Mit den deutschen Bluechips ist im laufenden Jahr kein Blumentopf zu gewinnen. Nachdem der DAX
die Anleger 2013 mit einem Zuwachs von 25,5 Prozent verwöhnt hatte, pendelt das Auswahlbarometer aktuell mit rund 9500 Punkten lediglich um seinen Stand vom Jahresanfang. Angesichts der sich eintrübenden Konjunkturperspektiven scheint dem Leitindex die Puste auszugehen. Nicht viel besser sieht es unterhalb der ersten deutschen Börsenliga aus. Während der SDAX nur ein mageres Plus von
knapp einem Prozent eingefahren hat, liegt der MDAX sogar mit knapp vier Prozent im Minus. Am besten steht noch der TecDAX mit einem Plus von gut sechs Prozent da.
Anders sieht es bei vielen Nebenwerten aus. Etliche Aktien unterhalb der Auswahlindizes boten eine glänzende Vorstellung. Anleger konnten mitunter satte Kursgewinne einfahren. Mit den Anteilen des Immobilienkonzerns Adler Real Estate, der Biotechfirma Cytotools und des Spezialisten für Workforce-Management-Lösungen Invision sind sogar drei Verdoppler dabei.
Die starke Performance vieler Nebenwerte war für BÖRSE ONLINE Anlass genug, sich die 100 größten Aktien unterhalb der Indizes DAX, MDAX, TecDAX und SDAX näher anzusehen und neu zu bewerten.
Dabei sind fundamentale Kennziffern wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), die Dividendenrendite und das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) genauso eingeflossen wie charttechnische Faktoren - etwa der Abstand zur 200-Tage-Durchschnittslinie. Als wir die 100 größten deutschen Nebenwerte im vergangenen Jahr analysierten, kamen wir 52 Mal zum Ergebnis "Kaufen" (siehe Ausgabe 22/2013). Dieses Mal reichte es immerhin bei 44 Titeln für ein positives Votum (die Übersicht finden Sie exklusiv in Ausgabe 40/2014; hier als ePaper für Abonnenten; hier geht es zum Abo-Bereich).
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Unentdeckte Aktien
Anders als bei den DAX-Riesen handelt es sich bei den Nebenwerten in der Regel um Unternehmen, die in Nischen tätig sind und sich dort führende Positionen erarbeitet haben. Das schlägt sich oftmals in einer außerordentlich hohen Profitabilität oder überdurchschnittlichen Wachstumsraten nieder. Dennoch sind viele von der breiten Masse der Anleger noch nicht entdeckt worden.
Im Schnitt bringen die 100 Nebenwerte eine Marktkapitalisierung von 231,5 Millionen Euro auf die Waage. Für die großen Bankhäuser lohnt es sich in der Regel nicht, Analysten auf sie anzusetzen. Auch
bei vielen institutionellen Anlegern fallen die Titel mangels Größe durchs Raster - mit der Folge, dass die Bewertungen der kleinen Aktien oft weit unter denen von vergleichbaren Firmen aus der DAX-Familie liegen. Das sichert die Kurse nicht nur nach unten ab, sondern eröffnet auch beträchtliches
Potenzial nach oben, wenn Anleger die Titel erst einmal entdecken. Besonders interessant sind vor diesem Hintergrund diejenigen Aktien, die mittelfristig in einen der Auswahlindizes aufrücken könnten. In Einzelfällen entwickeln sich deren Kurse bereits lange vor dem eigentlichen Aufstieg deutlich besser als der Gesamtmarkt. Durch die Indexmitgliedschaft selbst steigt das Investoreninteresse in der Regel spürbar an.
Ein Beispiel dafür ist die Aktie von GFT Technologies, die mit den Rängen 33 beim Kriterium Marktkapitalisierung und 37 bei den Handelsumsätzen schon beinahe zu den 35 größten und liquidesten Technologiewerten gehört, was als Grundvoraussetzung für eine Mitgliedschaft im Tech-Index TecDAX gilt.
Der GFT-Kurs läuft seit Anfang 2013 wie mit dem Lineal gezogen nach oben und hat sich seither fast vervierfacht. Börsianer honorieren die Expansion des IT-Dienstleisters, der sich auf die Rekrutierung von
IT-Fachkräften und auf Software für alle wesentlichen Bereiche der digitalen Wertschöpfungskette spezialisiert hat. Allein im zweiten Quartal 2014 sind die Erlöse der Gesellschaft um 37 Prozent
auf 156,7 Millionen Euro geklettert. Der Wachstumstrend dürfte sich noch beschleunigen, da in der zweiten Jahreshälfte die kürzlich erfolgte Übernahme des britischen Konzerns Rule Financial erstmals
konsolidiert wird.
