Das kommt überraschend: Von Reuters befragte Experten hatten mit einem kleinen Wachstum von 0,3 Prozent gerechnet. Im März hatte es einen Einbruch von 4,2 Prozent gegeben, im Februar ein Minus von 1,3 Prozent. "Die erhöhte Unsicherheit durch die russische Invasion in der Ukraine führt weiterhin zu einer schwachen Nachfrage, vor allem aus dem Ausland", so das Bundeswirtschaftsministerium.
Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen nannte noch weitere Gründe dafür, dass "der Auftragsboom vorbei ist". So habe sich die Nachfrage in China wegen wiederholter Lockdowns im Zuge der Null-Covid-Politik der Regierung deutlich abgeschwächt, sagte der Volkswirt mit Blick auf den wichtigsten deutschen Handelspartner. "Ein anderer Grund dürften die Lieferengpässe bei vielen Gütern sein, weshalb die Unternehmen von anderen Vorprodukten weniger bestellen." Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht eine große Verunsicherung in der Wirtschaft. "Eine abkühlende Weltkonjunktur, anhaltende Lieferkettenprobleme und steigende Preise dämpfen die Nachfrage nach Industriegütern, insbesondere von Kunden aus dem Ausland", sagte DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen. Hohe Energie- und Rohstoffpreise führten ebenfalls zu einer Zurückhaltung bei den Bestellungen.
AUS DER EURO-ZONE KOMMT WENIGER NACHFRAGE
Die Bestellungen aus dem Ausland gingen im April um 4,0 Prozent zurück. Dabei nahm das Neugeschäft außerhalb der Euro-Zone um 3,0 Prozent ab, das aus der Währungsunion sogar um 5,6 Prozent. Die Inlandsaufträge sanken ebenfalls, und zwar um 0,9 Prozent. Besonders Investitionsgüter wie Maschinen, Fahrzeuge und Anlagen waren weniger gefragt, weil sich Unternehmenskunden mit größeren Ausgaben derzeit zurückhalten: Hier brach die Nachfrage um insgesamt 4,3 Prozent ein. "Insgesamt fällt der Ausblick für die Industriekonjunktur in den nächsten Monaten gedämpft aus", schrieb das Wirtschaftsministerium.
Der Industrie mangelt es derzeit allerdings nicht an Aufträgen, sondern an Vorprodukten wie Computerchips. "Die Unternehmen verfügen weiterhin über gut gefüllte Auftragsbücher", betonte das Ministerium deshalb. 77,2 Prozent der Firmen klagen aktuell über Engpässe oder Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen, wie das Münchner Ifo-Institut bei seiner monatlichen Unternehmensumfrage herausfand. "Die Lieferketten stehen unter Dauerstress", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. "Die Schließung von Häfen in China hat für viele Unternehmen die Situation weiter verschlechtert."
rtr