Die Europäische Zentralbank (EZB) spricht bei Werten von knapp unter zwei Prozent von stabilen Preisen. "Sorgen über zu starke Preissteigerungen sind also nicht angebracht", sagte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner.

Hauptgrund für die nachlassende Inflation ist die Entwicklung bei Energie: Sie kostete 2,0 Prozent mehr als im Mai 2016. In den beiden Vormonaten gab es hier jeweils noch ein Plus von 5,1 Prozent. Auch bei Dienstleistungen ließ der Preisdruck nach, weil nach den Osterferien das Reisen wieder billiger wurde. Gegen den Trend verteuerten sich Nahrungsmittel: Sie kosteten 2,4 Prozent mehr als vor einem Jahr, nach einem Plus von 1,8 Prozent im Vormonat.

Experten rechnen damit, dass sich die Teuerungsrate in den kommenden Monaten in etwa auf dem aktuellen Niveau halten wird. "Wir rechnen mit einer Seitwärtsbewegung", sagte Commerzbank-Experte Ralph Solveen. Das ließe Raum für eine steigende Kaufkraft: Die Verdienste der rund 17 Millionen Beschäftigten in Deutschland mit einem Tarifvertrag legten im ersten Quartal um durchschnittlich 2,8 Prozent zu und damit deutlich stärker als die Verbraucherpreise.

Mit der geringeren Inflation in der größten Volkswirtschaft Europas sinkt der Druck auf die EZB, rasch aus ihrer extrem lockeren Geldpolitik auszusteigen. Ihr Chef Mario Draghi sagte zu Wochenbeginn, dass ein "außergewöhnliches Ausmaß an geldpolitischer Unterstützung" immer noch nötig sei. "Die EZB dürfte sich darin bestätigt sehen, die geldpolitische Wende nur behutsam einzuleiten", sagte Helaba-Ökonomin Viola Julien. Die EZB hat die Zinsen auf null gedrückt und pumpt jeden Monat Milliarden über Wertpapierkäufe in die Wirtschaft, um die Konjunktur anzuschieben und die Preise wieder in Richtung Zwei-Prozent-Marke zu bewegen. "Solange die Löhne in Europa nicht deutlich stärker steigen, bleibt der 'Exit' der EZB aus der unkonventionellen Geldpolitik ein Geduldsspiel", sagte KfW-Experte Zeuner.

rtr