Da GFT Technologies etwa zwei Drittel der Erlöse mit Kunden aus der Finanzdienstleistungsbranche
erwirtschaftet, verspricht der Trend zum mobilen Bezahlen langfristig einen Wachstumsschub. Apples Bezahlsystem, das im neuen iPhone integriert ist, könnte sich als Beschleuniger erweisen: "Banken müssen sich jetzt als starke Einheit aufstellen und so die weitere Entwicklung als Partner von Apple
und Co mitgestalten", sagt GFT-Vorstandschef Ulrich Dietz.
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Beeindruckende Distanz
Mit den Rängen 34 und 41 zählen auch die Papiere von Isra Vision Systems zu den TecDAX-Kandidaten. Ähnlich wie der Aktienkurs legen Umsatz und Gewinn seit Jahren mit einer Regelmäßigkeit zu, die
am deutschen Aktienmarkt ihresgleichen sucht. So auch im dritten Quartal des Geschäftsjahres:
Während der Umsatz um 13 Prozent auf 25 Millionen Euro stieg, verzeichnete der Spezialist für Oberflächeninspektion beim Ergebnis vor Steuern (EBT) einen Anstieg von 13 Prozent auf knapp 4,6 Millionen Euro. Damit sieht sich Isra Vision auf Kurs, den prognostizierten Jahreserlös von 100 Millionen Euro zu erreichen. Dabei soll es nicht bleiben: Aktuell bereitet sich das Unternehmen unter anderem
mit der Verstärkung des Führungsteams auf das Erreichen der nächsten Umsatzdimension von 150 Millionen Euro vor. Sofern der Gewinn wie in der Vergangenheit auch mindestens proportional mitzieht, dürften Anleger auch in Zukunft noch viel Freude mit der Aktie haben.
Autoindustrie treibt Nachfrage
Mit den Plätzen 35 und 38 in der Rangliste steht auch das TecDAX-Gründungsmitglied Elmos Semiconductor vor der Rückkehr in den Index. Der Entwickler von Sensoren und Halbleitern für elektronische Systeme in Kraftfahrzeugen profitiert vom Trend zu mehr Elektronik in Autos und Lastwagen. Zur Hälfte des laufenden Geschäftsjahres verbesserte sich der Umsatz um 12,3 Prozent auf 101,3 Millionen Euro. Das operative Ergebnis schnellte von 1,8 Millionen auf 8,3 Millionen Euro
nach oben. Damit hat sich die ohnehin schon hohe Gewinndynamik des ersten Quartals nochmals beschleunigt. Auch die operative Marge verbesserte sich per Ende Juni im Vergleich zum Vorquartal von
6,5 auf 8,2 Prozent. In diesem Stil dürfte es aufgrund der guten Auftragslage bei Elmos weitergehen.
Die Automobilindustrie als treibende Kraft - das gilt ebenso für Nanogate. Das Systemhaus für Hochleistungsoberflächen hat sich als Lieferant für Premiumhersteller etabliert. Mit der Übernahme von Vogler im Juli hat Nanogate zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: "Mit der Akquisition haben wir uns zum einen technologisches Know-how eingekauft. Zum anderen hilft uns Vogler bei der Beseitigung unserer derzeitigen Kapazitätsengpässe." Auch dank der neuen Tochter soll der Umsatz im Gesamtjahr 2014 die Marke von 60 Millionen Euro "signifikant übertreffen". 2013 gingen 53 Millionen Euro durch die Bücher. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll von 6,3 Millionen auf rund sieben Millionen Euro steigen. Mittelfristig steht ein Umsatz von 100 Millionen Euro auf der Agenda. Dann dürfte der Titel auch bei institutionellen Anlegern auf dem Radar auftauchen.
