Die Insolvenz des britschen Reiseveranstalters Thomas Cook drückt auf die Stimmung in der Touristikbranche. Auch der Kurs von Trivago knickte zuletzt wieder ein. Die Aktie der Düsseldorfer Hotel-Suchplattform kam im Dezember 2016 zu elf Dollar an die Nasdaq, verdoppelte sich innerhalb eines halben Jahres, um dann auf vier Dollar abzustürzen. Was Börsianer dabei ignorieren: Das Unternehmen erwirtschaftet Millionenprofite. Zum Börsengang konnte davon noch keine Rede sein. Lange Zeit pumpte Gründer und Vorstandschef Rolf Schrömgens geradezu frivol Geld in die Werbung, vornehmlich in TV-Spots. "Hotel? Trivago!", lautet der Slogan. Der ist jetzt seltener zu hören. Warum das so ist, erklärt Finanzvorstand Axel Hefer im Interview.
Börse Online: Trivago ist seit mittlerweile vier Quartalen profitabel. Trotzdem bleibt der Kapitalmarkt skeptisch. Woran liegt das?
Axel Hefer: Wir haben gezeigt, dass wir unser Geschäft profitabel betreiben können. Worauf der Kapitalmarkt offenbar wartet, ist eine Antwort auf die Frage: Wie sieht das Wachstumspotenzial in der Zukunft aus? Das hat man in den zurückliegenden Quartalen nicht so gut sehen können, weil wir die Marketingausgaben sehr stark optimiert haben. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Umsatzentwicklung. Deswegen herrscht Unsicherheit, was das Wachstum anbelangt.
Also der übliche Balanceakt zwischen Profitabilität und Wachstum. Was geht vor?
Natürlich wollen wir die Profitabilität auf Jahresbasis absolut steigern. Das ist das, was eigentlich jede Firma versuchen sollte. Gleichzeitig wollen wir aber auch stärker wachsen. Wir sind ein kleinerer Spieler, das muss man realistischerweise sagen. Wir stehen im Wettbewerb mit Google, Booking, Expedia, TripAdvisor, auch mit Airbnb im gewissen Maße. Größe ist wichtig in diesem Geschäft. Deshalb kann man sich nicht allein auf Profitabilität konzentrieren. Wir brauchen auch Umsatzwachstum. Der Markt ist ja noch nicht reif, er wächst weiterhin zweistellig. Es gibt immer noch Nutzer, die offline buchen und erst nach und nach den Onlinemarkt entdecken.
Wo ist Ihr wichtigster Markt?
Die USA stehen für etwa ein Viertel des Geschäfts, Westeuropa für 40 Prozent. Der Rest verteilt sich auf Lateinamerika, Afrika, Osteuropa und Asien.
Sie haben die Werbeausgaben in Schwellenländern zurückgefahren. Offenbar setzen Sie andere Prioritäten?
Nach Jahren des exponentiellen Wachstums haben wir 2018 damit begonnen, die Marketingausgaben in allen Märkten zurückzufahren. Grundsätzlich ist es so, dass wir quartalsweise eine Planung machen, in der wir die Marketingaktivitäten festlegen. Wir geben unseren Mitarbeitern aber auch die Flexibilität, innerhalb des Quartals davon abzuweichen, wenn wir die Chance sehen, einen besonders guten Marketingdeal zu machen. In Asien hatten wir Steigerungsraten von über 100 Prozent. Hier war das Optimierungspotenzial am größten. Wenn ich jetzt meine Ausgaben jedes Jahr um fünf Prozent steigere, dann ist das besser, als wenn ich sie jedes Jahr verdoppeln muss. Das heißt nicht, dass wir dort nicht weiter investieren und nicht weiter große Chancen sehen.
Sind Übernahmen ein Thema für Sie?
Grundsätzlich sind wir bei Akquisitionen eher zurückhaltend. Wir haben schon kleinere Technologieunternehmen gekauft. Aber der Aufwand der Integration ist nicht zu unterschätzen. Wir wollen das globale Geschäft von einem Standort aus managen. Deshalb ist die Integration schwieriger als für Unternehmen, die viele Standorte haben. Was wir zukaufen könnten, ist Technologie, die wir ohnehin entwickeln wollten, vor allem wenn sich dadurch die organische Entwicklung beschleunigt. Hier ist also der eine oder andere Zukauf nicht ausgeschlossen.
Expedia ist mit rund 60 Prozent Haupteigentümer von Trivago. Sorgen, dass aggressive Hedgefonds einsteigen und Ihnen ins Tagesgeschäft hineinreden wollen, müssen Sie sich demnach nicht machen?
Solange wir die Unterstützung von Expedia und unseren anderen großen Aktionären haben, haben wir keine Probleme mit aktivistischen Investoren, die Pakete aufkaufen und dann versuchen, unsere Strategie in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen. Mit PAR Capital zählt aber auch ein Hedgefonds zum Investorenkreis - allerdings ein branchenspezifischer, der viel ins Online-Reisegeschäft investiert und die Industrie hervorragend kennt.
Ist PAR freundlich oder fordernd?
Sehr freundlich und kompetent. PAR war früher schon einmal Gesellschafter, hat dann verkauft und ist wieder dazugestoßen. Wir sind glücklich, dass sie wieder an Bord sind.
Für einen Hedgefondsmanager müsste es doch eine logische Überlegung sein, dass Expedia Sie ganz übernehmen könnte ...
Damit genau das nicht passiert, sind wir an die Börse gegangen. Unsere Firma muss komplett unabhängig agieren können. Schon allein, weil unser größter Kunde Booking Holding der Hauptwettbewerber unseres größten Gesellschafters Expedia ist. Aus diesem Grund ist es extrem wichtig, dass unsere Geschäftsbeziehungen komplett unabhängig von unserer Gesellschafterstruktur sind. Alles andere könnte zu Konflikten führen.
Aber Sie hätten keine Chance, eine Übernahme durch Expedia zu verhindern, falls man dort eines Tages anders darüber denkt.
Die Kulturen von Trivago und Expedia sind eher unterschiedlich, das gilt auch für die Geschichte und für die Marktpositionierung. Aber noch einmal: Wir müssen neutral sein, um unser Geschäft ausüben zu können. Warum also sollte Expedia eine Komplettübernahme anstreben?
Vielleicht, weil Trivago nur mit dem 1,7-fachen Umsatz bewertet ist. Das ist im Branchenvergleich ein echtes Schnäppchen.
Das liegt an der unbefriedigenden Kursentwicklung, die auch Folge des relativ geringen Streubesitzes ist. Das Handelsvolumen unserer Aktie ist nicht sehr hoch, dafür ist die Volatilität enorm. Wichtig ist, dass man sich von den täglichen oder wöchentlichen Schwankungen nicht verrückt machen lässt. Besser schaut man auf die Quartals-, noch besser auf die Jahresentwicklung.
Der Einjahresrückblick sieht aber alles andere als rosig aus.
Wenn wir unsere Strategie konsequent umsetzen, wird sich der Aktienkurs auch wieder positiv entwickeln. Ob das sofort geschieht oder mit ein wenig Zeitversatz, macht langfristig gar nicht so viel aus.