Der Klimawandel ist wohl nicht mehr aufzuhalten und bereits im vollen Gang, heißt es in einer Studie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) mit dem Titel "Wie könnte der Immobiliensektor durch den Klimawandel betroffen sein?" Eine der Folgen des Klimawandels ist demnach ein deutlicher Anstieg in Intensität und Häufigkeit von Wetterextreme - dazu zählen Naturkatastrophen wie Dürren, Stürme und Hurrikans - sowie ein Anstieg des Meeresspiegels.

Liegt das politische Ziel zu Grunde, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius bis 2 Grad Celsius zu begrenzen, ergibt sich laut LBBW für viele Vermögenswerte das Risiko, ein so genanntes "Stranded Asset" zu werden. Durch den Klimawandel könnten nämlich einige Vermögenswerte frühzeitig ihren Wert verlieren und sogar noch weitere Kosten verursachen. Dieser frühzeitige Wertverlust resultiere aus einer Veränderung des Marktes und der regulatorischen Umgebung. Insbesondere der Energiesektor, aber auch der Immobiliensektor seien hier diesem Risiko ausgesetzt.

Der Immobiliensektor spiele bei der Dekarbonisierung der Wirtschaft eine wichtige Rolle. Fast 40 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen seien diesem Sektor zuzuordnen. Um das umweltpolitisch angestrebte Ziel, den Temperaturanstieg der Erde auf 2 Grad Celsius zu begrenzen zu erreichen, müssen Immobilien ihre Emissionen bis 2050 um 80 Prozent reduzieren, was erhebliche Renovierungen und Nachrüstungen bestehender Immobilien voraussetzt.

Immobilien ohne Energiesanierung seien demnach ebenfalls durch eine Verschiebung der Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien dem Risiko ausgesetzt, zu "stranden". Zudem seien Immobilien gefährdet, die durch den Klimawandel häufiger Naturkatastrophen ausgesetzt sind. Und schließlich werden unter der Vorrausetzung einer Dekarbonisierung der Wirtschaft Immobilien mit schlechter CO2-Leistung an Wert verlieren.

Durch den Klimawandel könnte es zu einer so genannten Klimagentrifizierung (climate gentrification) in zahlreichen Regionen kommen. Damit ist gemeint, dass Grundstücke, die weniger von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, relativ im Wert steigen. Umgekehrt werden Grundstücke in Regionen, die direkt die Folgen des Klimawandels zu spüren bekommen dürften, im Wert fallen. Diese veränderten Rahmenbedingungen können zu einem Strukturwandel dahingehend führen, dass die Mieten und Preise der Immobilien in einer Region auf Grund des Klimawandels steigen oder fallen.

Wohlhabendere Bevölkerungsschichten dürften in Wohngebiete ziehen, die weniger von den Auswirkungen des Klimawandels betroffenen sind (beispielsweise hochgelegene Regionen) und die dort ärmere ansässige Bevölkerung vertreiben. Für Investoren, die frühzeitig Klimarisiken identifizieren, bieten sich neben den offensichtlichen Risiken auch Chancen, die wir nachfolgend neben weiteren Details zur Ausgangsproblematik nachfolgend aufzeigen.

Die Folgen des Klimawandels- Zunahme von extremen Wetterereignissen


Wie die LBBW in ihrer Studie ausführt, hat sich das globale Klima im Vergleich zur vorindustriellen Zeit verändert, und wie es heißt gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass diese Veränderungen bereits Auswirkungen auf Organismen und Ökosysteme hat.

Im IPCC Bericht (Intergovernmental Panel on Climate Change -"Weltklimarat", "Global Warmingof1,5 ºC") würden die Folgen einer 1,5 ºC bis 2 ºC wärmeren Welt ausführlich dargelegt. Dabei sei sich die Wissenschaft einig, dass die vom Menschen verursachte globale Erderwärmung bereits zu einer Vielzahl von Problemen und zu beobachtbaren Veränderungen im Klimasystem geführt hat.

