Der Kursabsturz hat viele Ursachen. Insbesondere die Abwertung der türkischen Währung um 40 Prozent löste die Verkaufswelle aus. Viele türkische Unternehmen haben Kredite in ausländischen Währungen aufgenommen. Laut Société Générale belaufen sich die kurzfristigen Verbindlichkeiten auf 180 Milliarden Dollar. Allein im Oktober werden Zahlungen für ausgegebene Anleihen in Höhe von über drei Milliarden Dollar fällig. Bis Ende des Jahres müssten weitere sieben Milliarden Dollar an die Gläubiger überwiesen werden. Anleger fürchten, dass nicht alle Unternehmen den Schuldendienst in voller Höhe werden leisten können.
Die Schwäche der Währung treibt die Inflation. Im September wurden im Vergleich zum Vorjahresmonat rund 18 Prozent gemessen - der höchste Wert seit 15 Jahren. Da die Teuerungsrate bei Weitem die Lohnzuwächse der Arbeitnehmer übersteigt, fahren die Verbraucher ihre Konsumausgaben zurück. Das wiederum dämpft das Wachstum.
Legte die gesamtwirtschaftliche Leistung im vergangenen Jahr noch um über sieben Prozent zu, wird 2018 nur noch ein Plus von vier Prozent erwartet. Mit rechtzeitigen Zinserhöhungen hätte sich der Preisanstieg wohl bremsen lassen. Doch Recep Tayyip Erdogan sprach sich bislang strikt dagegen aus. Damit schürte der Staatspräsident starke Zweifel an der Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank.
Hohes Rückschlagsrisiko
Im September erhöhte die Notenbank dennoch die Sätze auf 24 Prozent. Die damit einhergehende relative Stabilisierung der Währung rief mutige Anleger auf den Plan. In der vergangenen Woche legte der iShares MSCI Turkey schon mal um über neun Prozent zu. Zum Einstieg motivierten auch günstige Bewertungen. Das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis beträgt sieben. Sollten sich in den kommenden Wochen auch noch die angespannten Beziehungen zwischen Washington und der Türkei wieder verbessern, bestehen gute Chancen, dass die Risikobereitschaft der Investoren belohnt wird. Bis dahin ist die Gefahr erneuter Rückschläge enorm hoch.