Trautes Heim, Glück allein" - von wegen. Die Immobilienpreise in vielen Regionen und Städten sind so stark gestiegen, dass die eigenen vier Wände für viele Durchschnittsverdiener ein Wunschtraum bleiben. So verdrei- bis vervierfachten sich die Hauspreise laut einer Studie der DZ Bank in einigen Ländern in den vergangenen 20 Jahren. In Deutschland liegt der kumulierte Preisanstieg seit 2010 bei gut 40 Prozent.
Besonders stark sind hierzulande die Preise in Städten wie München, Frankfurt und Berlin gestiegen. Laut der UBS sind in der Hauptstadt die Marktmieten in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 100 Prozent in die Höhe geschossen. Gleichzeitig erhöhte sich das verfügbare Einkommen nur um durchschnittlich 1,8 Prozent per annum. Frustration ist also nachvollziehbar, zumal laut UBS 85 Prozent der Berliner zur Miete wohnen.
Inzwischen rufen Mieter immer lauter nach dem Staat. Tausende Menschen haben sich an einer Unterschriftensammlung beteiligt. Deren Ziel ist ein Referendum, das die Enteignung aller Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht ermöglichen soll, die mehr als 3000 Berliner Wohnungen in ihrem Bestand haben. Das macht Anleger nervös, die in Wohnimmobilienaktien investiert sind. Es ist aber fraglich, ob Enteignungen verfassungsrechtlich durchzusetzen wären. Der Artikel 15 Grundgesetz, auf den sich die Initiatoren der Unterschriftenaktion berufen, wurde seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland nie angewendet. Fraglich ist außerdem, ob Enteignungen die Probleme auf dem Immobilienmarkt lösen würden. Denn diese beruhen auf einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. In Berlin ist dieses Missverhältnis besonders ausgeprägt. Aber auch anderswo sieht es nicht besser aus: Der Immobilienentwickler Consus prognostiziert für die neun wichtigsten deutschen Städte bis zum Jahr 2030 ein Defizit von insgesamt 1,1 Millionen Wohnungen.
Analysten erinnern indes immer wieder daran, dass sich die Preise hierzulande im internationalen Vergleich längst nicht in der Spitze bewegen. Das spricht global gesehen für künftig geringere Preisanstiege. Denn auch in anderen Ländern murren die Menschen längst über teure Immobilien. Außerdem lässt eine Weltkonjunktur, die an Dynamik eingebüßt hat, etwas weniger Preisdruck erwarten. Da allerdings auch in anderen Ländern das Angebot an Immobilien knapp ist, gehen die meisten Experten trotzdem von moderat steigenden Preisen aus. Es sollte sich also für Anleger lohnen, auf Immobilienaktien zu setzen. Doch selbst in den guten Vorjahren verzeichneten nicht alle europäischen Titel Kursgewinne - Stock-Picking war Trumpf. Dabei dürfte es bleiben.
Auf einen Blick: Immobilien
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Den Gewinnern auf der Spur
Eine Studie von Barclays hat herausgefunden, dass sich Investitionen in Unternehmen auszahlten, die bei der Summe von Nettoinventarwert und Dividendenzahlung des Folgejahres geteilt durch den Nettoinventarwert des abgelaufenen Geschäftsjahres besonders gut dastehen. Diese Strategie brachte über Zeiträume von ein, drei, fünf und zehn Jahren die beste Gesamtperformance. Andere Strategien, wie etwa auf den Abschlag zum Nettoinventarwert, die Dividendenrendite, das Verhältnis von KGV zum Gewinnwachstum oder die Gewinnrendite je Aktie zu achten, brachten schlechtere Ergebnisse. Nicht so gut funktionierte das Konzept nur in einem extrem unsicheren Umfeld oder bei einer sehr niedrigen Bewertung der Aktien. Im aktuellen Umfeld ist die Barclays-Strategie aber vielversprechend. Die Kurse deutscher Wohnimmobilienaktien entwickelten sich in den vergangenen Jahren ziemlich im Einklang mit dem Anstieg der Nettoinventarwerte. Wir haben sechs Aktien auf Basis der Studie ausgewählt.