Zu den Veränderungen gehöre ein Anstieg der Land- und Meerestemperaturen sowie häufigere Hitzewellen. Es gebe substanzielle Hinweise darauf, dass die globale Erwärmung zu einer Zunahme der Häufigkeit, Intensität und Menge von Starkregenereignissen im globalen Maßstab führt. Allgemein werde demnach bei einer Erderwärmung von 1,5 ºC bis 2 ºC ein deutlicher Anstieg in Intensität und Häufigkeit von Klima und Wetterextremen zu beobachten sein.

Es werde erwartet, dass die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C die Wahrscheinlichkeit von extremen Dürren, Niederschlagsdefiziten und Risiken im Zusammenhang mit der Wasserverfügbarkeit in einigen Regionen erheblich erhöhen dürfte. Eine globale Erwärmung führe des Weiteren zu einer Ausdehnung von Gebieten, die von Hochwasser bedroht seien, zudem steige die Häufigkeit und das Ausmaß von Überschwemmungen.

Quellen: IPPC, LBBW

Die Folgen des Klimawandels- Anstieg des Meeresspiegels


Der globale durchschnittliche Meeresspiegel im Jahr 2016 erreichte den historisch höchsten Jahresdurchschnitt seit Beginn der Messungen im späten 19. Jahrhundert, heißt es in der LBBW-Studie. Demnach war er etwa 20 cm höher als zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Laut Schätzungen bewegte sich die durchschnittliche Rate des globalen Meeresspiegelanstiegs im Laufe des 20. Jahrhunderts zwischen 1,2 und 1,7 mm/Jahr. Seitdem Satellitenmessungen verfügbar seien (ab 1993), sei die gemessene Rate auf 3 mm/Jahr deutlich gestiegen.

Der durchschnittliche Meeresspiegelanstieg im 21. Jahrhundert werde sich sehr wahrscheinlich mit einer höheren Rate als im Zeitraum zwischen 1971- 2010 fortsetzen. Der Weltklimarat gehe für ein Szenario mit niedrigen Emissionen von einem Anstieg von nun 0,28-0,61 m aus und für ein Szenario mit hohen Emissionen von einem Anstieg von 0,52-0,98 m.

Allerdings könnten wesentlich höhere Werte des Meeresspiegelanstiegs nicht ausgeschlossen werden. Neue Studien hätten das Ziel der Einhaltung einer Obergrenze für den durchschnittlichen Anstieg im 21. Jahrhundert im Bereich 1,5- 2,5 m vorgeschlagen. Eine aktuelle Studie, welche die Prognosen des Weltklimarates erweitere, schätze den globalen Anstieg des Meeresspiegels per 2300 auf 0,8-1,4 m für ein Szenario mit niedrigen Emissionen und auf 3,4-6,8 m für ein Szenario mit hohen Emissionen. Diese Werte würden erheblich steigen, wenn man die größten Schätzungen der Meeresspiegelbeiträge der Antarktis in den kommenden Jahrhunderten berücksichtige.

An den meisten Stellen entlang der europäischen Küsten seien die extremen Küstengewässerstände gestiegen. Dieser Anstieg scheine überwiegend auf den Anstieg des mittleren lokalen Meeresspiegels und nicht auf eine Veränderung der Sturmaktivität zurückzuführen zu sein. Jedoch gingen alle verfügbaren Studien davon aus, dass die Schäden durch Küstenüberschwemmungen in Europa ohne Anpassung um ein Vielfaches zunehmen dürften.

Quellen: EEA -Globaland European sea level, LBBW

Das Konzept der ,,StrandedAssets"


Nach Einschätzung der LBBW betrifft der Klimawandel jeden. Deshalb müsse sich auch die Finanzwirtschaft auf die neuen Rahmenbedingungen einstellen. Insbesondere könnten durch den Klimawandel Assets ihren Wert quasi verfrüht vollständig verlieren und sogar noch weitere Kosten "on top" verursachen. Diese Problematik werde durch das Konzept der so genannten "Stranded Assets" beschrieben.

Vermögenswerte werden demnach als "gestranded" bezeichnet, wenn diese noch vor ihrer geplanten wirtschaftlichen Nutzungsdauer an Wert verlieren bzw. wertlos werden und eventuell sogar noch mit weiteren Verbindlichkeiten verbunden sind. Diese Vermögenswerte sind beispielsweise in einer Bilanz als Verlust zu erfassen.

