Es ist schick, Indien mit China zu vergleichen. Die Kernfrage ist klar. Welches Land hat das bessere Wachstumsmodell? Das dezentrale und demokratische Indien oder das zentral von einer Partei geführte China? Meist gewinnt China in diesen Debatten die Oberhand. Die Regierung in Peking mag zwar kommunistisch sein, auf wirtschaftlichem Gebiet traut man ihr jedoch viel zu. Indien fällt dagegen ab. Unregierbar sei das Land, lautet dann oft das Verdikt.
Nun hellt sich das Bild für Indien jedoch auf. Das liegt an Narendra Modi (63), dem bisherigen Ministerpräsidenten des Bundesstaats Gujarat. Seine Bharatiya Janata Partei (BJP) gewann bei den landesweiten Wahlen jüngst die absolute Mehrheit der Parlamentssitze. Ein Sieg, der erwartet wurde, wenngleich nicht in dieser Höhe. "Die neue Regierung dürfte zügig agieren, um die Dynamik des Wahlsiegs gewinnbringend zu nutzen", sagt Ajay Argal, der Manager des Baring India Fund (ISIN: IE 00B 3TW KS5 9). Argal warnt indes vor zu großem Optimismus. "Gebt mir 60 Monate", habe Modi während des Wahlkampfs angemahnt. "Sein Denkansatz könnte jedoch noch längerfristiger ausgelegt sein", so der Baring-Manager.
Die Börse honoriert den erwarteten Regierungswechsel von Manmohan Singh (81) zu Narendra Modi schon seit Monaten. Zumal Modi als wirtschaftsfreundlich gilt. Etliche Indien-Fonds haben seit Jahresbeginn um über 20 Prozent zugelegt. Geht es nach Asoka Wöhrmann, dem Co-Anlagechef von Deutsche Asset & Wealth Management (DeAWM), dürfte die Modi-Hausse weitergehen. "Wir bleiben bei indischen Aktien übergewichtet. Angesichts des klaren Wahlergebnisses erwarten wir Unterstützung für den Aktienmarkt", sagt Wöhrmann. Er ist überzeugt, dass die Bewertungen in Indien noch nicht ausgereizt sind. "Die Bewertung des MSCI India liegt mit dem 14,5-Fachen der erwarteten Gewinne für 2015 in etwa auf dem langfristigen Durchschnitt", erklärt er. Auch Avinash Vazirani, der Manager des Jupiter India Select (LU 036 508 990 2), sieht den Wahlausgang positiv. "Bislang haben vor allem ausländische Fonds an der Aktienrally partizipiert, die Inder selbst aber kaum", sagt er. Das könne sich jedoch ändern, denn es warte viel einheimisches Geld an der Seitenlinie. "Ich glaube, wir stehen am Beginn eines drei- bis vierjährigen Bullenmarkts für indische Aktien."
Skeptischer zu Indien äußert sich Jason Pidcock, der Manager des Asien-ex-Japan- Fonds Newton Oriental (GB 000 678 139 6). "Wir sehen aktuell zu viel Optimismus in Indien", betont er. Aufgrund der Bürokratie dürfte es der neuen Regierung sehr schwer fallen, Reformen umzusetzen. "Indien ist ein chaotisches und umständliches Land", sagt Pidcock. Auch für die indische Börse ist er wenig zuversichtlich. "Der Markt bleibt Trading- getrieben und sieht teuer aus", sagt er.
Wer nicht voll auf einen Indien-Fonds setzen will, kann das Land beimischen. Der Comgest Growth Asia ex Japan gewichtet Indien mit 25 Prozent (IE 00B 16C 1G9 3). Im ETF dbx MSCI EM Asia (LU 029 210 799 1) hat Indien ein Gewicht von elf Prozent, im iShares MSCI EM ETF (LU 025 409 744 6) ein Gewicht von 6,6 Prozent.
rf