Wo gibt es denn so was? Vier Zimmer, 94 Quadratmeter für 472 Euro Kaltmiete pro Monat. Während es in den deutschen "Big Seven", Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf, für diesen Betrag oft nicht einmal WG-Zimmer gibt, werden Mieter in Mainleus vom Eigentümer Grand City Properties mit einem 250-Euro-Einkaufsgutschein belohnt, wenn sie einziehen. Um es gleich vorwegzunehmen, die fränkische Gemeinde nahe Kulmbach ist eine Ausnahme. Sie belegt allerdings wieder einmal das Mantra der Branche: Lage, Lage, Lage.
Weil in Deutschland zu wenig neue Wohnungen fertiggestellt werden, die Nachfrage aber weiter steigt, ist ein Ende der Mietpreissteigerungen nicht absehbar. Die Entwicklung spielt den Vermietern von B-Lagen in die Hände. Zunehmend lassen sich auch diese Wohnungen besser vermieten. Grand City Properties steigerte den Nettoertrag aus Immobilienbewirtschaftung (FFO I), die maßgebliche Ertragszahl in der Branche, in den ersten neun Monaten um elf Prozent. TAG Immobilien um knapp ein Drittel, Adler Real Estate sogar um 45 Prozent. Der Effekt wird von den steigenden Mieten in den Städten verstärkt. Nirgendwo zog die Miete so rasant an wie in der Hauptstadt. In Berlin-Spandau kann Grand City Properties zehn Euro kalt pro Quadratmeter verlangen. Das entspricht in etwa dem durchschnittlichen Mietpreis der Big Seven.
Grand City Properties erwarb 2004 die ersten Wohnblöcke in Berlin. Weitere Quartiere in Nordrhein-Westfalen, Bremen, Mannheim, Nürnberg und Dresden kamen hinzu. Die Firma ist darauf spezialisiert, sanierungsbedürftige Wohnungen aufzukaufen, zu renovieren und dann zu einem höheren Preis zu vermieten. Und weil der Leerstand insgesamt abnahm, konnten die Mieteinnahmen in diesem Jahr um 3,8 Prozent gesteigert werden. Eine komfortable Situation, die sich im Aktienkurs zeigt. Seit dem Börsengang 2012 hat sich der Wert vervierfacht. Der MDAX-Titel notiert trotzdem unter Buchwert. Analysten sehen ein Potenzial bis 26 Euro. Obendrauf gibt es eine Dividendenrendite von 3,8 Prozent. Wir erhöhen unser Kursziel. Die Strategie ist allerdings auch riskant und anfällig für Marktkorrekturen. Die Aktie eignet sich deshalb eher für spekulative Naturen.
Ganz auf Berlin konzentriert hat sich ADO Properties mit seinen 20 000 Wohnungen. Der Boom in der Hauptstadt brachte der Firma ein überdurchschnittliches Wachstum. Die Erträge aus Vermietung stiegen in den ersten neun Monaten zum Vorjahresvergleich um 21 Prozent. Dabei stieg die Ist-Miete über den gesamten Bestand von 6,11 Euro pro Quadratmeter auf 6,37 Euro. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt von 7,71 Euro bietet das noch Spielraum. Das Management sieht "exzellente Wachstumschancen" und hob zuletzt die Prognose an - und auch wir erhöhen unser Kursziel. Langfristanleger warten Kursrückschläge des SDAX-Titels zum Aufbau einer Position ab.
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Profitable Hauptstadt
Auch Deutsche Wohnen profitiert von Berlin, liegen doch rund 70 Prozent des Portfolios im Großraum der Hauptstadt. 2017 setzte der Konzern im Berliner Bestand eine Erhöhung der Mieten um fünf Prozent durch. Über das gesamte Portfolio von Deutschlands zweitgrößtem Vermieter, das 161 000 Einheiten in Berlin, im Rhein-Main-Gebiet, in Hannover/Braunschweig und Dresden umfasst, stiegen die Mieten um 4,2 Prozent. Der FFO 1 legte in den ersten neun Monaten um neun Prozent auf 330 Millionen Euro zu. Die Prognose von 423 Millionen Euro für das gesamte Jahr ist leicht zu schaffen.
Der Aktienkurs von Deutsche Wohnen hat sich in den vergangenen drei Jahren verdoppelt. Zwar wird sich das Gewinnwachstum künftig etwas abschwächen, aber die Firma investiert in den nächsten fünf Jahren 500 Millionen Euro in neue Wohnungen. Das Zauberwort heißt Nachverdichtung und könnte ein Kurstreiber für die Immobilienaktien sein. Wir empfehlen den Wert wieder zum Kauf.
Branchenführer Vonovia macht es vor. Bestehende Häuser bekommen eine zusätzliche Etage, in geräumigen Innenhöfen wird ein neues Haus in Modultechnik gebaut. Das ist günstiger und schneller als ein herkömmlicher Neubau. Vor dem Hintergrund der Wohnwertverbesserungen und durch den Neubau werden die Mieteinnahmen zulegen. Zumal der durchschnittliche Preis von 6,19 Euro pro Quadratmeter noch steigerungsfähig ist. Das Kerngeschäft ergänzt der Immobilienkonzern mit Dienstleistungen wie Kabelfernsehen oder den Einbau von Sicherheitswohnungstüren. Für 2017 soll der FFO 1 auf bis zu 920 Millionen Euro ansteigen. 2018 sollen es schon bis zu 980 Millionen Euro werden. Die Aktie ist das Basisinvestment der Branche, wir heben Kursziel und Stoppkurs an.