Stranded Assets seien nicht mehr in der Lage eine wirtschaftliche Rendite zu erzielen und resultierten aus einer Veränderung des Marktes sowie der regulatorischen Umgebung. Während sich der Umweltdiskurs in den 2010er Jahren den Begriff angeeignet hatte und sich auf die umweltbezogenen Risikofaktoren konzentrierte, die Vermögenswerte "stranden" lassen, finde das Asset Stranding tatsächlich regelmäßig als Teil der wirtschaftlichen Entwicklung statt und sei in diesem Sinne eigentlich nichts Neues. Bereits Schumpeter habe den Begriff der "schöpferischen Zerstörung geprägt und damit impliziert, dass Wert geschaffen, aber auch zerstört werden kann und dass dieser dynamische Prozess Innovation und Wirtschaftswachstum vorantreibe.

Jedoch konzentriere sich die jüngste Forschung bezüglich Stranded Assets auf Umweltrisiken. Insbesondere wurde der Begriff von Regulatoren verwendet, die damit den Wertverlust von stromerzeugenden Anlagen beschreiben, die aufgrund des Klimawandels und des damit einhergehenden Strukturwandels der Energiebranche einem Wertverlust unterliegen. Bereits in den 1980er Jahren habe die Diskussion darüber begonnen, dass Umweltpolitik und Regulierung die Rentabilität von Unternehmen mit dem Kerngeschäft fossiler Rohstoffe stark negativ beeinflussen könnten.

Werde das politische Ziel zu Grunde gelegt, die globale Erderwärmung auf 1,5 °C bzw. 2 °C zu begrenzen (Pariser Klimaabkommen), ergebe sich das Risiko von Stranded Assets. Insbesondere solche Unternehmen, deren Geschäftsmodelle auf fossilem Kapital beruhten, sowie Staaten, die über große fossile Reserven verfügten, liefen Gefahr, große Teile ihrer Vermögenswerte nicht mehr nutzen zu können.

Dies bedeute, dass es durch eine Dekarbonisierung der Wirtschaft dazu kommen könne, dass das fossile Kapital nicht die erwarteten Erträge erwirtschafte, weil die Preise durch eine diesbezüglich fallende Nachfrage sinken würden. Davon seien insbesondere Entwicklungs- und Schwellenländer betroffen, deren wirtschaftliche Entwicklung oft überdurchschnittlich von der Förderung von fossilen Rohstoffen abhänge.

Aber auch Industrienationen wie Deutschland würden es mit einer Dekarbonisierung des Energiesektor nicht leicht haben (Energiewende Deutschland). Dies berge Risiken für Unternehmen, Staaten und Investoren.

StrandingRisk im Immobiliensektor


Nicht nur Energieunternehmen laufen laut LBBW Gefahr, klimabedingt zu "stranden", sondern auch der Immobiliensektor ist dem Stranding-Assets-Risiko ausgesetzt.

Gestrandete Immobilien erfüllten beispielsweise die zukünftigen Effizienzstandards und Markterwartungen hinsichtlich ihrer CO2-Leistung nicht und seien deshalb zunehmend dem Risiko einer frühzeitigen wirtschaftlichen Überalterung und Wertberichtigung ausgesetzt. Solche Gebäude würden weniger marktfähig sein und erforderten voraussichtlich kostspielige Sanierungsmaßnahmen.

Auf Grund des Klimawandels und einem wahrscheinlichen 2°C-Erderwärmungsszenario werde auch der Immobiliensektor die nächsten 35 Jahre sehr wahrscheinlich negativen Auswirkungen ausgesetzt sein. Da Immobilien ortsgebunden und einen langen Investmenthorizont hätten, seien diese besonders verwundbar gegenüber Klimarisiken.

Folgende Ursachen lassen nach Angaben der LBBW Immobilien stranden:

- Die Nachfrage verschiebt sich hin zu nachhaltigen Immobilien und übt Druck auf nicht nachhaltige Vermögenswerte aus.

- Höhere Gefährdung durch Naturrisiken (Stürme, Überschwemmungen, Waldbrände und Meeresspiegelanstieg).

