Es liegt einiges im Argen. Im Oktober zog der EU-Politiker Angelo Ciocca, Abgeordneter der Lega, einen Schuh aus und traktierte damit die Notizen des Wirtschaftskommissars Pierre Moscovici, offensichtlich verärgert, weil die EU die italienischen Budgetpläne ablehnt.

Jetzt, im Dezember, gibt es immer noch keine Einigung. Italien will seinen Plan einer Nettoneuverschuldung von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung durchziehen, sendet aber Kompromiss-Signale. Die EU hält dagegen, pocht auf das Maastricht-Kriterium von 2,0 Prozent.

Dies wäre wohl alles halb so schlimm, wenn es nicht schon seit April Zoff gäbe. Die populistischen Drohungen der Regierungskoalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega bezüglich eines Euroausstiegs ver-grätzten nicht nur Brüssel, sondern auch die Finanzmärkte. Der "Italexit" ist zwar inzwischen verworfen, doch Vertrauen zurückzugewinnen ist schwer.

Bestes Indiz sind die Zinsen: Die verharren auf hohem Niveau. Die zehnjährige Staatsanleihe rentiert bei 3,6 Prozent  mehr bezahlen muss im Euroraum nur Griechenland mit 4,6 Prozent. Und auch der Aktienmarkt hat im Vergleich zu den Nachbarn mehr verloren, der Mailänder MIB-Index steht im laufenden Jahr bei minus 14,7 Prozent. Muss man sich Sorgen machen?

Im Vergleich zu Italien seien die 2015er-Probleme in Griechenland, Portugal und Irland zusammengenommen nur "Kinderkram" gewesen, findet die Ökonomin Carmen Reinhart. Das Inlandsprodukt der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone sei zehnmal so groß wie in Griechenland und die Staatsschulden achtmal so hoch. Geht es weiter bergab, sei die ganze EU gefährdet.

Schwarzmalerei? Fakt ist, dass Italien bei den Statistiken nicht getrickst hat wie einst Griechenland, und dass das Defizit (noch) innerhalb der Maastricht-Kriterien liegt. Italien hat auch kein Problem, sich am Kapitalmarkt Geld zu beschaffen. Die EU fordert deshalb (noch) keine drastischen Maßnahmen. Zudem ist Italien nur zu 30 Prozent im Ausland verschuldet, Griechenland zu 80 Prozent.

"Rom geht es weniger ums Geld, sondern um die Regeln der Währungsunion. Es will sich nicht an die Regeln halten und seinen Haushalt nicht nach den Wünschen Brüssels korrigieren", fasst Martin Hüfner, Chefvolkswirt des Geldverwalters Assenagon, zusammen. Doch das macht die Sache nicht leichter. Wie soll ein Kompromiss aussehen? Und finden sich dafür überhaupt Mehrheiten in der EU? Wäre ein wenig römische Unorthodoxie vielleicht doch besser als das sture Festhalten an starren Regeln? Die Ökonomen streiten trefflich darüber.

Anleihen oder Aktien?



Aktuell sieht es nach einer Hängepartie aus. Und so etwas mag man an den Märkten überhaupt nicht. "Die Zinsen könnten weiter steigen", sagt Experte Hüfner. "Bei Aktien sieht es nicht so schlimm aus, da Italien das Wachstum fördern will und gute Unternehmen hat." Wer also in Italien-Anleihen investiert, sollte dies nur tun, wenn er die Papiere bis Laufzeitende halten will. Die Ratingagenturen haben die Kreditwürdigkeit Italiens zuletzt zwar bestätigt, allerdings wurde der Ausblick von "stabil" auf "negativ" gesenkt.

Am Aktienmarkt sind vor allem Banken abgestürzt. Banco BPM hat seit Jahresbeginn ein Drittel verloren, Unicredit und Intesa Sanpaolo ein Viertel. Deren Bücher sind voll mit italienischen Staatsanleihen, und je weiter die Kurse sinken, desto mehr werden sie zur Belastung. Die Regierung denkt daher bereits über eine Rettungsaktion für die Kreditinstitute nach.

Deutliche Kursverluste gibt es auch beim Infrastruktur- und Autobahnbetreiber Atlantia - gerade nach dem Brückeneinsturz von Genua. Bei Telecom Italia wiederum laufen die Geschäfte schlecht - hier hofft man auf baldige Einführung des Mobilfunkstandards 5G.

Es gibt aber auch positive Entwicklungen. In der Industrie hält sich der Ölwert Eni gut, ebenso die Eni-Tochter Saipem, die Pipelines und Plattformen baut. Im Luxuswarensegment fällt Moncler mit einem Umsatzwachstum von 18 Prozent auf  in Asien legte man sogar um 36 Prozent zu. Die Sorgen bezüglich des Hauptabsatzmarkts China seien übertrieben, heißt es.



Aus Luxottica wiederum entwickelt sich dank der Fusion mit dem Brillenglashersteller Essilor eine Weltmarke im Bereich Sonnenbrillen. Der 46 Milliarden Euro schwere Zusammenschluss soll Ende März abgeschlossen sein, das Übernahmeverfahren läuft. Wer bereits in die Aktie investiert ist, sollte das Tauschangebot annehmen.

Positives ist auch von Campari zu vermelden: Der Spirituosenhersteller profitiert von der populären Likörmarke Aperol. Auch die Stammmarke sowie der Whiskey Wild Turkey kommen gut an. In den nächsten Jahren will man stark wachsen. Der Kurs ist leider etwas enteilt - Rückschläge nutzen.



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