Es ist ein Experiment, das Indonesien gerade begonnen hat: Bis März 2017 gilt eine Steueramnestie, von der Jakarta hofft, dass nicht deklarierte Vermögen zurückgeführt werden. Die reichen Indonesier haben nämlich richtig viel Geld im Ausland gebunkert. Geld, das zu Hause fehlt. Allein in Singapur wurden umgerechnet 240 Milliarden Dollar geparkt, das sind 28 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung Indonesiens.

Hinter der Amnestie steht die Regierung von Staatspräsident Joko Widodo. Seit Oktober 2014 ist er im Amt, und seither will er alles ganz anders machen als sein Vorgänger Haji Mohamed Suharto, der in 32 Jahren Amtszeit übelst korrupte und verkrustete Strukturen hinterlassen hat. Eines dieser Probleme ist das mangelnde Steueraufkommen. Gut 44 der 185 Millionen erwachsenen Indonesier sind eigentlich steuerpflichtig, doch nur zehn Millionen kommen der Steuerpflicht nach. Und was da bezahlt wird, das versickert dann auch noch zu einem Teil in den Taschen korrupter Steuerbeamter.

Dabei wird das Geld dringend gebraucht. Indonesien ist ein gutes Beispiel für eine aufstrebende Volkswirtschaft mit zunehmendem wirtschaftlichem Schwung. Das Land profitiert zum einen davon, dass das globale Umfeld erheblich zur Entspannung der Finanzsituation beigetragen hat. Zum anderen ist der positive Wachstumstrend aber vor allem den öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur zu verdanken, die die Regierung angestoßen hat. Und so was kostet eben Geld. Aus dem Ausland zurückfließendes Geld könnte da helfen. Projekte, die damit finanziert werden sollen, gibt es derer viele. Im kommenden Jahr stellt die Regierung beispielsweise 100 Millionen Dollar an Fördergeldern für erneuerbare Energien bereit. Dies könnte die Entwicklung von Photovoltaikprojekten ankurbeln.

Gefördert wird auch der Ausbau des Internets. Indonesien ist mit 240 Millionen Menschen die größte Volkswirtschaft Südostasiens. Und das Internet spielt - vor allem mobil - eine immer größere Rolle. Fast jeder hat ein Handy, viele zwei, manche sogar drei. Das Land ist jung, das Durchschnittsalter der Menschen liegt bei 28 Jahren. Und in Sachen Social Media gilt man gar als Weltmeister. Angeblich twittert, postet, liked keiner so viel wie der durchschnittliche Indonesier. Widodo soll 2014 auch deshalb die Wahl gewonnen haben, weil er im Wahlkampf konsequent auf die sozialen Netzwerke gesetzt hat.

Klasse statt Masse



Doch es muss sich jetzt einfach auch was tun. Indonesien steht, wenn man so will, an einem kritischen Punkt. Beflügelt von boomenden Rohstoffpreisen wuchs die Volkswirtschaft von 2007 bis 2014 überdurchschnittlich, aber eben nicht nachhaltig.

Diese Zeiten sind vorbei; derzeit verzeichnet das Land Zuwächse des Bruttoinlandprodukts zwischen 4,5 und fünf Prozent. Das ist immer noch gut, muss aber auch qualitativ passen. Die neue Wachstumsphase sollte nach Studien des Internationalen Währungsfonds (IWF) nun in der Fertigungsindustrie und in modernen Dienstleistungen wurzeln. Profitieren könnte dann etwa Telekomunikasi Indonesia Persero, der größte Anbieter von Telekom- und Internetlösungen im Land. Und wenn der private Konsum weiter anzieht, dann dürfte auch ein Unternehmen wie Indofood CBP Sukses zu den Gewinnern gehören, ein Produzent höchst beliebter Instant-Nudelgerichte und anderer Lebensmittel.



Reformen und eine Rückholaktion



Damit Indonesien nachhaltig wächst, sind Reformen nötig, die bei der Bürokratie aufräumen, Arbeitsgesetze ändern und die Türen für ausländische Investitionen öffnen. Außerdem muss Jakarta darauf achten, dass das Land auf liberalem Kurs bleibt. Indonesien ist weltweit das Land mit den meisten islamischen Einwohnern, und der Einfluss des saudi-arabischen Wahabismus ist zuletzt stärker geworden. Die Börse in Jakarta hat die nötigen Reformen wohl schon ein wenig vorweggenommen. Der Composite-Index hat in diesem Jahr bislang so viel zugelegt wie kaum eine andere Börse in Asien (siehe Chart rechts). Mit ein Grund für den Optimismus ist die Kabinettsumbildung. Widodo hat die frühere Finanzministerin Sri Mulyani Indrawati auf ihren alten Posten zurückgeholt. Der 53-jährigen Mulyani traut man zu, dass sie die angestoßene Steueramnestie wirkungsvoll umsetzt und tatsächlich Gelder anzieht, die dann mindestens drei Jahre im Land investiert werden müssen.

Die Hoffnung auf einen Erfolg zeigt sich auch daran, dass sich die Landeswährung Rupiah stabilisiert hat. Flankiert werden die Maßnahmen von der Zentralbank, die sich mit vier Zinssenkungen seit Anfang des Jahres um je einen Viertelpunkt auf inzwischen 6,5 Prozent aus der Defensive gewagt hat.