- Schlechte CO2 -Leistung von Gebäuden und steigende Energie-und CO2-Preise (Mögliche Regulierungen, Zusatzbesteuerungen wie CO2-Steuer).

- Vor dem Hintergrund, dass 29 Prozent aller Treibhausgasemissionen dem Immobiliensektor zuzuordnen sind, rückt dieser immer weiter inden Vordergrund der Klimapolitik.

- Infolgedessen sind Immobilien ein herausragendes Element der politischen Bemühungen der Umweltpolitik, den klimabedingten Temperaturanstieg zu begrenzen, da unter den Beteiligten eine breite Zustimmung besteht, dass (1) das absolute Einsparpotenzial in diesem Sektor aufgrund seines Gesamtanteils an den Emissionen enorm ist, und (2) das Kosten-Nutzen-Verhältnis oder die sogenannten Vermeidungskosten für die CO2-Reduktion im Vergleich zu anderen Sektoren günstiger sind.

- Andererseits beinhalten die physischen Auswirkungen des fortschreitenden Klimawandels eine Zunahme extremer Wetterereignisse, den Anstieg des Meeresspiegels und Veränderungen des Energiebedarfs von Gebäuden. Die globale Erwärmung reduziert den Heiz- und Kühlbedarf, was wiederum die zukünftigen Treibhausgasemissionen von Gebäuden beeinflusst.

Quellen: Global Status Report (2017), LBBW

Chancen und Risiken von Stranded-Assets und der Klima-Gentrifizierung


Quelle: CRREM (2019): Stranding Risk & Carbon

Klima-Gentrifizierung-Strukturwandel durch Klimawandel


Unter dem Begriff Gentrifizierung ist wie die LBBW-Analysten erläutern üblicherweise ein Strukturwandel einzelner Stadtteile zu verstehen, mit der Folge, dass die ansässige Bevölkerung durch eine wohlhabendere Bevölkerungsschicht verdrängt wird.

Klima-Gentrifizierung (ClimateGentrification) sei eine durch den Klimawandel ausgelöste Gentrifizierung durch die Veränderung der vorliegenden Wetterbedingungen in einer Region. Die Folge sei, dass Grundstücke, die weniger von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen seien, im Wert steigen. Umgekehrt dazu dürften Grundstücke in Regionen, die direkt die Folgen des Klimawandels zu spüren bekommen, im Wert fallen. Diese veränderten Rahmenbedingungen könnten zu einem Strukturwandel führen, indem die Mieten und Preise der Immobilien in einer Region auf Grund des Klimawandels steigen oder fallen.

Wohlhabendere Bevölkerungsschichten würden in Wohngebiete ziehen, die weniger von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen seien (beispielsweise hochgelegene Regionen) und die dort ärmere ansässige Bevölkerung vertreiben.

Es könnten auch einige Folgen des Klimawandels identifiziert werden, die eine Klima-Gentrifizierung verursachen können: Die Häufigkeit von extremen Wetterereignissen steige an. Überflutungen, Hurrikans sowie Tornados nähmen zu, was dazu führe, dass Immobilien präferiert würden, die nicht so stark von diesen Auswirkungen betroffen seien.

Der Meeresspiegel steige an, was zur Folge habe, dass Küstengebiete komplett überflutet würden und die Wahrscheinlichkeit von regelmäßigen Überflutungen weiter ansteige Der Klimawandel habe auch einen Anstieg des Umweltbewusstseins der Bevölkerung zur Folge. Dies könne zu einer erhöhten Nachfrage nach nachhaltigem Wohnraum in Städten führen.

Die wissenschaftliche Literatur beschreibe drei verschiedene Pfade der Klima-Gentrifizierung: 1. Überlegener Investitionspfad: Hier finde eine Substitution von Immobilien von tiefer liegenden Regionen durch solche in höher gelegenen Regionen statt. Die Überlegenheit einer Option gegenüber einer anderen werde durch die vergleichsweise geringere physische Umweltbelastung einer Immobilie oder durch ihr hohes Maß an konstruierten Eigenschaften für die technische Belastbarkeit und die Risikominderung beurteilt.

