Von der Insel aus zu einem globalen
Unternehmen: FTSE zählt neben
Standard & Poor’s und MSCI zu den
größten Indexanbietern der Welt. Nachdem
die Briten in New York mit drei Mitarbeitern
starteten, sind es inzwischen 70.
Nun wird das Büro im 28. Stock eines Gebäudes
am Rockefeller Center umgebaut.
Und nicht nur das. Auch das Wachstum soll
sich fortsetzen: In einem Milliardendeal
soll der Konkurrent Russell aus Seattle
übernommen werden, die Verhandlungen
laufen. Ohnehin wird es Nordamerika-Chef
Jonathan Horton nicht langweilig: Der
Smart-Beta-Trend hält ihn auf Trab - Indexfonds,
in denen die Werte besonders intelligent
angeordnet sind. Das Ziel: Alpha,
also besser zu sein als der Markt.
Mr. Horton, welche Produkte
kommen bei den Kunden gut an?
Passives Investieren entwickelt
sich zum Megatrend. Das sehen Sie
rund um den Globus in allen großen Märkten.
Sowohl Privatanleger als auch institutionelle
Investoren nutzen die Werkzeuge des passiven
Anlegens, um Rendite zu erzielen. Was
uns die Kunden unter anderem sagen, ist,
dass sie mehr alternative Investments suchen
- wir nennen es Smart Beta.
Können Sie das näher erklären?
Traditionell basierte der Ansatz, einen Index
abzudecken, auf dem gewichteten Börsenwert.
Aus der Gesamtheit aller Werte setzt
sich der Index zusammen. Das Capital-Asset-
Pricing-Modell von Bill Sharpe zeigt, wie man
so ein kapitalisierungsgewichtetes Portfolio
bauen kann.
Das Beta beträgt in diesem Fall 1,0. Das bedeutet,
es schwankt exakt mit dem Index.
Genau. Es gibt ebendiesen Standard, der
branchenweit beachtet wird. Beim Streubesitz
gibt es Ausnahmen: Wenn ein Wertpapier
nicht gehandelt wird, wird es reduziert. Es
gibt aber auch Indizes, die nicht marktbasiert
gewichtet werden. Manche gewichten alle
Wertpapiere im Index gleich. Das ist ein anderer
Ansatz, zu dem es viele Varianten gibt.
Auf Seite 2: Neue Ideen und Richtungen
Welche neuen Ideen und Richtungen gibt es?
Was sich entwickelt, insbesondere weil es
die Wissenschaft verlangt, ist der Blick auf
sogenannte Marktanomalien: Der Markt
schätzt den Wert von Unternehmen falsch
ein. Es gibt Experten, die schlussfolgern, dass
Risikoprämien zusätzliche Rendite generieren.
Zum Beispiel das Momentum: Einerseits
gibt es Wertpapiere, die besonders stark
steigen. Also treffen Sie die Annahme, dass
diese Papiere sehr wahrscheinlich weiterhin
klettern werden. Schauen Sie sich andererseits
Small Caps an: Hier kann ein Liquiditätsproblem
bestehen. Diese Risikoprämie
kann in Indizes integriert werden, was wiederum
zu mehr Rendite führen kann.
Also würden Sie nicht einen breiten Indexfonds
kaufen und ihm Momentumaktien oder
Nebenwerte beimischen?
Wir sagen den Anlegern nicht, wie sie investieren
sollen. Wir bieten ihnen lediglich eine
Palette an Indexprodukten an. Allgemein
sehen wir, wie Anleger versuchen, schrittweise
mehr Rendite zu erzielen. Die Wissenschaft
verlangt, Alpha-Bestandteile den passiven
Indizes beizumischen. Es handelt sich
um einen sogenannten faktorbasierten Ansatz.
Alle Prämien zusammengenommen
müssen sich wiederum irgendwie ausgleichen.
Die Marktrendite bleibt eben am Ende
die Marktrendite. Wenn Sie etwas haben,
was etwas mehr Rendite erwirtschaftet,
brauchen Sie im Gegenzug etwas, was weniger
Rendite bringt.
