Conte kommt einem Misstrauensvotum zuvor, mit dem Lega-Chef Matteo Salvini angesichts guter Umfragewerte seiner Partei Neuwahlen erzwingen wollte. Salvini hatte die Koalition mit den 5 Sternen für arbeitsunfähig erklärt. Nicht absehbar ist vorerst, ob der EU-Kritiker Salvini als bestimmende Kraft aus dem Machtkampf hervorgeht oder sich Europa-freundlichere Kräfte durchsetzen.
Der parteilose Conte, der als Kompromiss-Kandidat von Lega und 5 Sterne erst vergangenes Jahr zum Regierungschef gewählt wurde, erhob schwere Vorwürfe gegen Salvini. Der Lega-Chef und Innenminister habe seine Verpflichtungen verraten und aus rein persönlichen und parteipolitischen Motiven die Regierungskrise provoziert. Zudem stelle der Zeitpunkt der Krise eine Gefahr für das ganze Land dar. Es sei nun wahrscheinlich, dass der Haushalt nicht wie geplant verabschiedet werden könne. Damit könne auch Italiens Stellung gegenüber der EU geschwächt werden.
SALVINI BEREIT HAUSHALT 2020 MITZUTRAGEN
Salvini bestand in einer ersten Stellungnahme auf Neuwahlen, zeigte sich aber bereit, die Koalition bis zur Verabschiedung des Haushalts 2020 und einer Parlamentsreform bestehen zu lassen. "Wollt ihr die Zahl der Abgeordneten verringern und dann zur Wahl gehen? Wir sind dazu bereit", sagte er im Senat. "Wenn ihr dann auch noch einen mutigen Haushalt präsentieren wollt, dann sind wir auch dazu bereit."
Conte verwies auf den Konflikt mit der EU über die italienische Staatsverschuldung. Die EU hat wegen Verletzung der Defizit-Regeln der Regierung in Rom mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht. Treibende Kraft des Konflikts zwischen der EU und der Regierung in Rom war bislang Salvini. Der Lega-Chef fordert Steuersenkungen im Milliardenumfang, die über Staatsschulden finanziert werden müssten. Während Contes Rede gaben Kurse an der Mailänder Börse nach, erholten sich im weiteren Tagesverlauf aber wieder etwas.
Angesichts des absehbaren Bruchs der Koalition sondieren Oppositionsparteien und 5 Sterne seit Tagen die Möglichkeit, eine neue Mehrheit im Parlament zu bilden und eine neue Regierung zu stellen. Man habe gute Gespräche mit der sozialdemokratischen Partei PD geführt, war am Montag aus dem Umfeld der 5 Sterne zu vernehmen. PD-Chef Nicola Zingaretti erklärte, seine Partei strebe eine "starke Regierung" mit dem Auftrag an, Italien zu reformieren. Andernfalls solle es Neuwahlen geben. Eine Interimsregierung lehne seine Partei ab.
rtr