2. Kostenbelastungspfad: Das zweite Szenario beziehe sich auf die Verschlechterung der Umweltbedingungen, so dass die gesamten Lebenshaltungskosten nur von wohlhabenderen Haushalten getragen werden können, da sich die Auswirkungen des Klimawandels in größerer Häufigkeit und Intensität zeigten. Ärmere Haushalte könnten sich es aufgrund steigender Kosten durch Versicherungen und Reparaturen nicht mehr leisten, in diesen Regionen zu leben.

3. Resilienz Investitionspfad: Der dritte Pfad betreffe die unbeabsichtigten Folgen öffentlicher Investitionen in die technische Widerstandsfähigkeit von Gebäuden und Infrastrukturen gegen den Klimawandel. Als Folge dieser Investitionen steige der Wert der zugrunde liegenden Immobilien an und es komme zu steigenden Mieten. Dies führe schließlich zu einer Vertreibung ärmerer Haushalteaus aus diesen Wohngebieten.

Quellen: Keenan, J.M.; Hill, T.; Gumber, A. (2018): Climate gentrification: from theory to empiricism in Miami-Dade County, Florida, LBBW

Das Beispiel der Klima-Gentrifizierungin Miami


Miami wird oft als Beispiel für Klima-Gentrifizierung genannt. Historisch lagen dort laut LBBW aufgrund der dort möglichen malerischen Strandblicke ("Beauty Premium") die teuren Immobilien an den Küsten von Miami. Hingehend siedelten sich aufgrund der dort zunächst niedrigeren Preise die ärmeren Bewohner und Neueinwanderer in der Regel auf dem Festland von Miami an.

Da der Klimawandel jedoch zu einem Anstieg der Anzahl von Naturkatastrophen und des Meeresspiegelanstiegs führte, begannen die Bewohner der Küstenlinien, aufs Festland zu ziehen, welches höher gelegen ist. Die durchschnittliche Höhe des Miami-Gebietes beträgt 1,8 Meter über dem Meeresspiegel, mit der höchsten Höhe auf dem Festland von 7-8 Meter über dem Meeresspiegel.

Dies führe dazu, dass die Immobilienpreise auf dem Festland in die Höhe schießen und die Mieten anziehen, da wohlhabendere Küstenbewohner in höher gelegene Stadtviertel ziehen würden. Am stärksten davon betroffen sei die Gemeinde Little Haiti. Eine Harvard-Studie bestätige, dass die durch den Klimawandel ausgelöste Gentrifizierung zu höheren Preisen in geographisch höher gelegenen Regionen führe. Dies sei ausgelöst durch eine bewusste Konsumentenpräferenz für diese Regionen, die geographisch besser vor den Folgen des Klimawandels geschützt seien.

Der Meeresspiegel werde im nächsten Jahrhundert wahrscheinlich um einen Meter oder mehr ansteigen. Deshalb sei es wichtig zu wissen, welche Länder, welche Regionen und Vermögenswerte am stärksten durch Überschwemmungen, Stürme und Fluten gefährdet sein könnten und welche Auswirkungen dies auf den Immobiliensektor habe. In betroffenen Regionen känne es daher zu Klima-Gentrifizierung kommen und Immobilienwerte liefen Gefahr zu "stranden".

Die Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs sei umfangreich erforscht worden. Dabei schätze eine Studie, dass ungefähr zehn Prozent der US-Bevölkerung Hochwasserkatastrophen ausgesetzt seien, wenn es zu einem ein Meter Anstieg des Meeresspiegels im Jahr 2100 kommen sollte.

Eine weitere Studie untersuche die Auswirkungen vom Hurrikan Sandy im Jahr 2012 auf den New Yorker Immobilienmarkt und komme zu dem Ergebnis, dass es einen nachweisbaren negativen Effekt in Hochwassergebieten auf die Preise von Immobilien gegeben habe. Auch Grundstücke, die nicht durch den Hurrikan betroffen waren, sich aber dennoch in der Flut-Zone befanden, erfuhren einen Preisabschlag von acht Prozent. Bei direkt betroffenen Gebieten kam es zu einem sofortigen Preisrückgang von 17-22 Prozent, gefolgt von einer teilweisen Erholung. Hurrikan Sandy scheine das wahrgenommene Risiko von großen Überschwemmungsereignissen in diesem Gebiet erhöht zu haben.

