfah sind bundesweit präsent, ihre Heimat ist Nordrhein-Westfalen. Hier soll auch die neue Firmenzentrale entstehen - in der Nähe der beiden Hauptverwaltungen in Bochum (Annington) und Mülheim (Gagfah). Auch einen neuen Namen soll der Immobilienriese bekommen. Personal soll nach der Fusion nicht abgebaut werden, versprach Buch. Annington verfolge anders als Gagfah das Ziel, Arbeiten wie Wartung und Objektbetreuung selbst zu übernehmen statt an Dienstleister zu vergeben.

Buch hegt zudem die Hoffnung auf größere Verhandlungsmacht gegenüber den Zulieferern - Türen und Fenster etwa könnten dann beim Hersteller bestellt werden, um bei der Modernisierung von Wohnungen zu sparen. "Die Balkone werden billiger", frohlockte er. Das wichtigste Argument für die Fusion ist aber die Finanzierung. Die Zinsen auf die milliardenschweren Schulden sollten deutlich sinken, weil dem neuen Unternehmen ein besseres Rating winke, sagte Buch. Alles zusammen soll innerhalb von zwei Jahren 84 Millionen Euro bringen.

Annington und Gagfah sind auf ähnliche Weise entstanden. Finanzinvestoren hatten staatliche und Werkswohnungen gekauft, mit Schulden finanziert und letztlich an die Börse gebracht. Die Gagfah hatte unter der Ägide des Investors Fortress mit den Wohnungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) angefangen. Annington besteht aus ehemaligen Eisenbahner-Wohnungen und den ehemaligen Werkswohnungen von E.ON und RWE. Der Investor Terra Firma hatte das Unternehmen 2013 an die Börse gebracht, Gagfah ist dort seit 2006 notiert.

Reuters