Auch LEG Immobilien, der drittgrößte Immobilienkonzern an der Börse, plant 200 Millionen Euro für Modernisierung. Renovierte Wohnungen bleiben selten leer und sind der Schlüssel für höhere Einnahmen. LEG hat seine Bestände nach Potenzial aufgeteilt: wachstumsstark, stabil und hochrentabel. Im letzteren Bereich beträgt der Leerstand 5,9 Prozent, über den gesamten Bestand sind es 3,6 Prozent. Schafft es LEG Immobilien, diese Quote zu senken, winken höhere Mieteinnahmen. Wie Vonovia hat auch LEG sein Kerngeschäft mit wohnungsnahen Dienstleistungen verstärkt. Neben den üblichen Angeboten wird auch über "Wohnen im Alter" nachgedacht. Die Chance auf ein Ergebnis- und Dividendenwachstum ist vorhanden. Zum Einstieg sollten schwache Tage genutzt werden.
TAG Immobilien verfolgt die sogenannte ABBA-Strategie. Die Firma verkauft Immobilien in Großstädten wie Berlin und kauft stattdessen im Umland zu. Investiert wird in A-Städten in B-Lagen und in B-Städten in A-Lagen. TAG steigerte die Mieterträge in den 83 000 Wohnungen um drei Prozent. Die Leerstandsquote sank von 6,7 auf 5,3 Prozent. Weil die Hamburger auch ihre Kredite geordnet haben, profitiert die Firma künftig von gesunkenen Finanzierungskosten. Wir stufen den MDAX-Titel wieder auf "Kaufen" hoch. Ein Argument ist auch die hohe Dividendenrendite. Für 2017 gibt es 0,62 Euro pro Aktie, und für 2018 sind 0,70 Euro avisiert. Auch bei Adler Real Estate bringen die 50 000 Wohnungen in B-Lagen viel ein. In den ersten drei Quartalen stiegen die Nettomieten um 3,8 Prozent auf 131 Millionen Euro. Der FFO 1 legte zum Vorjahr um knapp 50 Prozent auf 27 Millionen Euro zu.
Und Adler investiert kräftig in Neubau. 700 Apartments werden in Berlin für 120 Millionen Euro errichtet. Die jährlichen Nettomieteinnahmen sollen elf Millionen Euro bringen. Während Konkurrenten ihre langfristigen Finanzierungskosten schon auf unter zwei Prozent gebracht haben, lag der durchschnittliche Zinssatz bei Adler Real Estate noch bei 3,5 Prozent. Anfang Dezember schuldete das Unternehmen um. Künftig wird der Fremdkapitalzins bei 2,7 Prozent liegen.
Zum Jahresende ist der Verkauf der Immobilienhandelstochter abgewickelt, und der Erlös von 180 Millionen Euro senkt die Verschuldung weiter. Die Umschuldung bringt hohes Ergebnispotenzial. Die Aktie notiert wegen der recht hohen Gesamtverschuldung unter ihrem Nettovermögenswert, eignet sich aber vor allem für spekulative Naturen.
Auf Seite 3: Empfehlungen der Redaktion und B-Städte mit Nachholbedarf
Buwog: Der Allround-Konzern
Der österreichische Konzern mit knapp 50 000 Wohnungen in Wien, Berlin und Hamburg schloss sein Geschäftsjahr 2016/17 mit einem Rekordergebnis ab. Der Gewinn kletterte um 53 Prozent auf 367 Millionen Euro. Gerade wurde ein Grundstein in Berlin-Mitte gelegt. In Wien und Hamburg laufen Neubauprojekte. "Wir haben schon eine Idee, wo wir in Zukunft bauen", steht im Geschäftsbericht. Die Strategie nennt Buwog Capital Recycling: Verkauf aus dem Bestand, Kauf unbebauter Grundstücke, attraktive Wohnobjekte errichten, einen Teil davon als Eigentumswohnungen verkaufen, den Rest behalten. Weil in Österreich die Mieten restriktiv geregelt sind, verkauft Buwog dort. In Deutschland bleiben mehr Neubauwohnungen im Bestand. Klar ist: Die Grundstücke wecken Begehrlichkeiten. Buwog könnte Ziel einer Übernahme werden. Interessant könnte der Einstieg vor allem für Firmen sein, die bereits Bestand in Österreich haben, was etwa bei Vonovia seit der Conwert-Übernahme der Fall ist.
Auf einen Blick: B-Städte mit Nachholbedarf
In den vergangenen fünf Jahren stieg der Mietpreis in den sieben größten deutschen Städten im Schnitt um mehr als 20 Prozent von knapp neun auf fast elf Euro pro Quadratmeter. Sogenannte B-Städte hinken mit einem Plus von 16,58 Prozent hinterher. Doch der Wind dreht: In Augsburg, Braunschweig, Heilbronn, Ingolstadt und Nürnberg waren die Mietsteigerungen seit 2012 sogar schon höher als in den Top 7.