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Exklusive Marktstellung
Starker Nachfrage erfreut sich auch MS Industrie. Die Industrieholding liefert Komponenten zur Motorensteuerung für Lkw-Hersteller. Die Bauteile werden unter anderem exklusiv im sogenannten
Weltmotor von Daimler eingesetzt. Im ersten Halbjahr kletterte der Umsatz um 23,3 Prozent auf 104,6 Millionen Euro. Im Gesamtjahr soll die Marke von 200 Millionen Euro fallen. Für die Jahre 2015 und 2016 ist bei dem auf Motoren- und Schweißtechnik spezialisierten Konzern ein Ergebnisschub in Sicht, da die gestiegene Auslastung der Produktionskapazitäten zu einer höheren Profitabilität führen soll. Zudem fallen ab dem zweiten Quartal 2016 knapp zwei Millionen Euro jährlich an Abschreibungen weg. Dazu kommt: Die Lkw-Industrie befindet sich 20 bis 25 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2008. "Das Pendel wird irgendwann zurückschlagen, zumal gerade in Südeuropa die Lkw-Flotten inzwischen stark veraltet sind", so MS-Chef Andreas Aufschnaiter. Zu unseren Dauerfavoriten unter den Nebenwerten
zählt Init. Das Systemhaus für Verkehrstelematik und -zahlungssysteme hat sich in seiner Nische eine weltweit führende Stellung erarbeitet. Im ersten Halbjahr lag das Unternehmen mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 6,4 Millionen Euro - ein Plus von 52 Prozent gegenüber dem Vorjahr - deutlich über Plan. Grund waren neben höheren Hardwareauslieferungen auch Kosteneinsparungen und positive Währungseffekte. Der Umsatz
übertraf mit einem Plus von 18 Prozent auf 43,9 Millionen Euro ebenfalls die Erwartungen. Für das Gesamtjahr stehen ein Umsatz von 103 bis 107 Millionen Euro und ein operatives Ergebnis von 17 bis 19 Millionen Euro auf der Agenda.
Besser im Rennen als gedacht liegt gleichfalls Ahlers im bisherigen Jahresverlauf. Während der Umsatz des Modekonzerns um 7,9 Prozent auf 197,7 Millionen Euro kletterte, legte das Ergebnis nach Steuern sogar um 23 Prozent auf 7,5 Millionen Euro zu. Daher hat das Management die Prognose angehoben. Im Gesamtjahr soll der Gewinn ausgehend vom Vorjahresniveau von 5,6 Millionen Euro um fünf bis zehn Prozent steigen. Bisher hatten die Unternehmenslenker ein stabiles Konzernergebnis prognostiziert. Beim Umsatz sagt Ahlers ein Plus von fünf bis sechs Prozent voraus. Der Aktie könnte ein versöhnlicher
Jahresausklang bevorstehen.
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Günstig bewerteter Nischenplayer
Eine Sondersituation finden Anleger bei Einhell vor: Der Produzent von Werkzeugen und Gartengeräten hat unter den Pleiten seiner Kunden Praktiker und Max Bahr gelitten. Daher stand die Aktie in den
vergangenen Jahren unter Druck. Doch allmählich zeichnen sich Stabilisierungstendenzen ab. Im ersten Halbjahr bewegten sich Umsatz und Ergebnis immerhin um das Vorjahresniveau. Im Gesamtjahr will
Einhell einen Umsatz von 420 bis 430 Millionen Euro und eine Rendite vor Steuern von zwei bis drei Prozent erreichen. Dem steht eine Marktkapitalisierung von nur rund 110 Millionen gegenüber. Das entspricht nur dem 0,72-fachen Buchwert.
Gut 100 Millionen Euro bringt die Deutsche Entertainment (Deag) auf die Waage. Damit hat die Aktie den Sprung in die 100 größten Nebenwerte gerade noch geschafft. Das meiste Geschäft verzeichnet der Konzertveranstalter traditionell in der zweiten Jahreshälfte. Entsprechend fiel das Zahlenwerk der ersten sechs Monate 2014 unspektakulär aus. Bei einem leicht gesteigerten Umsatz von 96,7 Millionen Euro erreichte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) mit 5,2 Millionen Euro immerhin Vorjahresniveau. Aufgrund der anstehenden Tourneen von Superstars wie Peter Gabriel, David Garrett und Udo Jürgens rechnet Deag für das Gesamtjahr mit steigenden Umsätzen und Erlösen. Da sich auch die Aktie im vierten und ersten Quartal in der Regel von ihrer stärkeren Seite zeigt, ist die Einstiegsgelegenheit
jetzt günstig.
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Starkes zweites Halbjahr
Mit einem dynamischen zweiten Semester können Anleger bei Atoss Software rechnen. Denn bei dem Spezialisten für Workforce Management war der Auftragseingang für Softwarelizenzen zur Jahresmitte
mit 5,4 Millionen Euro 52 Prozent höher als per Ende Juni 2013. Insbesondere in den Branchen Medical und Retail hat die Gesellschaft zahlreiche neue Kunden gewonnen. Während der Umsatz im zweiten
Quartal um sieben Prozent auf das Rekordniveau von 18,8 Millionen Euro kletterte und das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um zehn Prozent auf 4,7 Millionen Euro zunahm, dürfte sich die Dynamik
weiter erhöhen. Einen ersten Aufschluss darüber könnte es am 21. Oktober geben, wenn Atoss Software die Zahlen für das per 30. September abgelaufene dritte Quartal meldet.