Seit 46 Jahren steuert Erich Sixt als Vorstandschef und Großaktionär den gleichnamigen Autovermieter, der vor neuen Rekorden bei Umsatz und Ergebnis steht. Während das US-Geschäft dabei immer wichtiger wird, lauern auf dem angestrebten Weg zur europäischen Marktführerschaft gefährliche Fallstricke.

Börse Online: Ihre Aktionäre vergleichen die Sixt-Hauptversammlung bereits mit dem Aktionärstreffen von Berkshire Hathaway, der Holding von Warren Buffett ...


Erich Sixt:

Na ja, das geht etwas zu weit. Ich war ein einziges Mal, vor vier Jahren, auf einer Berkshire-Hauptversammlung. Da waren 20 000 Menschen, da wird Kapitalismus pur zelebriert, das ist wie eine Papstmesse.

Ist Buffett ein Vorbild für Sie?


Im unternehmerischen Sinn? Für mich als Dienstleister eher nicht. Aber man kann viel von ihm lernen. Mich beeindruckt beispielsweise, dass er diese riesige Hauptversammlung ganz allein mit seinem Vizechef Charlie Munger leitet, ohne Brimborium mit einem großen Backoffice. So halten wir es auch bei Sixt. Für mich ist Buffett der erfolgreichste Unternehmenskäufer auf diesem Planeten.

Wenn Sie selbst zurückblicken: Was war Ihr erfolgreichstes Investment?


Vor zwanzig Jahren wollte ich mal eine größere Summe anlegen. Ich habe meinem Banker gesagt: Kaufe den DAX einfach mal rauf und runter. Das Depot hab ich dann - wie Kostolany rät - einfach liegen gelassen und mich nicht mehr darum gekümmert. Das war bisher mein erfolgreichstes Aktien-Investment - abgesehen von Sixt natürlich.

2015 soll für Sixt ein Rekordjahr werden. Auf welches Ergebnis steuern Sie zu?


Wir haben unsere Prognose für das Vorsteuerergebnis 2015 zuletzt auf mindestens 180 (Vorjahr: 157) Millionen Euro angehoben. Details gibt es auf der Jahrespressekonferenz am 15. März. Schlecht aufgelegt bin ich nicht.

Das bedeutet eine höhere Dividende?


Wir haben über Jahrzehnte eine ausgewogene und faire Dividendenpolitik betrieben, davon profitiere ich als größter Aktionär ja auch persönlich. Generell gilt: Wir machen den Aktionär glücklich, aber nicht zu glücklich.

2015 haben Sie die Leasingsparte Sixt Leasing an die Börse gebracht. Das verschafft dem Sixt-Kerngeschäft Vermietung enorme Spielräume. Wie wollen Sie die nutzen?


Der Börsengang eröffnet beiden Bereichen Spielräume. In der Autovermietung können wir die Expansion ins Ausland schneller umsetzen. Sixt Leasing konkurriert nicht mehr konzernintern um Eigenkapital, sondern finanziert sich zunehmend eigenständig.

Sixt zielt vor allem auf den US-Markt. Können Sie sich in diesem extrem wettbewerbsintensiven Umfeld überhaupt durchsetzen?


In den USA ist das Autovermietgeschäft ein Massengeschäft, ohne allzu intensiven Service. Wir fokussieren uns deshalb auf ein Premiumangebot mit freundlichem Service, nicht als Discounter wie etwa Hertz. Einschließlich Franchisenehmern hatten wir Ende 2015 dort bereits 71 Stationen.

Auf Seite 2: Ab wann läuft das US-Geschäft profitabel?





Ab wann läuft das US-Geschäft profitabel?


Mittelfristig, abhängig vom Expansionstempo. Wichtig ist: Mit dem US-Investment sichern wir das Wachstum von Sixt über Jahre. Die USA sind bereits unser größter Auslandsmarkt. In fünf bis zehn Jahren könnten sie sogar größer als das Heimatgeschäft in Deutschland sein, das derzeit etwa die Hälfte zum Vermietumsatz beiträgt.

Bei Ihrem Ziel, in Europa Marktführer zu werden, kamen Sie zuletzt langsamer voran.


Im Gegenteil: Wir wachsen in allen europäischen Märkten zweistellig bis auf die Schweiz, da ist uns der Wechselkurs dazwischengekommen. Wir streben in Europa nach wie vor die Marktführerschaft an, sind bereits fast gleichauf mit dem Zweitplatzierten Avis. Wir wachsen stark und sind hochprofitabel, während der europäische Marktführer Europcar nach wie vor Geld verliert.

Schaffen Sie Ihr Ziel ohne Zukäufe?


Ohne Akquisitionen werden wir in Europa nicht Marktführer. Wir schließen Zukäufe auch nicht aus, aber der Markt ist derzeit ziemlich ausverkauft. Europcar würde ich nicht geschenkt nehmen, andere große Vermieter stehen nicht zum Verkauf. Es kommen also nur kleinere und mittlere Anbieter infrage, oft mit unklaren Eigentümersituationen und einer ganz anderen Firmenkultur. Ich würde niemals das Schicksal von Sixt wegen einer Akquisition aufs Spiel setzen.

Im Bereich Car Sharing hat sich Sixt zusammen mit BMW als Marktführer positioniert. Welche Umsatzanteile könnten diese neuen Geschäftsfelder künftig beisteuern?


Das lässt sich noch nicht beziffern. Im Car Sharing hatten wir Ende 2015 in Europa 580 000 Mitglieder bei 4000 Fahrzeugen. Allein vergangenes Jahr kamen 190 000 Kunden hinzu. DriveNow ist der einzige Anbieter in Deutschland, der Geld verdient.

Sie sind seit nunmehr 46 Jahren im Geschäft. Ihre beiden Söhne sind bereits im Vorstand. Wie steht es um Ihre Nachfolge?


Meine beiden Söhne haben sehr wichtige Jobs im Vorstand: Konstantin hat Vertrieb und E-Commerce übernommen, Alexander leitet die Bereiche Organisation und Strategie sowie den Aufbau neuer Services wie DriveNow. Beide sind erfolgreich in Schlüsselpositionen und auf einem sehr guten Weg.

Und Sie selbst?


Mir geht es nach wie vor gut und ich habe noch immer großes Vergnügen an neuen Ideen, an Innovationen und daran, grundsätzlich alles infrage zu stellen. Wenn man so lange im Geschäft ist, ist es der größte Fehler, wenn man irgendwann zu sehr der eigenen Erfahrung vertraut. Ich kenne 30-Jährige, die pensionsreif sind, weil sie das Staunen verlernt haben. Die Wissbegierde, die muss man sich immer erhalten.