Auf Seite 3: Der Vorteil eines aktiven Anlegers
Wo es einen Gewinner gibt, gibt es einen Verlierer.
Kommen wir zu einem anderen Punkt:
Daten und Wissen nehmen zu. Wo ist der
Vorteil
eines aktiven Anlegers? Es ist offensichtlich
schwierig geworden, den Markt zu
übertreffen.
Wir bedienen aktive und passive Anleger.
Aktive Manager versuchen, den Markt zu
übertreffen. Passive Manager versuchen,
konform mit ihm abzuschneiden. Wir stehen
auf keiner Seite. Aber wir sehen, dass die
Renditen der aktiven Fondsmanager gesunken
sind. Es wird schwieriger, Manager zu
finden, die konstant den Markt schlagen.
Was ist der Grund dafür?
Weil die Renditen niedriger ausfallen - dieser
Trend ist im Markt zu beobachten -, werden
die Managementgebühren für den Anleger
immer wichtiger. Wenn ein Manager zehn
oder 15 Prozent Rendite generiert und der
Anleger ihm dafür ein Prozent bezahlen
muss, erscheint das zumutbar. Wenn aber
nur vier oder fünf Prozent Rendite erwirtschaftet
werden, stellt sich die Frage, wie
sich die Gebühr rechtfertigen lässt. Die Kosten
sind also ein Problem. Dazu kommt ein
weiteres: Charles Ellis (US-Wirtschaftswissenschaftler,
Anm. der Redaktion) hat in
einem Aufsatz skizziert, dass es viel schwieriger für einen aktiven Manager geworden
ist, Informationsmängel auszunutzen. Es
geht ja darum, falsch bewertete Papiere zu
finden.
Ihre Muttergesellschaft, die Londoner Börse,
ist an einer hohen Handelsaktivität interessiert.
Trotzdem bieten Sie Indexprodukte an.
Ist das nicht ein Widerspruch?
Beides ist wichtig. Wenn Sie passives Investieren
betrachten, sind ETFs der größte
Wachstumstrend. Sie wachsen um 20 bis
25 Prozent jährlich. Sie werden an allen Börsen
gehandelt und stehen für einen hohen
Anteil der Tradingaktivität. Diese passiven
Instrumente passen sehr wohl zur Börse.
ETFs zählen zu den am häufigsten gehandelten
Dingen überhaupt an der Börse.
Auf Seite 4: Welche Unterstützung geboten wird
John Bogle, Gründer der Fondsfirma Vanguard,
ist ein Fan von Indexfonds, wenn sie
einen führenden Index abbilden. Er rät zum
Kaufen und Liegenlassen und ist vom Traden
nicht begeistert.
Für die Mehrheit der Anleger gilt, dass sie
sehr schlechte Anlageentscheidungen treffen.
Das zeigt die Forschung. Sie kaufen typischerweise
am Ende eines Aufwärtstrends
und verkaufen in einem Abwärtszyklus.
Selbst Profis neigen dazu. Das lehrt uns, dass
es am besten ist, einen breit diversifizierten
großen Index zu kaufen. Und zwar langfristig.
Aber unsere Aufgabe ist es nicht, den
Kunden zu sagen, was sie tun sollen.
Wenn fast alle Anleger passive Anlagen wählen,
wird langfristig nicht der aktive Manager
stärker im Vorteil sein? Irgendwann muss der
Trend ja drehen.
Auf Sicht von fünf Jahren sehe ich keinen
Grund, warum das passive Anlegen nicht
weiterwachsen soll wie bisher. Was in 30 Jahren
passieren wird? Dazu eine Vorhersage
zu treffen ist nicht leicht. Man muss aber
annehmen, dass passives Investieren einen
sehr signifikanten Anteil einnehmen wird.
Wie gehen Sie mit den Kosten um? Der Kunde
möchte ja so wenig wie möglich für ein Indexprodukt
bezahlen.
Die Kosten eines Index sind sehr gering.
Wenn wir mit Produktanbietern zusammenarbeiten,
achten wir darauf, dass die Gebührenstrukturen
angemessen sind. Auf diese
Weise helfen wir dem Markt zu wachsen.