In einer weiteren Studie werde durch eine Festlegung und Charakterisierung des Immobilienpreisnachlasses aufgrund des Meeresspiegelanstiegs das Verhältnis zwischen Finanzmärkten und Klimaveränderung untersucht. Das Ergebnis sei, dass vom Anstieg des Meeresspiegel betroffene Häuser um sieben Prozent billiger verkauft werden als äquivalente Immobilien, die gleich weit vom Strand entfernt sind, jedoch nicht vom Meeresspiegelanstieg betroffen seien. Dieser Preisnachlass sei im Laufe der Zeit weiter angestiegen und werde insbesondere durch Gemeinden und erfahrene Investoren getragen.

Chancen und Risiken von StrandedAssets und der Klimagentrifizierung


Wie die LBBW-Analysten erklären, sind Stranded-Assets ein Konzept, dass sich vor allem auf die Risiken konzentriert, die sich aus den negativen Auswirkungen des Klimawandels auf Vermögenswerte ergeben. Im Fokus stehen dabei die Folgen der Dekarbonisierung der Wirtschaft, wovon der Energiesektor am stärksten betroffen ist. Risiken bestehen hier vor allem dadurch, dass bis 2050 nur ein Bruchteil der fossilen Rohstoffe verwendet werden dürfen, um die globale Erderwärmung auf 2°C zu begrenzen.

Es besteht laut LBBW die Gefahr einer Kohlenstoffblase im Energiesektor, welche Milliardeninvestitionen stranden lässt, ausgelöst aufgrund eines möglichen Nachfrageschocks durch plötzliche politische und regulatorische Änderungen sowie eine geänderte Marktumgebung durch ein gestiegenes Umweltbewusstsein der Bevölkerung.

Auch der Immobiliensektor bleibe davon nicht verschont und es drohten zahlreiche Immobilien zu stranden. Durch den Meeresspiegelanstieg seien vor allem Immobilien in Küstengebieten bedroht, deutlich an Wert zu verlieren. Dabei spiele auch der Immobiliensektor eine wichtige Rolle bei einer Dekarbonisierung. Fast 40 Prozent der CO2-bedingten Energieemissionen seien diesem Sektor zuzuordnen.

Um das 2°C-Ziel zu erreichen, müsse der Immobiliensektor seine Emissionen bis 2050 um 80 Prozent reduzieren, was erhebliche Renovierungen und Nachrüstungen bestehender Immobilien voraussetze. Würden diese Risiken und Kosten nicht in die Investitionsrechnungen einkalkuliert, können es zu einem erheblichen Stranding-Asset-Risiko kommen.

Das Konzept der Klima-Gentrifizierung befasse sich hingegen mit dem Strukturwandel innerhalb bzw. zwischen verschiedenen Regionen. Dabei werde Klima-Gentrifizierung und das Risiko des Assets-Stranding gleichermaßen durch die Folgen des Klimawandels ausgelöst und beide Konzepte könnten sich gegenseitig verstärken bzw. Immobilien könnten aufgrund einer Klima-Gentrifizierung deutlich an Wert verlieren (strandingrisk). Investoren müssten sich beider Konzepte bewusst sein und daraufhin ihre Portfolios auf Klimarisiken prüfen.

Für Investoren, die frühzeitig Klimarisiken identifizieren, bieten sich laut LBBW Chancen diese zu nutzen: Investoren könnTen bewusst klimafreundliche Immobilien akquirieren und ihre Portfolios gegen Stranded-Assets-Risiken absichern.

Ein erster Schritt hierzu sei die aktive Analyse von Nachhaltigkeitsstandards sowie der Aufbau bzw. die Berücksichtigung diesbezüglichen Researchs. Ein zweiter Schritt seien neuere Hedging-Strategien zu verfolgen, die gegen Klimarisiken absichern. Dazu verweist man auch auf die Anstrengungen des Nobelpreisträgers Robert E. Engle: Hedging climatechangenews, VOX, 31. Juli 2019).