Eine ganze Herde solcher Einhörner steht derzeit am Start. Fabelhaft sind dabei vor allem die Bewertungen. Den Vorreiter macht die Taxi-App Lyft, die am Freitag ihr Debüt an der Technologiebörse Nasdaq gab. Die Aktien waren zuvor am oberen Ende der Preisspanne platziert worden. Mit einer Bewertung von 24 Milliarden Euro ist es das bislang größte Initial Public Offering (IPO) des Jahres.
Rote Zahlen
Die Nachfrage der Investoren war enorm, trotz eines Verlusts von 911 Millionen Dollar im vergangenen Jahr. Eine Perspektive, wann das 2012 gegründete Unternehmen aus den roten Zahlen kommen wird, ist allerdings ebenso wenig erkennbar wie bei den meisten anderen US-Tech-Börsenkandidaten.
Bei Weitem übertroffen wird Lyft noch vom Konkurrenten Uber, der zehn Jahre nach seiner Gründung voraussichtlich im April sein Börsendebüt geben könnte und dessen Unternehmenswert auf bis zu 120 Milliarden Dollar veranschlagt wird. Uber könnte damit eine der größten Tech-Aktienplatzierungen überhaupt werden.
Die beiden Fahrdienste haben gemeinsam, dass sie über Handy-Apps Fahrer vermitteln, die Kunden an ihr Ziel bringen. Uber erweitert derzeit noch sein Geschäftsmodell, insbesondere um Essenslieferdienste.
Die Investoren wiederum wetten nicht zuletzt darauf, dass zwischen Firmen wie Uber und Lyft schon jetzt die künftigen Märkte für autonom fahrende Autos abgesteckt werden.
Uber zuvorkommen könnte aber noch die Online-Fotoplattform Pinterest. Das 2008 gegründete Unternehmen aus San Francisco wurde zuletzt mit zwölf Milliarden Dollar bewertet. Pinterest will den Erlös aus der Neuemission in visuelle Suchtechnologien stecken, wie es heißt. 2018 legte der Umsatz um 60 Prozent auf 765 Millionen Dollar zu, der Nettoverlust halbierte sich von 130 auf 63 Millionen Dollar.
Kritiker sehen den Boom der Einhörner mit gemischten Gefühlen, nicht nur angesichts der labilen Stimmung an den Börsen, der kaum vorhersehbaren Marktentwicklung und der anfälligen Geschäftsmodelle. Manche Eigner, so die Befürchtung, könnten auf dieser Schiene noch schnell versuchen, ihre Anteile zu versilbern.
Die Sorge, dass sich hier gerade eine zweite Internetblase aufbläht wie zu Zeiten der New Economy vor 20 Jahren, halten Experten wie Martin Steinbach vom Berater EY aber für übertrieben. Dennoch rät auch Steinbach zur Vorsicht.
Null Börsengänge in Frankfurt
Darüber hinaus verdeckt der derzeitige Boom bei den Börsengängen von US-Techfirmen, dass der weltweite IPO-Markt im ersten Quartal stark zurückgegangen ist: Die Zahl der Börsengänge lag mit 199 um 41 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum, das Emissionsvolumen ging sogar um 74 Prozent auf 13 Milliarden Dollar zurück. Konjunktursorgen, Handelskonflikte und politische Krisen wie der Brexit gelten als Ursache. Noch am besten lief es in China. In Europa reduzierte sich die Zahl der Neuemissionen um die Hälfte auf 23. Das Emissionsvolumen schrumpfte sogar um 98 Prozent auf 350 Millionen Dollar.
In Deutschland gab es im ersten Quartal überhaupt keinen Börsengang. Nach dem Rückzieher der VW-Lastersparte Traton, die ursprünglich bis zu sechs Milliarden Euro einsammeln wollte, mehren sich inzwischen auch die Fragezeichen bei der zweiten geplanten Großemission des Jahres, der Antriebssparte von Conti, die eigentlich im Herbst an den Start gehen sollte.