Als zusätzliches Kriterium legen wir Wert auf ein ansprechendes Chartbild. So etwa bei Vonovia. Das DAX-Mitglied ist das größte einheimische Wohnungsunternehmen. Der Konzern besitzt knapp 400 000 Wohnungen in Deutschland, Österreich und Schweden. Davon befinden sich rund 44 000 in der deutschen Hauptstadt, sodass Vonovia von der Berliner Enteignungsdebatte betroffen ist. Basierend auf der geschätzten Summe aus Nettoinventarwert und erwarteten Dividendenzahlung geteilt durch den aktuellen Nettoinventarwert rechnet Barclays für die Jahre 2019 bis 2021 mit Wertzuwächsen von 14, acht und zehn Prozent. Solide steht LEG Immobilien da. Das Unternehmen ist in Nordrhein-Westfalen aktiv und bewirtschaftet rund 134 000 Wohnungen. Nach einem guten Vorjahr hat der MDAX-Vertreter für das laufende und das kommende Jahr weiteres Wachstum in Aussicht gestellt. Die Berenberg Bank prognostiziert, dass der für 2018 mit 101,90 Euro angegebene angepasste Nettoinventarwert in diesem bis zum übernächsten Jahr auf 106,60 Euro, 113,44 Euro und 119,84 Euro steigen wird. Bei der Dividende je Aktie rechnen Analysten von 2019 bis 2022 mit Ausschüttungen von 3,79 Euro, 3,99 Euro, 4,15 Euro und 4,47 Euro. Für das Vorjahr sollen 3,53 Euro fließen.
Aus Österreich schafften CA Immo und S Immo die Qualifikation. CA Immo ist auf Bürogebäude spezialisiert und kontrolliert ein Immobilienvermögen von rund 4,5 Milliarden Euro in Deutschland, Österreich und Osteuropa (Deutschland- Anteil am Gesamtportfolio: 44 Prozent). In Bau befinden sich Projekte für 406 Millionen Euro Buchwert. Zudem bestehen Landreserven, die eigenen Angaben zufolge ein Entwicklungspotenzial von 4,2 Milliarden Euro haben. Das Analysehaus SRC Research sieht den Buchwert 2019 von 28,37 Euro auf 30,41 Euro je Aktie steigen. Die Dividende soll von 0,90 Euro auf 1,00 Euro je Anteilschein klettern. Hinzu kommt ein intakter langfristiger Aufwärtstrend.
Damit kann auch S Immo aufwarten. Die Gesellschaft legt ihren Fokus auf gewerbliche Immobilien sowie ergänzend auf Wohnimmobilien. S Immo kontrolliert ein Immobilienvermögen von knapp zwei Milliarden Euro in Deutschland, Österreich und Osteuropa. Das Portfolio, unter anderem mit 900 000 Quadratmetern Grund rund um Berlin, birgt ebenso Fantasie wie die mit Großaktionär Immofinanz AG laufenden Synergiegespräche. SRC Research erwartet, dass der Buchwert um knapp zehn Prozent steigen wird und die Dividende um gut sieben Prozent auf 0,75 Euro je Anteilsschein erhöht wird.
Auf Seite 3: Schweiz und Schweden
Schweiz und Schweden
Aus Zürich stammt Peach Property Group. Das Portfolio der Schweizer umfasst 8800 Wohnungen in Deutschland und dem Großraum Zürich. Der Fokus liegt auf deutschen B-Städten im Einzugsgebiet von Ballungsräumen. Mittelfristig peilt der Vorstand ein Portfolio mit 11 000 Wohnungen an. Geplant ist zudem eine Optimierung des Bestands. Laut SRC Research ist beim Buchwert je Aktie in diesem Jahr ein Anstieg von 54,89 Franken auf 61,13 Franken drin. In den beiden Folgejahren könnten 66,83 bzw. 74,75 Franken herausspringen. Die Analysten prognostizieren die Aufnahme einer Dividendenzahlung von 0,30 Franken je Aktie.
Die Aktie von Fabege hat sich seit November 2008 verfünfzehnfacht. Aktiv ist der Spezialist für Gewerbeimmobilien in Stockholm. Die schwedische Hauptstadt bietet laut Vorstand ausgezeichnete Wachstumsaussichten. Dank niedriger Leerstände und steigender Mieten war das Auftaktquartal 2019 gut. Das Management ist vor diesem Hintergrund zuversichtlich gestimmt, zumal Fabege Grundstücke besitzt, um attraktive Büroflächen im Großraum Stockholm anzubieten. Die UBS prognostiziert für 2019 beim Nettoinventarwert eine Verbesserung von 125,39 auf 134,86 schwedische Kronen. Bis 2023 sollen es sogar 194,57 Kronen werden. Die Dividende taxiert die Schweizer Großbank bis dahin auf 3,90 Kronen je Aktie. Die Vorhersagen für 2019 beinhalten einen Anstieg von 2,90 auf 3,15 Kronen.